Bochum. Der Telekom-Block in Bochum wird zum „Haus des Wissens“, inklusive Markthalle. Aber es gibt noch mehr, was das Vorhaben einzigartig macht.

Tausende laufen jeden Tag am alten Telekom-Gebäude gegenüber dem Rathaus vorbei, ohne ihm einen Blick zu schenken. Warum auch? Seit dem Auszug der Post-Filiale steht der „alte Kabachel“ in Bochum leer, wartet auf bessere Zeiten. Gut möglich, dass diese bereits angebrochen sind, auch wenn davon noch nicht zu sehen ist.

Ein starkes Stück Bochum soll entstehen

Denn der „Telekom-Block“ wird zum „Haus des Wissens“, zu einem Ankerpunkt, der Bildung, Wissen, Unterhaltung, Forschung und Lehre sowie eine Markthalle mitten in der Stadt fest pflockt. Ein starkes Stück Bochum. Jedenfalls, wenn es nach den Plänen der Stadt geht.

Noch ist alles ein Gedankengespinst und wenig greifbar. Das wird sofort klar, wenn man durch den Altbau wandelt und überall nur leere Räume, Schutt und abgerissene Kabel vorfindet. Die frühere Kantine ist verwaist, ein paar Kacheln haben das Ausräumen überdauert, irgendwo hängen noch Urlaubsbilder an den Wänden der kleinen Büros, die verschwinden und in einem weiten, offenen Raumkonzept aufgehen werden.

Spektakulärer Ausblick auf die Markthalle

Aus dem Dachgeschoss fällt der Blick tief hinab in den Innenhof, wo eines Tage die Markthalle auf 1500 Quadratmetern ihr Flair versprühen wird. Ein ausladender Dachgarten wird hier oben zum Verweilen einladen – und eine spektakuläre Aussicht bieten auf die Halle mit ihrem geschäftigen Betrieb aus Ständen, Händlern und Kunden.

Neuer Name wird gesucht

Das „Haus des Wissens“ soll so nicht heißen. Der Begriff wird nur als Arbeitstitel verstanden, ein schlagkräftiger Namen für das Leuchtturmprojekt noch gesucht. Die Stadt hatte die Bochumer gebeten, Vorschläge einzureichen, ebenso die WAZ.

BoWissMarkt, CityCenter (CC), Haus der Möglichkeiten, Rathaus-Karree, Bochumer Allerlei, Q-463 (Q für Quartier plus Bochums frühere Postleitzahl) oder Bochumer Markthaus waren Anregungen, die nun von einer Jury gesichtet werden.

Noch in diesem Herbst will die Stadt den neuen Titel vorstellen.

Es braucht also Fantasie, um sich das abgerockte Telekom-Haus als zukünftigen „place to be“ vorzustellen, wie Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD) das „Haus des Wissens“ gern bezeichnet. Die Bauverantwortlichen haben solche Einbildungskraft, und können sie mit Modellen und ausgeklügelten Plänen und Computerbildern nachvollziehbar machen. Auf den ungeübten Betrachter mag der Umbau des L-förmigen Gebäudes von 1925/1931 und des Innenhofs zwischen Schlegelturm und Junggesellenstraße mit einer Gesamtfläche von 6200 Quadratmetern wie eines der üblichen Projekte wirken, mit denen Altbauten aufgefrischt werden. Doch hier ist alles anders.

Telekom nutzt einige Bereiche des Hauses weiter

„Das Gebäude wurde in 100 Jahren so oft verändert und überplant, dass jetzt eigentlich bis auf die Außenmauern alles ‘rausgenommen wird“, sagt Britta Freis, die Leiterin des städtischen Projektbüros. Der radikale Slogan „Alles muss ‘raus!“ ist gleichwohl fehl am Platze, denn nach wie vor gibt es Bereiche, zumal im Keller, die von der Telekom weiter genutzt werden. Der Internet-Knoten für die City und die Vororte befindet sich beispielsweise hier. Die armdicken Kabelstränge füllen ganze Kellerräume, hier muss die Planung im Wortsinn „um die Ecke denken“ und um die Kommunikations-Infrastruktur herum bauen.

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Das „Haus des Wissens“ soll nichts Weniger sein als ein urbanes Zentrum der Begegnung, ein Symbol für gelebte Demokratie, ein Haus für alle; dazu eine Stätte des Austauschs und des Lernens. Stadtbücherei, Volkshochschule, UniverCity (der Zusammenschluss der Bochumer Hochschulen) und die Markthalle werden an diesem zentralen Standort zusammengefasst. „Das ist eine Kombination, wie es sie in dieser Form in Europa nicht gibt“, betont Kulturdezernent Dietmar Dieckmann.

Und Ralf Meyer, Chef der Bochumer Wirtschaftsentwicklung, ist sich sicher, dass zumal die Markthalle eine Alleinstellungsmerkmal sein wird, das weit über Bochumer Beachtung finden könnte. Es sollen nicht nur Lebensmittel verkauft, sondern die Halle auch nach Schließung des Marktbetriebs für Kultur- und Freizeit-Events genutzt werden.

Kulturdezernent Dietmar Dieckmann (li.) erläuterte die Umbaupläne. Gewisse Bereiche des Altbaus werden auch zukünftig durch die Telekom genutzt.
Kulturdezernent Dietmar Dieckmann (li.) erläuterte die Umbaupläne. Gewisse Bereiche des Altbaus werden auch zukünftig durch die Telekom genutzt. © FUNKE Foto Services | Gero Helm

Das Haus soll 24 Stunden am Tag lebendig sein

Überhaupt schwebt den Verantwortlichen ein Haus vor, das 24 Stunden am Tag lebendig ist. Man will sich von den üblichen Funktionen etwa der VHS und der Bücherei verabschieden, die bislang darin bestanden, dass man Bücher ausleiht und wieder geht. Oder Kurse besucht, und wieder geht. „Die Bildungslandschaft ändert sich, VHS und Büchereien werden mehr und mehr zu Orten, die über ihre Funktionalität hinaus einen Begegnungswert für Menschen haben“, sagt Britta Freis.

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Und so sieht der Entwurf des Aachener Büros Cross Architecture, das im Dezember 2019 den Zuschlag erhielt, denn auch einen vielgestaltigen, multifunktionalen Komplex vor, der diversen Wünschen und Ansprüchen genügen muss. Aktuell stecke man in der Vorplanung dieses so komplexen wie ambitionierten Bauvorhabens, heißt es von Seiten der Stadt. Es werden Pläne gewälzt, was wie gestaltet werden soll: Welche Raumgrößen sind für welche Nutzung nötig, welche Vermischung von Räumen und Raum-„Atmosphären“ wird es geben, wie kann der Dachgarten hoch über der Innenstadt gestaltet werden?

Detaillierte Bauplanung folgt in den nächsten Monaten

In den nächsten acht Monaten soll die detaillierte Bauplanung stehen, bis Ende 2023 ist der Rohbau ins Auge gefasst. Die Eröffnung des neuen Innenstadt-Zentrums ist für 2024 geplant. 90 Millionen Euro stehen für die Umsetzung des als „Leuchtturm-Projekts“ aufgefassten Vorhabens bereit.

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