Bochum. Bochum will Leerstände bekämpfen und seine City stärken. Wer ein Ladenlokal mieten, spart zwei Jahre lang bis zu 80 Prozent der Miete.

Monatelang war die Innenstadt von Bochum geradezu verwaist. Coronabedingt. Mit der deutlich gesunkenen Inzidenz kehren die Menschen zurück in die City. Und sie sehen: Die Probleme aus der Vor-Coronazeit sind immer noch da. Vor allem der Leerstand. 84 von 903 Ladenlokale im Gleisdreieck sind ungenutzt. Die Leerstandsquote liegt bei etwa 9,5 Prozent.

Große Fläche im Bochumer Fenster seit zwei Jahren leer

Das Gute dabei: „Dieser Anteil hat sich in der Corona-Zeit kaum verändert“, sagt Sven Frohwein, Sprecher der Bochum Wirtschaftsentwicklung (Bowe). Will sagen: Corona hat die mittlerweile strukturelle Schwäche der Innenstadt nicht noch verschlimmert. Frohwein: „Wir sind bislang gut durch die Pandemie gekommen.“

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Dauerärgernis und Dauerleerstand. Mit dem Sofortprogramm Innenstadt will die Stadt Bochum Zustände wie diesen an der Ecke Südring/Kortumstraße beseitigen.
Dauerärgernis und Dauerleerstand. Mit dem Sofortprogramm Innenstadt will die Stadt Bochum Zustände wie diesen an der Ecke Südring/Kortumstraße beseitigen. © FUNKE Foto Services | Gero Helm

Aber: Beim Gang durch die City fällt auf, dass die gähnende Leere hinter Schaufensterscheiben an einigen Stellen zum Dauerzustand wird. Beispiele gefällig: Noch immer ist der größte Leerstand in der Stadt, die im Sommer 2019 freigezogenen 6500 Quadratmeter des früheren Modeparks Röther im Bochumer Fenster nicht vermietet. Noch immer gleicht die Heiland-Immobilie an der Ecke Südring/Kortumstraße einer Bauruine. Und auch andere Flächen stehen seit längerem leer. (Hier geht es zur Fotostrecke.)

13.000 Euro Monatsmiete

Die Leerstände verteilen sich auf das gesamte Gleisdreieck. Allerdings gibt es Schwerpunkte: „Im City Point, im Basement des Kortumhauses und auf der Kortumstraße zwischen Husemannplatz und Südring haben wir eine gewisse Konzentration“, so Bowe-Sprecher Frohwein. Betroffen seien alle Ladenlokalgrößen im zwei- und dreistelligen Quadratmeter-Bereich. „Der einzige große Leerstand im vierstelligen Bereich ist der ehemalige Modepark Röther.“

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Der Mietpreis spielt dabei eine wesentliche Rolle. Filialisten fragen momentan so gut wie keine Flächen nach, so Immobilienvermittler Randolph Calderoni. Gerade sie sind es aber, die in der Lage sind, hohe Mieten in Citylage zu bezahlen. Wer etwa in der Nähe von Citypoint und Drehscheibe an der Kortumstraße 855 Quadratmeter auf zwei Etagen mieten möchte, der muss monatlich 13.000 Euro Miete bezahlen, so die Auskunft bei Immobilienscout24. Das sind 15,21 je Quadratmeter. Kaum günstiger ist es in den beiden Einkaufscentern, in denen ebenfalls Flächen seit geraumer Zeit auf Mieter warten: Der Preis je Quadratmeter liegt bei bis zu 30 Euro.

1,8 Millionen Euro für das “Sofortprogramm Innenstadt“

Genau da setzt jetzt die Bochum Wirtschaftsentwicklung an. Sie hat das „Sofortprogramm Innenstadt“ auf den Weg gebracht und aus einem Landesfördertopf mit insgesamt 40 Millionen Euro den größten Anteil aller Städte in NRW erhalten: 1,8 Millionen Euro für die Bochumer City und weitere 200.000 Euro für das Zentrum von Wattenscheid.

