Bochum. Ende Juni verabschiedet das Bochumer Orchester seinen Generalmusikdirektor Steven Sloane – nach 27 Jahren. Groß gefeiert wird vermutlich nicht.

Die Bochumer Symphoniker bangen um die Abschiedsfeier für ihren langjährigen Chef: Ende Juni geht nach 27 Jahren die Amtszeit des Generalmusikdirektors Steven Sloane (63) zu Ende. Kaum einer prägte die Bochumer Kulturlandschaft in den letzten Jahrzehnten so stark wie der sympathische Dirigent aus Los Angeles. Doch wird die geplante große Party zu seinen Ehren im Anneliese-Brost-Musikforum angesichts des weiterhin andauernden Corona-Lockdowns überhaupt stattfinden können? „Ganz ehrlich, wir wissen es nicht“, sagt Sprecherin Christiane Peters mit einem tiefen Seufzer.

Mehrere Pläne zu Sloanes Abschied haben die Bochumer Symphonikern ausgetüftelt. „Am liebsten wäre es uns natürlich, wir könnten für einen Tag die Viktoriastraße sperren und alle Bürger zu einem großen Fest einladen“, erzählt Peters. Auch eine Überraschungsgala mit vielen Gästen, die Sloane an seiner Bochumer Wirkungsstätte begleitet haben, ist längst geplant.

Spielbetrieb im Musikforum Bochum ruht weiterhin

Doch so lange der Kulturbetrieb weiterhin still steht, scheint es eher unwahrscheinlich, dass das Musikforum bereits Ende Juni wieder vor vollen Rängen öffnen darf. „Hinzu kommen die Reisebeschränkungen“, sagt Christiane Peters. „Wir könnten die Gäste, die teils von weit her anreisten müssten, kaum nach Bochum holen.“

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Je schneller die Infektionszahlen sinken, desto größer wird bei den Symphonikern die Hoffnung, bis Ende Juni vielleicht doch noch was drehen zu können. „Was bis dahin erlaubt ist, das ist gerade die große Frage“, sagt Peters. Allerdings: Mit der Vorstellung, ihrem beliebten Chef vor fast leerem Saal mit nur einer Handvoll Besuchern „Good bye“ sagen zu müssen, tun sich die BoSy schwer.

Keine Abschiedsfeier vor leerem Saal

„Einmal angenommen, bis dahin dürften wegen des Hygienekonzepts 150 geladene Gäste rein, dann wäre das für eine Abschiedsfeier eher kontraproduktiv“, so die Sprecherin. „Sloane gesamte Amtszeit war davon geprägt, raus in die Stadt zu gehen und mit den Menschen in Kontakt zu kommen. Jetzt vor einer handverlesenen Schar Abschied zu feiern, wäre eher traurig als schön.“

So sieht es nach aktuellem Stand eher danach aus, dass Steven Sloanes letzte Spielzeit als GMD leise ausläuft. Die Livestreams im Mai dirigiert er selber, auch im Juni sind weitere Streams mit ihm geplant. Dazu soll es Plakate und eine Broschüre mit einem Rückblick auf die Sloane-Ära geben. „Außerdem verabschiedet er sich ja nicht komplett aus Bochum.“ Sloane sei total stolz darauf, von der Stadt den Titel „Ehrendirigent auf Lebenszeit“ verliehen bekommen zu haben. „Ein bis zweimal pro Saison wird er weiter im Musikforum auftreten.“

„Ring des Nibelungen“ wird nicht mehr aufgeführt

Für Klassikfans besonders bitter: Die großen Pläne, während Sloanes letztem Jahr als GMD den „Ring des Nibelungen“ von Richard Wagner aufzuführen, sind gestorben. „So traurig es klingt: Das ist Corona zum Opfer gefallen“, sagt Christiane Peters. Der komplette „Ring“, der aus vier gewaltigen Opern besteht, sollte ursprünglich in diesem Frühjahr im Musikforum erklingen – für Sloane war es die Erfüllung eines Traums, aus dem jetzt nichts mehr wird.

„Ein solch gewaltiges Projekt umzusetzen, bindet das komplette Haus über Monate", so Peters. So habe man sich schnell von der Überlegung verabschiedet, den „Ring“ womöglich in die nächsten Spielzeit zu verschieben. Dann übernimmt der taiwanesische Dirigent Tung-Chieh Chuang das Steuer als neuer GMD. „Der neue künstlerische Leiter hat eigene Pläne und eigene Visionen, die dann zum Tragen kommen sollen.“ Die Pläne für seine erste Spielzeit ab September laufen auf Hochtouren.

Info: Große Erfolge mit Livestreams

Mit ihren Livestreams im Internet, die kostenlos angeboten werden, feiern die Bochumer Symphoniker große Erfolge. Im Schnitt sind rund 2000 Zuschauer bei jedem Konzert online dabei. „Selbst die Kammerkonzerte im kleinen Saal haben etwa 1200 Aufrufe. Damit erreichen wir viel mehr Menschen, als wir jemals in den Saal hinein bekämen.“

Die nächsten Streams: Am Donnerstag, 20. Mai, um 20 Uhr erklingt Gustav Mahlers Symphonie Nr. 1. Der Liederzyklus „Abschied“ sowie die Symphonie Nr. 2 von Johannes Brahms wird am Freitag, 28. Mai, um 20 Uhr live aus dem großen Saal übertragen. Steven Sloane dirigiert beide Konzerte. Info: bochumer-symphoniker.de