Essen. Online-Handel und Corona-Pandemie fegen NRWs Innenstädte leer. Um sie vor dem Verfall zu retten, planen Fraktions-Politiker urbane Konzepte.

Wie sieht die Innenstadt der Zukunft aus? Diese Frage beschäftigt derzeit die Politik. Denn als Folge der Corona-Pandemie schließen Geschäfte, Ladenlokale stehen leer und öffentliche Plätze veröden. Jetzt sind innovative Konzepte zur Stadtentwicklung gefordert – finden Landespolitiker aller Fraktionen. Mit ihren Visionen und Konzepte wollen sie die Innenstädte wieder zum Leben erwecken. Grün, vielfältig und modern sollen sie werden – und Zuversicht wecken für die Zeit nach der Pandemie.

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„Die Krise hat uns vor Augen geführt, wie wichtig zentrale Treffpunkte sind und wie sehr sie fehlen, wenn sie nicht mehr da sind“, so der CDU-Landtagsabgeordnete Oliver Kehrl. Gemeinsam mit der Fraktion der FDP fordert die CDU die Landesregierung dazu auf, leerstehende Flächen und Kaufhäuser in den Innenstädten neu zu nutzen.

Ein Ansatz könnten Pop-Up-Geschäfte oder gemeinschaftliche Arbeitsorte sein, die als temporäre Zwischennutzung mit kurzfristigen Verträgen in die leerstehenden Gebäude einziehen sollen. „Mit Concept- oder Pop-Up-Stores kann man abwechslungsreiche Einkaufserlebnisse ermöglichen - und vielleicht auch jüngere Menschen, die vom bisherigen Angebot der klassischen Einkaufsstraße nicht angezogen wurden, wieder für die Stadtmitte gewinnen“, sagt Stephen Paul, Sprecher für Heimat, Bauen, Wohnen und Stadtentwicklung der FDP-Landtagsfraktion.

NRW-Koalition: Handel, Gastronomie und Handwerk unter einem Dach

Langfristig ergebe es für CDU-Politiker Oliver Kehrl Sinn, in leerstehende Kaufhäuser und Flächen verschiedene Anziehungspunkte wie Handel, Gastronomie, Handwerk und kleinteilige Produktionen unter ein Dach zu bringen. Leerstände in oberen Geschossen könnten gut in Park- oder Wohnraum umgewandelt werden. Dazu sollten sich die Kommunen stärker einmischen und mitmischen können und die Ansiedlung neuer Cafés, Geschäfte oder Galerien einfach und unbürokratisch ermöglicht werden.

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Wichtig sei zudem, die Supermarktfilialen wieder in die Städte zu bringen, so Oliver Kehrl: „In meinem Wahlkreis hat mitten im Ort sehr erfolgreich ein 500 Quadratmeter großer Discounter eröffnet. Die sagen: Man expandiert dorthin, wo die Menschen sind.“ Bei den Entscheidungen über die Stadtentwicklung plädiert die CDU dafür, alle Akteure - also Eigentümer, Stadt, Makler und potenzielle Mieter - zusammenzubringen, um gemeinsame, innovative Lösungen zu finden.

Laut dem wirtschaftspolitischen Sprecher der FDP-Landtagsfraktion Ralph Bombis habe die NRW-Koalition bereits diverse Initiativen und Förderprogramme auf den Weg gebracht, wie zusätzliche „Digital Coaches“, die dem Einzelhandel dabei helfen, ein eigenes digitales Angebot neben ihrem stationären Geschäft aufzubauen. Zusätzlich solle ein sogenannter „City-Manager“ helfen, die kommunale Wirtschaftsförderung zu stärken.

Grüne fordern frei zugängliche und grüne Begegnungsorte

Neben Digitalisierungsstrategien für den Handel, streben die Grünen digitale Park- und Fußgängersysteme an. Ein besonderes Augenmerk legt die Grünen-Landtagsfraktion aber vor allem auf die Förderung von frei zugänglichen, grünen, öffentlichen Räumen. So sollen unter anderem Begegnungsorte wie Skaterflächen geschaffen werden.

„Unsere Innenstädte stecken seit Jahren in der Krise. Die Lösungen, die wir benötigen, sind so komplex und vielfältig wie unsere Städte und deren Probleme“, sagt Johannes Remmel, Sprecher für Stadtentwicklung der Grünen-Landtagsfraktion. Für ihn ist klar: „Der Handel ist nicht mehr der alles bestimmende Faktor. Attraktive Innenstädte der Zukunft sind grün, vielfältig und lebenswert. Sie bieten kurze Wege, barrierefreie Aufenthaltsmöglichkeiten für alle und intelligente Verkehrssysteme.“

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Dazu gehören auch Freie- oder beruhigte Verkehrszonen, die laut den Grünen die Aufenthaltsqualität in den Innenstädten steigern sollen. Generell sei eine rege Bürgerbeteiligung bei den Stadtentwicklungsprozessen wichtig, damit alle Bewohner der jeweiligen Städte erreicht werden und sich letztlich mit ihrer Stadt identifizieren können.

SPD-Fraktion: Nur Geld für Baumaßnahmen reicht nicht aus

Die Stadt der Zukunft hat laut der Grünen-Fraktion drei Farben: weiß, grün und blau. Weiß, in Form heller Dächer, um die Wärme der Sonneneinstrahlung wieder zurück ins All zu transportieren. Grün steht für Parks, begrünte Dächer- und Fassaden sowie Grünstreifen in der Fußgängerzone. Und die blaue Farbe symbolisiert angelegte Flussläufe, Seen, Wasserspender und Springbrunnen.

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Einen „Mix aus Handel, Gastronomie, Wohnen, Arbeit und Kultur“, fordert Sarah Philipp von der SPD-Fraktion. Dazu sei ein Masterplan „Lebendige Innenstadt“ nötig, der mit einer Milliarde Euro aus dem Rettungsschirm des Landes finanziert werden sollte.

Sarah Philipp: „Es reicht nicht aus, nur Geld für reine Baumaßnahmen in den Städten und Gemeinden bereitzustellen. Kommunen müssen durch die Förderprogramme des Landes auch dazu in die Lage versetzt werden können, leerstehende oder von Leerstand bedrohte Immobilien kaufen oder anmieten zu können.“