Bochum. Friseurin Leman Alp macht Bewohnerinnen des Frauenhauses in Bochum ein besonders Geschenk: Sie erfüllt ihnen alle Wünsche rund ums Haar.

Seit 10 Jahren wohnt Fatima bereits in Deutschland, zum Friseur aber ist sie noch nie gegangen. Auch Yvonne kann sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal dort war. Die Gründe der Bewohnerinnen aus dem Bochumer Frauenhaus sind vielfältig: Angst vor der Öffentlichkeit, finanzielle Engpässe oder Schwierigkeiten damit, sich etwas selbst zu gönnen.

Christine Baier, Melisa Kurtova, Chefin Leman Alp und Soumar Akid (von links) haben den Friseursalon einen Tag lang nur für die Bewohnerinnen des Bochumer Frauenhauses geöffnet.
Christine Baier, Melisa Kurtova, Chefin Leman Alp und Soumar Akid (von links) haben den Friseursalon einen Tag lang nur für die Bewohnerinnen des Bochumer Frauenhauses geöffnet. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Friseurin Leman Alp aus dem Salon „Über Kurz oder Lang“ will das ändern: Sie hat sieben Bewohnerinnen des Frauenhauses eingeladen, um sie nach allen Lehren der Friseurkunst zu verwöhnen: Ob Waschen, Schneiden, Färben, Locken, Strähnchen oder Highlights – Alp erfüllt den Frauen an diesem Tag jeden Wunsch. „Mein Laden bleibt dafür heute geschlossen“, sagt die Friseurin, die ihren Salon seit 15 Jahren führt. Die Aktion findet zum vierten Mal statt – immer zeitnah zum Weltfrauentag. Bezahlen müssen die Frauen für das Verwöhnprogramm nichts, es ist eine Spende von Alp.

Eine neue Frisur stärkt das Selbstbewusstsein

„Ich bin selbst eine Frau und weiß, wie schön es ist, eine tolle Frisur zu bekommen“, sagt sie. Sie wolle dazu beitragen, dass die Frauen sich nicht selbst vergessen. „Es sind für mich ganz normale Kundinnen. Wie alle Frauen, wollen sie einfach hübsch aussehen“, sagt Alp. Während Hanins Ansatz gefärbt wird und Highlights gesetzt werden, bekommt Yvonne ihre Augenbrauen gezupft. „Ich möchte eine komplette Typveränderung“, sagt Yvonne. Dadurch, dass der Anstoß von außen gekommen sei, könne sie diesen Wunsch endlich umsetzen.

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Was genau gemacht werden soll, hat sie aber noch nicht entschieden. Feststeht nur: „Hauptsache ganz anders. So kann man auch besser einen neuen Lebensabschnitt beginnen“, sagt Yvonne. Denn auch wenn die Frauen bei ihrem Friseurbesuch Ablenkung und Fürsorge erleben – viele von ihnen haben Schreckliches erlebt. Ihre Geschichten handeln von häuslicher Gewalt oder Verfolgung, oft hat das ihr Selbstbewusstsein nachhaltig geschädigt. Auch die Leiterin des Frauenhauses, Ulrike Langer, ist mit von der Partie: „Viele Frauen würden sich einen Besuch beim Friseur von alleine nicht gönnen“, weiß sie. Langer ist sich sicher, dass eine neue Frisur einen positiven Effekt auf das Selbstbewusstsein hat.

Plätze wurden an die Bewohnerinnen des Bochumer Frauenhauses verlost

Umzug aufgrund eines Brandes

Leman Alp ist mit ihrem Friseursalon aufgrund eines Brandes im vergangenen Jahr umgezogen: Er befindet sich nun an der Hattingerstraße 247. Ihre Aktion stellt die Friseurin anlässlich des Weltfrauentages unter das Motto „Man(n) schlägt nicht!“.

Das Frauenhaus Bochum bietet bedrohten und körperlich oder seelisch misshandelten Frauen und ihren Kindern Schutz vor Gewalt. Betreiber ist die Caritas.

„Wir haben derzeit 15 Bewohnerinnen – alle wollten mit“, berichtet Langer. Weil die Plätze aber nicht ausreichten, musste gelost werden. Nadine hatte Glück, sie hat einen Platz bekommen. „Ich werde Locken bekommen. Dazu haben mir mehrere Frauen geraten“, erzählt sie. In der Gruppe falle es ihr leichter, zum Friseur zu gehen. „Das macht Spaß und man traut sich mehr“, findet sie. Ohne die Aktion, da ist sich Nadine sicher, wäre sie nicht zum Friseur gegangen.

Einen Platz weiter bekommt Fatumata eine neue Haarfarbe: Erst wollte sie unbedingt blond werden, nach der Beratung hat sie sich aber für rot entschieden. „Es tut gut, hier zu sitzen“, sagt sie und lässt den Blick durch den Friseursalon schweifen: Auch Sekt und Gebäck gehören zum heutigen Verwöhnprogramm. Endlich ist Fatima an der Reihe: „Ich möchte braune Haare, das ist schon lange mein Wunsch“, erzählt die schwarzhaarige Frau. Sie trage normalerweise ein Kopftuch und habe ihre Haare daher nie vielen Menschen gezeigt. „Das mache ich jetzt einfach nur für mich“, sagt sie.

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