Bochum.. Steven Sloane wirbelte seit weit über 20 Jahren die Bochumer Kulturszene auf. Für die Bochumer Symphoniker gewann er viele junge Zuschauer.

An diesen Moment kann sich Steven Sloane noch genau erinnern: Es war das Jahr 1994 – und der damals 35-Jährige gab sein erstes Konzert als neuer Chef der Bochumer Symphoniker.

„Na klar, das vergesse ich nie“, sagt Sloane und seine Augen leuchten. „Wir spielten die sechste Symphonie von Haydn und die siebte von Beethoven.“ Zuvor war dem jungen Amerikaner noch ein echter Fauxpas passiert: Er hatte vor dem Kulturausschuss „Bochum“ mit kurzem „o“ ausgesprochen – und dafür von der ehemaligen Kulturdezernentin Ute Canaris, die den aufstrebenden Dirigenten in die Stadt geholt hatte, einen freundlichen Rüffel bekommen. „Das passierte mir danach nie wieder.“

Jahrelang für ein eigenes Konzerthaus gekämpft

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Seither hat Steven Sloane die Bochumer Kulturszene aufgewirbelt wie kein zweiter. Nach den eher nüchternen Jahren unter seinem Vorgänger Eberhard Kloke gelang es dem gelernten Bratschisten, mit Witz, Verve und durchaus im Stil des „American Way of Life“ ein breites Publikum für die Symphoniker zu interessieren – und ganz neue Zuschauerschichten anzusprechen. Mit den jährlichen Auftritten im Bermuda-Dreieck waren die „Bosy“ plötzlich mitten im Kneipenviertel angekommen – was vorher undenkbar gewesen wäre.

Dass seine Symphoniker indes kein eigenes Haus hatten, das wurmte den GMD über viele Jahre. Hartnäckig kämpfte er für diesen Traum: Über 20.000 Spender konnte er von der Idee des Musikforums begeistern – unter ihnen auch seinen guten Freund Herbert Grönemeyer, der gleich das ganze Ruhrstadion für ein Benefizkonzert rockte. Am 27. Oktober 2016 schlug die große Stunde: Nach mühevoller Finanzierung und mehreren Pannen und Verzögerungen beim Bau wurde das Anneliese-Brost-Musikforum eröffnet. Sloanes unermüdlicher Einsatz hatte sich — auch gegen viele Kritiker – ausgezahlt.

Kooperation mit dem Schauspielhaus

Der Chefdirigent vor einem Plakat mit der Aufschrit
Der Chefdirigent vor einem Plakat mit der Aufschrit "Mr. Sloane welcomes you!" © Ingo Otto | Unbekannt

Mindestens fünf Jahre lang, so hatte er angekündigt, wollte er danach weiter im Amt bleiben, weil er das den vielen Spendern und wohl auch der Stadt und seinem Publikum schuldig war. Zum 100. Geburtstag des städtischen Orchesters im kommenden Jahr wird er den „Bosy“ also weiterhin als Generalmusikdirektor vorstehen.

Gemeinsam mit dem neuen Schauspielhaus-Intendanten Johan Simons  setzt er im Oktober 2019 eine Musiktheater-Produktion im Musikforum um, denn auch das Schauspielhaus wird im kommenden Jahr 100. Die Auftragsarbeit des Komponisten Moritz Eggert ist die erste offizielle Kooperation der beiden Häuser seit Jahrzehnten.

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1994: Helmut Kohl ist Kanzler, Justin Bieber wird geboren – und in Bochum tritt ein junger Amerikaner aufs Dirigentenpult, der gekommen ist, um zu bleiben. Wie keinem anderen ist es Steven Sloane in den Jahren danach gelungen, seinen Symphonikern und letztlich auch der gesamten Kulturstadt Bochums frischen Wind und neue Impulse zu verleihen.

Wenn er nun – 24 Jahre später – seinen nahenden Abschied verkündet, ist das ein herber Verlust, aber für ihn ein nachvollziehbarer Schritt. Letztlich hat er in Bochum alles erreicht – und wer immer ihm nachfolgt, wird sich an Sloanes Esprit und Entschlossenheit auch gegen alle Widerstände messen lassen müssen. Thank you, Mr. Sloane!