Bochum. Der Corona-Check zeigt: Viele Bochumer machen sich Sorgen um die Innenstadt. Dort setzt man mehr denn je auf Online-Angebote. Auch von Google.
„Läuft“, sagt Dirk Fromme und meint das durchaus wörtlich. Das Elektro-Lastenrad seiner Firma „e-cargo“ hat an Fahrt aufgenommen. Nach schleppendem Start ist der Lieferdienst „Bochum bringt’s“ zum Erfolgsmodell avanciert. Als „Bekenntnis der Bochumer zu ihrer Innenstadt“ wertet das die City-Werbegemeinschaft IBO.
„Wie groß ist Ihre Sorge bezogen auf eine Verödung Ihrer Innenstadt?“, hat die WAZ in ihrem großen Corona-Check gefragt. Auf einer Skala von 1 (gar nicht) bis 5 (sehr stark) findet sich Bochum bei knapp 3,7 wieder. Was bedeutet: Etliche unserer Leser und User bangen in der Pandemie darum, wie es mit der City nach der Pandemie weitergehen wird.
Corona-Check: Bochumer wollen den Handel unterstützen
Dazu besteht aller Anlass. Die Zahl der Leerstände rund um die Kortumstraße hält sich noch in Grenzen. Die letzte veröffentlichte Quote weist zwölf Prozent aus. Doch abgesehen von Gewinnerbranchen wie Lebensmitteln oder Fahrrädern sei die Lage „mittlerweile dramatisch“, konstatiert Jennifer Duggen, Handelsexpertin der IHK in Bochum. Vielfach seien die finanziellen Reserven aufgezehrt, ergänzt der Handelsverband Deutschland und warnt vor bundesweit 120.000 Geschäftsschließungen.
Bochum versucht gegenzusteuern. Im Großen mit dem Viktoria-Karree und dem „Haus des Wissens“, die die Innenstadt deutlich aufwerten werden. Im Kleinen mit Initiativen, die den gebeutelten Handel unterstützen und einem Niedergang der Innenstadt vorbeugen sollen. Der Rückendeckung der Bochumer dürfen sich die Akteure gewiss sein: 79,7 Prozent bekundeten beim WAZ-Check ihre Bereitschaft, dem örtlichen Handel und der Gastronomie mit ihren Außer-Haus-Angeboten auch und gerade in Corona-Zeiten die Treue zu halten.
Lieferdienst kommt nach schleppendem Start auf Touren
„Bochum bringt’s“ liefert dafür ein gutes Beispiel. Die City-Werbegemeinschaft IBO, Bochum Marketing und „e-cargo“ brachten den Lieferservice im Dezember 2020 an den Start. Weil die Läden im Lockdown schließen mussten, offerierten die teilnehmenden Händler ihre Angebote im Internet. Das Versprechen: Wer bis 12 Uhr bestellt, erhält die gewünschte Ware noch am selben Tag. Eingesammelt mit Dirk Frommes E-Lastenrad. Gelagert und sortiert im ehemaligen Glascafé am Husemannplatz. Umweltfreundlich ausgeliefert von den „e-cargo“-Elektrofahrzeugen.
Es brauchte eine Weile. Im Januar schien „Bochum bringt’s“ gar schon Vergangenheit zu sein. „Doch inzwischen wird der Lieferdienst gut angenommen“, freut sich IBO-Sprecherin Christina Wiciok. „20 Unternehmen sind dabei, darunter auch Saturn. Wir steuern auf das zweitausendste ausgelieferte Paket zu. Spielzeug, Textilien und Kaffee von ,RöstArt’ gehen besonders gut“, bekräftigt Dirk Fromme, der die Aufwärtsentwicklung weiter befeuern will: In diesen Tagen ist die von der städtischen Wirtschaftsförderung erstellte Homepage www.bochum-bringts.city online gegangen.
„Virtuelles Bochum“ ermöglicht Stadtbummel daheim
Einkaufen per Internet, nicht auf den milliardenschweren Amazon & Co-Portalen, sondern in den Geschäften vor Ort: Das wird den stationären Handel auch nach der Pandemie prägen. Der WAZ-Corona-Check gibt einen Fingerzeig: Nur 21,3 Prozent vermissen derzeit Shopping-Touren, weit hinter Treffen mit Familie und Freunden (84,2), Reisen (65,5), Kultur (50,7), Sport (36,5) und Feiern (32,7).
Elektronischer Handel („E-Commerce“) gilt mehr denn je als Wachstumsmarkt. Frühzeitig will sich die Innenstadt darauf ein- und neu aufstellen. „Virtuelles Bochum“ heißt ein Projekt, das vom Ex-Großhandels-Chef Herwig Niggemann und dem Textil-Unternehmer Alexander Eiskirch auf den Weg gebracht wurde. Die IBO und BO-Marketing sind wieder, ebenso wie Gastronomen in der Innenstadt und im Bermudadreieck.
Aufnahmen mit Spezialkameras starten im Juni
Nach dem Vorbild von Google Street View haben die Kunden die Möglichkeit, Läden und Lokale virtuell zu besuchen. „Pre-Shopping“ lautet der Fachbegriff. Vor dem Einkaufen, vor dem Café- oder Restaurantbesuch kann man sich daheim per Smartphone oder am Rechner „umschauen“ und einen ersten Eindruck verschaffen. Ein virtueller Stadtbummel mit Klick-Stopps in den markierten Ladenlokalen.
Als Pilotprojekt dient bereits die Luisenstraße, wo elf Unternehmen und drei Lokale erfasst sind. „Ab dem 9. Juni geht es in die Hauptphase. Spezialkameras werden auf einer 360-Grad-Panoramatour alle Straßenzüge der Innenstadt filmen und Aufnahmen in den teilnehmenden Geschäften, Praxen etc. machen“, kündigt Herwig Niggemann an.
Die Stadt fördert das Projekt nach Angaben der Initiatoren mit 75 Prozent der Kosten. Der Aufwand für die Geschäftsleute und Dienstleister reduziere sich daher auf durchschnittlich 75 Euro, so Niggemann, der 50 bis 60 Betriebe einbinden will. Alle Infos auf www.virtuellesbochum.de