Bochum. Bei ihrem Protest gegen Neubaugebiete in Bochum zeigen sich vier Bürgerinitiativen kreativ. In den Mittelpunkt rücken Bäume, die gefällt würden.

In einigen Ecken Bochums sind Neubaugebiete geplant. Nicht überall stößt das auf Gegenliebe. Vielerorts haben sich Bürgerinitiativen gegründet, um gegen Art und Weise der Bebauung zu protestieren. Vier dieser Initiativen tun sich jetzt zusammen, um ihren Anliegen auf besonders kreative Weise Nachdruck zu verleihen. Dafür haben sie sich den Bochumer Künstler Horst Dieter „Oskar“ Gölzenleuchter ins Boot geholt.

Kreativer Protest gegen Neubaugebiete in Bochum: Kunstwerke zieren bedrohte Bäume

Auf zahlreichen Info-Veranstaltungen, in politischen Sitzungen und bei Demonstrationen haben die Protestler ihren Ärger über die vorgesehenen Neubaugebiete bereits kund getan. Nun will man auch über die Kunst die Leute zum Nachdenken animieren und Mitstreiter gewinnen. Die Idee mit Gölzenleuchter kam Ursula Henke von der Bürgerinitiative „Gerthe-West – so nicht!“. Sie kennt den Künstler, der vor allem mit Holz arbeitet, persönlich und musste ihn nicht lange überreden.

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Und so hängen nun an einigen ausgewählten Bäumen im Stadtgebiet, die neben vielen anderen Gefahr laufen, für neue Wohnviertel gefällt zu werden, Kunstwerke von H.D. Gölzenleuchter. Mit dieser „Baum-Kunst“ soll in den nächsten Wochen die Öffentlichkeit auf betroffene, besonders schützenswerte Bäume und Baumbestände aufmerksam machen. „Die etwa türgroßen Motive von Gölzenleuchter werden dabei schützend um die Bäume gelegt“, erklärt Ursula Henke und fügt augenzwinkernd hinzu: „Ist doch besser, als wenn wir uns anketten.“

Mit Plakaten wie diesen wird im Bochumer Norden gegen das Ausmaß der geplanten Bebauung „Gerthe-West“ protestiert.
Mit Plakaten wie diesen wird im Bochumer Norden gegen das Ausmaß der geplanten Bebauung „Gerthe-West“ protestiert. © Foto Funke Services | Klaus Pollkläsener

Gölzenleuchter als Freund der Natur steht hinter den Inhalten der Bürgerinitiativen, die nichts gegen Neubaugebiete generell haben. Das betont auch Ursula Henke, die sich nicht nur für Gerthe-West „moderates Bauen im Einklang mit der Natur“ wünscht. Landschaftsschutzgebiete dürften nicht verplant werden, Bäume wie die Schwarzpappel an der Ecke Hiltroper Landwehr/Am Hillerberg in Gerthe gar nicht erst in die nähere Betrachtung eines Bauvorhabens kommen.

Bürgerinitiative macht allein in Bochum-Gerthe mehr als 400 schützenswerte Bäume aus

Diese Schwarzpappel, die nun mit einem Gölzenleuchter-Werk verziert ist, steht laut Bürgerversammlung stellvertretend für mehr als 400 schützenswerte Bäume, die für das Neubaugebiet „Gerthe-West“ gefällt werden könnten.

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„Dieser Baum hat einen Umfang von 4,5 Metern und muss um die 200 Jahre alt sein“, sagt Ursula Henke. „Er hat die Besetzung durch Napoleons Truppen überlebt, den Bombenangriff von 1943 – den Bau von ,Gerthe-West’ aber wohl nicht.“ Henke zufolge sollen an dieser Stelle, wo die Schwarzpappel steht, eine Kita und ein Parkhaus vorgesehen sein. Von bis zu 800 neuen Wohnungen ist hier im Norden die Rede.

Flyer, E-Mails und Postkarten

Flankiert wird die Aktion „Baum-Kunst“ mit Flyern. Die Info-Broschüre gibt es dort, wo die Gölzenleuchter-Bilder an den Bäumen hängen, und an ausgewählten Orten in den Stadtteilen. Dazu gibt es alle Informationen natürlich auch im Internet auf www.baum-kunst.art, inklusive Verweisen auf die beteiligten Bürgerinitiativen Hinter der Kiste, Schlosspark, Charlottenstraße und „Gerthe-West – so nicht!“

Auf der Internetseite hat man zudem die Möglichkeit, das Anliegen der Initiativen zu unterstützen und Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD) direkt eine vorformulierte E-Mail zu schicken. Diese Aktion soll es bald auch mit Postkarten geben.

Weitere Motive von H.D. Gölzenleuchter hängen an Bäumen an der Schloßstraße in Weitmar, wo ein Neubaugebiet mit bis zu 270 neuen Wohnungen geplant ist, an einer der drei Stieleichen an der Charlottenstraße in Wiemelhausen, um die herum sieben Einfamilienhäuser, fünf Doppelhäuser und fünf Mehrfamilienhäuser für bis zu 45 Familien gebaut werden sollen, und an der Straße Hinter der Kiste in Linden, wo 47 Ein- und zwei Mehrfamilienhäuser auf einer Ackerfläche angedacht sind.

Bürgerinitiativen zweifeln Bedarfsrechnung für Wohnraum an

Die beteiligten Bürgerinitiativen halten es für „verständlich und gut, dass in Bochum neuer Wohnraum geschaffen werden soll“. Dennoch dürften die Belange des Naturschutzes und des Klimawandels nicht ignoriert werden. „Auch die Bedarfsrechnung für Wohnraum ist aus unserer Sicht nicht richtig“, sagt Ursula Henke.

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Auch Horst Dieter Gölzenleuchter liegt die Natur am Herzen. Besonders Bäume faszinieren ihn. „Ein Leben ohne sie ist doch nicht vorstellbar.“ Umso unverständlicher findet der Künstler, „dass sich alle Welt über das Abholzen des Regenwaldes in Brasilien aufregt, aber hier vor unserer Haustür sind es nur ein paar Wenige.“ Er hofft, dass den Bürgerinitiativen über seine Kunst noch weitere Aufmerksamkeit zuteil wird „und wir die Leute zum Nachdenken bringen“.