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Kunst und Künstlerisches sollen die Probleme in der Innenstadt ein wenig verdecken – so wie an der Fassade des Heiland-Hauses an der Ecke Kortumstraße/Südring und an dem Nachbargebäude.
Kunst und Künstlerisches sollen die Probleme in der Innenstadt ein wenig verdecken – so wie an der Fassade des Heiland-Hauses an der Ecke Kortumstraße/Südring und an dem Nachbargebäude. © FUNKE Foto Services | Gero Helm

„Das Programm gibt uns die Möglichkeit, Leerstände gezielt zu bekämpfen“, sagt Jürgen Knoth, Innenstadt-Manager der Bochum Wirtschaftsentwicklung. „Und gerade jungen Unternehmen bietet das Programm eine Möglichkeit, ihre Geschäftsidee in idealer Lage auszuprobieren, ohne dabei hohe finanzielle Risiken eingehen zu müssen.“ Bis zu zwei Jahre förderfähig ist die Anmietung von leerstehenden Ladenlokalen. Auch Machbarkeitsstudien für die Nachnutzung von Einzelhandelsgroßimmobilien sowie die Umsetzung eines Zentrenmanagements werden gefördert.

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Drei neue Konzepte in der City

Die ersten drei konkreten Vermittlungen gibt es schon – allesamt junge Unternehmen mit neuen Ideen. Der Bear-Store an der Huestraße 18 vertreibt nachhaltige und fair gehandelte Produkte. Ruhr Industries (Huestraße 8) verkauft Streetwear aus der eigenen Designschmiede. Und Woodcessories (Hellweg 24) entwickelt und vertreibt nachhaltige Apple-Accessoires.

Miete wird zwei Jahre lang bis zu 80 Prozent reduziert

Für das „Sofortprogramm Innenstadt“ des Landes NRW hat Bochum eine neue Website mit allen wichtigen Informationen für interessierte Selbstständige, Einzelhändlerinnen und Einzelhändler sowie potenzielle Vermieterinnen und Vermieter auf den Weg gebracht.

Sie ist zu erreichen unter bochum-wirtschaft.de/city

Unternehmen und Selbstständige haben von sofort an die Möglichkeit, in der Bochumer Innenstadt ein leerstehendes Ladenlokal anzumieten – mit einer Reduzierung der Altmiete um bis zu 80 Prozent. Das gilt auch für kreative und alternative Nutzungskonzepte.

Die förderfähige Mietfläche beträgt bis zu 300 Quadratmetern. Größere Mietflächen werden anteilig gefördert. Die Laufzeit beträgt maximal zwei Jahre und umfasst den Zeitraum 2021 bis 2023.

Weitere neue Mieter sollen folgen. Immobilienvermittler Randolph Calderoni hat bereits gute Erfahrungen mit dem neuen Instrument gemacht. „Das ist ein richtiger Weg“, sagt er. Und: Bochum habe als einer der ersten beherzt in den Topf gegriffen und bemühe sich sehr um eine Belebung der City.

Weitere Gastronomie auf der Kortumstraße

Allerdings: Die Miete ist nur ein Faktor bei der Belegung von Flächen mit neuen Geschäften. Das richtige Konzept ist ein weiterer Faktor. Gastronomische Angebote spielen eine immer größere Rolle. So wird in den Räumen des ehemaligen Cafés Horsthemke an der Kortumstraße vermutlich demnächst ein Gastronom einziehen. Vermittler Calderoni spricht von einem spannenden Konzept, das sich in Dortmund bereits bewährt habe.

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Immerhin. An einigen Stellen tut sich etwas.
Immerhin. An einigen Stellen tut sich etwas. © FUNKE Foto Services | Gero Helm

Ansonsten gilt auch in Bochum das, was mittlerweile für viele Innenstädte gilt: „Die Fußgängerzonen sind zu lang und die Center haben eine Etage zu viel“, sagt der erfahrene Immobilienvermittler. Er erkennt einen neuen Trend. Dienstleister, auch aus dem Bereich der Wohlfahrtspflege, drängen in die Innenstadt. Möglicherweise wird sich einer von ihnen bald schon auf der Bongardstraße niederlassen.

Das Ziel: ein neuer Nutzungsmix

Dass die City sich verändern muss, ist längst klar. Ralf Meyer, Geschäftsführer der Bochum Wirtschaftsentwicklung, hat es unlängst bei der digitalen Innenstadtkonferenz Ruhr erneut gesagt. „Die Innenstadt der Zukunft muss mehr bieten als nur Einzelhandel und Gastronomie.“ Bochum setzte auf einen attraktiven Nutzungsmix aus Einzelhandel, Dienstleistungen, Wohnen und Arbeiten.