Bochum/ Lettland. Der Bochumer Jöran Steinhauer ist Popstar in Lettland. Nun hat sich eine Sensation ereignet: Er könnte Nachkomme eines Nationalhelden sein.

Dass Jöran Steinhauer überhaupt den Weg nach Lettland fand, war Zufall: Denn als 17-Jähriger war nur noch ein Platz für den Schüleraustausch in Talsi frei. Ähnlich wie die meisten Deutschen hatte der heute 34-Jährige damals noch kein Bild des Landes. „Entweder wird Lettland mit Lappland verwechselt, oder das Baltikum mit dem Balkan“, sagt Steinhauer und lacht.

Doch in seinem Austausch und späteren Zivildienst in einem Krisenzentrum für Straßenkinder lernte der Bochumer, aufgewachsen in Weitmar, Lettland lieben: Flaches Land und Wald, Ostseestrand, bescheidene und naturverbundene Charaktere.

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34-Jähriger aus Bochum ist in Lettland ein Promi

„Pilzsammeln ist hier Volkssport. Wenn jemand seinen Pilzsammelort verrät, ist das ein echter Vertrauensbeweis“, sagt er. Dass Steinhauer fließend Lettisch lernte, war für die Letten schon damals eine kleine Sensation. „Lettland hat nur knapp zwei Millionen Einwohner, deshalb sprechen wenige Menschen die Sprache“, sagt er.

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In Bochum hat Steinhauer, Sohn eines Pfarrers und jetzigen Lehrers sowie einer Verwaltungsangestellten im Schulreferat, die Velsheide-Grundschule und das Ostring-Gymnasium besucht, außerdem zehn Jahre Fußball gespielt – von SC Altenbochum bis Weitmar 09.

Teilnahme am Eurovision Songcontest in Kopenhagen

„Nach meinem Zivildienst bin ich nach Bremen gegangen, um Europawissenschaften zu studieren“, sagt er. Trotz eines Auslandssemesters in der Toskana – so richtig glücklich war Steinhauer nicht. „Positive Gedanken habe ich mir immer mit Lettland gemacht“, erinnert er sich.

Lettlands Sehenswürdigkeiten

Lettland liegt an der Ostsee zwischen Litauen und Estland – etwa 1300 Kilometer von Bochum entfernt und zählt zu den grünsten Ländern der Erde.

Die Städte sind historisch geprägt, hanseatische Architektur trifft auf Barock und Jugendstil.

Zu den top Sehenswürdigkeiten in Lettland zählen die Hauptstadt Riga, der Badeort Jurmala, der Nationalpark Gauja und die Hafenstadt Ventspils.

So verwundert es nicht, dass Steinhauer – der schon immer das Musikmachen liebte – anfing lettische Lieder zu schreiben. „Ich habe einen Song über die frühere lettische Währung, den Lats, gemacht“, sagt der Musiker. Der Song ging über Nacht viral, die Abendnachrichten berichteten. Er zog spontan mit Koffer und Gitarre nach Lettland.

„Ich bin dann für Lettland mit dem Hit ‚Cake to bake‘ zum Eurovision Songcontest nach Kopenhagen gefahren“, erzählt der Bochumer. Nach Herbert Grönemeyer dürfte Steinhauer der zweite Bochumer sein, der vor einem Millionenpublikum spielt. Für seine Band „Aarzemnieki“, zu deutsch „Ausländer“ suchte er sich Musiker in Bars und Kneipen. Auch beim lettischen Promi-Dinner machte Steinhauer mit – und gewann.

Letten wünschen sich Bratwurstbude nach Bochumer Vorbild

Wenn er nach Bochum kommt, fährt er mit dem Auto durch Litauen und Polen und nimmt auf dem Rückweg eine Kiste Fiege mit. „Ich habe den Letten schon die Bochumer Currywurst gezeigt. Sie wünschen sich seitdem eine Bochumer Bratwurstbude in Lettland“, sagt Steinhauer, der zunächst in der Hauptstadt Riga lebte und im Zuge der Pandemie aufs Land zog.

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Die typische Küche in Lettland ähnelt der deutschen: „Viel Kohl, Kartoffeln und Fleisch“, berichtet er. Manchmal vermisst er das deutsche Vereinswesen und die Verbindlichkeit, auch die Bochumer Luft fehlt ihm.

Auswanderer könnte Nachfahre eines Nationalhelden sein

Der Musiker Jöran Steinhauer könnte auch Nachfahre eines Nationalhelden von Lettland sein.
Der Musiker Jöran Steinhauer könnte auch Nachfahre eines Nationalhelden von Lettland sein. © Magda Jentgen

Vor kurzem hat sich eine Sensation ereignet: „Ich habe einen Anruf bekommen, ob mir der Name Jānis Šteinhauers etwas sagt“, so der Bochumer. Dabei handelt es sich um einen der reichsten Letten des 18. Jahrhunderts, der Bürgerrechte erstritt. „Als historischer Nationalheld war er bislang fast unbekannt“, sagt Steinhauer. Im Zuge einer Dokumentation suchten Filmemacher nach noch lebenden Nachkommen.

„Und fanden in ganz Lettland einen einzigen Steinhauer. Mich“, sagt der Auswanderer. „Ein DNA-Test zeigte, dass ich zu 33,3 Prozent Osteuropäer bin“, so Steinhauer. Der einstige Austauschschüler also ein eigentlich verkappter Lette?

Lettlands Regierungschef meldet sich bei Jöran Steinhauer

Für Steinhauer, der sich als Brückenbauer und Grenzgänger versteht, klingt das wie ein europäisches Märchen. „Mein Stammbaum reicht bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurück. Es fehlen etwa zwei Generationen bis 1779, als Jānis Šteinhauers starb“, sagt der Musiker.

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Noch am Abend der Erstausstrahlung der Doku meldete sich der lettische Regierungschef bei ihm und drückte seinen Dank aus. „Eine Straße, ein Denkmal und eine Stiftung sind im Gespräch“, so Steinhauer. Zwei Tonnen Silber schuldet die Stadt Riga den Steinhauers als Resultat eines jahrelangen Gerichtsprozesses noch. „Gute Argumentationslage beim Falschparken“, sagt er und lacht.