Bochum. Der taiwanesische Dirigent übernimmt die Bochumer Symphoniker ab 2021/22 von GMD Steven Sloane. Der 36-Jährige ist in Bochum kein Unbekannter.
Die Entscheidung um die Nachfolge von Steven Sloane als Generalmusikdirektor der Bochumer Symphoniker ist gefallen: Tung-Chieh Chuang leitet das städtische Orchester ab der Spielzeit 2021/22.
Der Beschluss wird in der des Haupt- und Finanzausschusses am 17. Juni verkündet und muss am 25. Juni vom Rat bestätigt werden, was als Formsache gilt.
Findungskommission war seit 2018 in Bochum aktiv
Entgegen der erklärten Absicht, den vakanten Posten mit einer Dirigentin besetzen zu wollen, wird es nun doch ein Mann. Natürlich hätten letztlich die künstlerisch-musikalischen Befähigungen den Ausschlag gegeben, ist aus eingeweihten Kreisen zu hören. Im Herbst 2018 war eine Findungskommission einberufenen worden, der neben Kulturdezernent Dieckmann und den Kulturpolitikern Fleskes und Hanke (SPD), Jessel (Grüne) und Gräfingholt (CDU) auch Angestellte der Bochumer Symphoniker angehören.
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In insgesamt sieben Sitzungen hatte sich die Kommission mit 58 Kandidatinnen und Kandidaten beschäftigt. Nach einer Vorauswahl von 17 Persönlichkeiten und einer anschließenden vierköpfigen engen Auswahl kam das Gremium zu einem einstimmigen Ergebnis, wie es heißt. Konzert- und Probenbesuche auch außerhalb Bochums durch Mitglieder der Kommission haben letztlich zur Berufung Chuangs geführt, dessen Ernennung weiterhin top secret behandelt wird.
Feines Gespür fürs Atmosphärische
Tung-Chieh Chuang ist ein international tätiger, mehrfach ausgezeichneter Künstler, der als einer der vielversprechendsten Orchesterleiter seiner Generation gilt. Er entstammt einer taiwanesischen Familie professioneller Musiker, weshalb er schon früh lernte, Horn und Klavier zu spielen. Sein erstes öffentliches Konzert gab Chuang mit elf Jahren. Er studierte am Curtis Institute of Music in Philadelphia und an der Hochschule für Musik „Franz Liszt“ Weimar. Zu seinen Mentoren gehören Mark Gibson, Gustav Meier, Otto-Werner Mueller und Nicolás Pasquet. Der 36-jährige lebt mit seiner Familie in Berlin und ist Vater einer kleinen Tochter.
Musikalisch gilt Chuang als Maestro mit feinem Gespür fürs Atmosphärische, „der mit seiner weit ausladenden Gestik den Klang geradezu herbeizustreicheln scheint“, wie der Tagesspiegel schrieb. Der neue Orchesterchef, der gleichzeitig Intendant des Anneliese-Brost-Musikforums sein wird, ist bereits in Bochum aufgetreten. Im Sommer 2019 legte er mit dem Symphonieorchester Wuppertal im Musikforum einen spektakulären Auftritt hin.
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Chuang dirigierte die Symphonie Nr. 5 e-Moll op. 64 von Peter Tschaikowsky ohne Partitur auf dem Pult und schlug schon im ersten Satz eine atemberaubende Dynamik an, so dass man sich unwillkürlich fragte, wie die folgenden drei Sätze danach noch mindestens genauso aufleuchten sollten. Doch genau das gelang: Mit strahlendem Lächeln gab er im 4. Satz die Einsätze, so dass im Finale wirklich ein Höhepunkt musikalischer Ausdruckskraft erreicht wurde. Das Publikum war hingerissen.
Weiterentwicklung des Musikforums lautet die Aufgabe
Steven Sloane, der 1994 als GMD nach Bochum kam, hatte im Juni 2018 erklärt, dass er seinen bis 2020 laufenden Vertrag nicht verlängern werde. Der 61-Jährige will sich auf freie Dirigiertätigkeit verlegen. Die Anforderungen an seinen Nachfolger sind hoch. Außer dem künstlerisch-musikalischen Akzent, der sich in der individuellen Programmgestaltung niederschlagen wird, soll Tung-Chieh Chuang sowohl das Orchester als auch das Musikforum zukunftsfest machen. Dazu gehören die Weiterentwicklung des Programmangebots für unterschiedliche Zielgruppen, die verstärkte Kommunikation mit dem Publikum sowie Kooperationen – von der Musikschule bis zur Triennale.
>>> Info: Was verdient der Neue?
Die Entlohnung des Postens „Generalmusikdirektor“ unterliegt nicht der Tarifbindung der Orchestermusiker, sondern ist Verhandlungssache.
Die Stadt spricht von einem „maßgeschneiderten Vertrag mit einem maßgeschneiderten Gehalt“, der angestrebt sei.
Bezugspunkt dürfte das bisher übliche Chefdirigenten-Gehalt sein. Steven Sloane verdiente zwischen 200.000 und 240.000 Euro Fixum im Jahr.