Bochum. Sie wurden als Helden beklatscht und arbeiten oft am Limit: Hinter Pflegekräften wie der Bochumerin Sarah Weber liegt ein hartes Corona-Jahr.

Die Arbeit als Pflegekraft war schon vor Corona keine leichte. Doch mit Beginn der Pandemie sind die Herausforderungen für die Mitarbeiter noch einmal erheblich gestiegen – nicht nur in den Krankenhäusern und den Seniorenheimen. Auch in der ambulanten Pflege ist seit der Pandemie kaum noch etwas wie zuvor, erzählt die Krankenpflegerin Sarah Weber (36).

Tag für Tag düst sie in einem der rot-weißen Autos der Caritas durch die Stadt und versorgt pflegebedürgtige Menschen in ihren eigenen vier Wänden. Größere Angst vor dem Virus darf sie nicht haben: „Unter der Dusche können die Patienten schlecht eine Maske tragen“, sagt sie. Erst die Impfung vor wenigen Wochen brachte etwas Entspannung in ihren stressigen Alltag.

Krankenpflegerin Sarah Weber erzählt von ihrem Corona-Jahr in Bochum

Als ausgebildete Krankenpflegerin ist Sarah Weber seit vier Jahren im Team der Caritas-Sozialstation an der Glücksburger Straße in Wiemelhausen. 15 Patienten hat sie an diesem Morgen bereits betreut, dafür fährt sie je nach Gebiet bisweilen kreuz und quer durch die Stadt. Auch die Fälle, die auf ihrem Tagesplan stehen, sind selten ähnlich: „Das reicht von der großen Pflege, wo wir die Patienten von Kopf bis Fuß waschen und einkleiden, bis zur kleinen Pflege. Hier genügt es schon, die Medikamente zu verabreichen oder das Insulin zu spritzen.“

Die tägliche Arbeit in den vielen fremden Wohnungen ist seit dem Coronavirus weitaus schwieriger geworden. Natürlich ist das Tragen von Masken für sie jetzt oberstes Gebot: „Die ersten Stoffmasken bekamen wir noch als Spende von der Johanneskirche“, erinnert sich Sarah Weber. „Mittlerweile tragen wir FFP2-Masken.“ Auch die Patienten sind dazu angehalten, während der Besuche der Krankenpfleger Maske zu tragen: „Aber das klappt natürlich nicht immer.“

Auch „positiv“ getestete Menschen müssen versorgt werden

Wie schnell die Lage ernst werden kann, erfuhr das Caritas-Team in Wiemelhausen im März: Da wurden fünf Mitarbeiter vom Gesundheitsamt in Quarantäne geschickt, nachdem Patienten positiv getestet waren. Auch eine Mitarbeiterin hatte sich infiziert. „Versorgen mussten wir die Patienten natürlich weiterhin“, sagt Sarah Weber. „Das haben wir dann in voller Montur mit Schutzkleidung und Brille gemacht, was ein riesiger Aufwand war. Vor jedem Patientenbesuch mussten wir uns komplett umziehen. Aber wir lassen niemanden allein.“

Etwas Furcht vor einer Ansteckung bekam sie zu dieser Zeit schon. „Das war keine Angst, aber ein gesunder Respekt“, sagt die Mutter eines bald fünfjährigen Sohnes. „Man versucht eben, so gut es geht Abstand zu halten, auch wenn es schwer fällt.“

Immer Ärger mit den Parkknöllchen

Krankenpflegerinnen wie Sarah Weber wurden vor einem Jahr zu echten Helden des Alltags erklärt. „An den Fenstern wurde uns zugewunken, wenn wir kamen“, erinnert sich auch ihre Kollegin Andrea Stephan. „Davon ist nicht viel geblieben.“ Die zwei Kisten Bier, die ihnen die Fiege-Brauerei für ihren Einsatz zu Beginn der Krise gestiftet hatte, waren recht schnell leer – und der Alltag kehrte zurück.

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„Wir machen unseren Job einfach weiter“, sagt Sarah Weber, die sich etwas mehr Wertschätzung für die Menschen in den Pflegeberufen durchaus wünschen würde. Und wenn sie noch einen Wunsch frei hätte, dann wäre das eine Befreiung von den elenden Parkknöllchen: „Wir werden so oft aufgeschrieben, dabei können wir doch nicht für jeden Patienten ins Parkhaus fahren“, sagt Andrea Stephan. „Das ärgert uns wirklich.“

Krankenpflegerin trifft viele einsame Menschen

Während ihrer vielen Touren durch die Stadt begegnen Sarah Weber seit einem Jahr weitaus mehr einsame Menschen als zuvor: „Viele Senioren sind während des Lockdowns noch einsamer als zuvor“, sagt sie. „Sie warten schon auf uns und sind unendlich dankbar, wenn wir kommen.“ Mit ihnen ein wenig Zeit zu verbringen, einfach mal etwas zu quatschen: Das versuchen Sarah Weber und ihre Kolleginnen trotz ihres engen Stundenplans irgendwie möglich zu machen.

Info: Drei Sozialstationen der Caritas gibt es in Bochum

In der ambulanten Pflege der Caritas-Sozialstation in Wiemelhausen kümmern sich 30 Mitarbeiter um etwa 300 Patienten. Insgesamt betreibt die Caritas drei Sozialstationen in Bochum. Nähere Informationen: Tel. 0234 / 430576 und caritas-bochum.de

In unserer Serie „Corona-Helden“ porträtieren wir Menschen, die sich während der Corona-Krise besonders um andere verdient gemacht haben, aber nur selten im Mittelpunkt stehen, etwa Busfahrer, Putzkräfte, Kassierer oder Altenpfleger.