Bochum. Bochum ruft um Hilfe. Der Stadt fehlen nach jetzigen Berechnungen 74 Millionen Euro. Coronabedingt sinken Einnahmen und steigen Kosten.
Nach den Sommerferien bringt Bochums Kämmerin Eva Hubbert den städtischen Haushalt für 2022 ein. Momentan sieht es nicht gut aus für das Zahlenwerk. Es fehlen Millionen – auch in diesem Jahr. Coronabedingt.
Um wie viel Geld geht es?
Bis zu 80 Millionen Euro Einnahmen weniger als noch 2019 vorausgesagt wird Bochum in diesem und im kommenden Jahr womöglich haben. „Aus Steuern und Zuweisungen rechnen wir mit 813 Millionen Euro“, sagt Kämmerin Eva Hubbert. Es fehlen 77 Millionen Euro gegenüber der Schätzung aus der Zeit vor Corona.
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Um welche Einnahmen geht es genau?
Nach Angaben der Stadt könnten die Gewerbesteuereinnahmen 2021 bei nur 160 Millionen Euro liegen – 25 Millionen Euro unter den Erwartungen. Beim Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer rechnet die Kämmerei nun mit 166 Millionen Euro – 26 Millionen unter der ursprünglichen Erwartung. Und auch die Schlüsselzuweisungen des Landes werden, so die Befürchtung, im nächsten Jahr um 25 Millionen Euro geringer ausfallen. Die Zahlen basieren auf den aktuellen Steuerschätzungen.
Wo muss Bochum sparen?
„Wir haben in den vergangenen Jahren in vielen Bereichen gespart“, sagt die Kämmerin. Nennenswertes Potenzial gebe es dafür nicht mehr. Im Gegenteil. „Es liegen viele große und wichtige Projekte vor uns, wie die Digitalisierung oder der Radwege-Ausbau.“ Weniger gehe nicht.
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Woher soll das Geld kommen?
Von Bund und Land. Mit dieser Forderung reiht sich Bochum ein in die Liste vieler Kommunen – darunter mittlerweile auch betuchte Städte. „Die Auswirkungen von Corona trifft reiche und arme Städte gleichermaßen“, so Eva Hubbert. Daher habe die Forderung nach mehr Unterstützung aus Düsseldorf und Berlin auch größere Kraft als etwa der Wunsch nach einer Altschuldenübernahme durch die im Aktionsbündnis „Die Würde unserer Städte“ zusammengeschlossenen verschuldeten Kommunen. „Schnelle und entschiedene Hilfe von Bund und Land sind dringend notwendig“, heißt es in einer Pressemitteilung der Stadt.
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Land NRW trägt Kosten für Impfzentrum
Auf 37,5 Millionen Euro haben sich die Corona-bedingten Kosten der Stadt im vergangenen Jahr summiert. Dazu zählten Mehrausgaben zum Beispiel für Personal im Bereich des Gesundheits- und Ordnungsamts ebenso wie Mindereinnahmen etwa bei den Kita-Gebühren. Städtische Unternehmen haben zum Teil zusätzliche finanzielle Unterstützung erhalten.
Keine zusätzliche finanzielle Belastung entsteht durch Aufbau und Betrieb des Impfzentrums im Ruhrcongress. „Die Kosten dafür übernimmt zu 100 Prozent das Land, auch die Personalkosten“, erklärt Kämmerin Eva Hubbert.
Gibt es Hilfe von Bund und Land?
Es sieht so aus. So bahne sich an, dass auch 2022 die coronabedingten Kosten im Haushalt separat dargestellt werden können. Auf diese Weise könnte, wie schon 2020 und womöglich auch 2021, auch nächstes Jahr der städtische Haushalt rein rechnerisch ausgeglichen sein. Hubbert: „Das ist eine Bilanzierungshilfe.“ Von 2025 an müssen die Kommunen die zusätzlichen Belastungen mit Abschreibungen über die folgenden 50 Jahre schultern.
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Was sagt die Kämmerin dazu?
„Erst einmal muss man sagen, wir haben bislang schon große Hilfe bekommen, bei der Gewerbesteuer gab es sogar eine Überkompensation.“ Aus ihrer Sicht sollte aber nicht jedes Jahr neuerlich über Ad-hoc-Hilfen gesprochen werden. „Wir brauchen eine dauerhafte Lösung, um die Steuerausfälle zu kompensieren.“ Und das zumindest erst einmal bis 2025, wenn – nach jetzigem Stand – der vor Corona gezeichnete Einnahmepfad wieder erreicht werde. Die Kämmerin: „Wenn ich einen Wunsch frei hätte, würde ich die vollständige Übernahme der Kosten der Unterkunft durch die Bund wählen.“ Der hat seinen Anteil bereits von 49 auf 74 Prozent gesteigert. Eine vollständige Übernahme würde Bochum jährlich um weitere 30 Millionen Euro entlasten.
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Reicht das?
Es wäre zumindest eine feste Größe. „2022 werden wir knapp zurechtkommen.“, so die Kämmerin – sofern die Corona-Kosten wieder isoliert werden dürfen. „Aber danach mache ich mir Sorgen.“ Zumal nicht nur Mindereinnahmen die Stadt belasten, sondern es auch erhebliche Mehrausgaben gibt. Dazu zählt etwa die Unterstützung des stadteigenen Nahverkehrsunternehmens. „Die Bogestra ist von der Pandemie besonders betroffen“; sagt die Finanzexpertin. Trotz der 18 Millionen Euro, die die Bogestra im Vorjahr aus einem ÖPNV-Sondertopf erhalten hat, musste die Stadt das Unternehmen über die „übliche“ Verlustübernahme hinaus mit weiteren 6,3 Millionen unterstützen.