Wiemelhausen. Anwohner aus Bochum bezeichnen einen Gabenzaun in ihrem Viertel als Schandfleck. Arbeiter-Samariter-Bund und die Gemeinde wollen nachbessern.

Seit einigen Wochen steht im Kirchviertel ein Gabenzaun für Bedürftige. Sein Sinn und Zweck ist es, dass Menschen die Kleidung, die sie nicht mehr benötigen, spenden. Dazu hängen sie die Gaben in Tüten an den Zaun. Wer es brauchen kann, nimmt es mit. Doch die Idee sorgt nun für Ärger in Wiemelhausen.

Der Gabenzaun ist ein erstes Projekt von Nicole Brandenburger, die seit Januar dieses Jahres die Sozialen Dienste des Arbeiter-Samariter-Bunds in Bochum leitet. „Ich fahre täglich hier vorbei und schaue, wie es aussieht“, so Brandenburger. Zu dem Projekt gehöre es selbstverständlich, dass sie aufgerissene Tüten und unbrauchbare Dinge regelmäßig entfernt, versichert sie.

„Schandfleck für Bochum-Wiemelhausen“

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Doch in den Augen mancher Bürger ist das keinesfalls ausreichend: „Ich habe noch keinen gehört, der das gut findet. Es ist ein Schandfleck. Die Leute bringen dort ihren Müll hin“, sagt die Wiemelhausenerin Brigitte Nölting.

Die Kehrseite des Gabenzauns: Einige Leute stellen komplette Müllsäcke ab. Dieses unansehnliche Bild ärgert die Bewohner im Kirchviertel. Der ASB Bochum hat in Kooperation mit St. Johannes den Gabenzaun aufgestellt.
Die Kehrseite des Gabenzauns: Einige Leute stellen komplette Müllsäcke ab. Dieses unansehnliche Bild ärgert die Bewohner im Kirchviertel. Der ASB Bochum hat in Kooperation mit St. Johannes den Gabenzaun aufgestellt. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Der Kirchplatz sei für die Bürger ein schöner Verweilort, der durch den Gabenzaun nun unansehnlich werde, so die 68-Jährige. Auch im sozialen Netzwerk Facebook diskutieren Bochumer in der Stadtgruppe die Situation am Gabenzaun und kommen zu dem Fazit: Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht.

Schild soll die Regeln verdeutlichen

Und in der Tat stehen bei dem Treffen mit Nicole Brandenburger vier große graue Müllsäcke vor dem Zaun. „Die nehmen wir mit und schauen, was wir an den Zaun hängen können“, so Brandenburger. In Kürze soll ein großes Schild am Gabenzaun die Regeln für die Spenden verdeutlichen.

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Brauchbare Kleidung, Spielsachen oder nützliche Gegenstände, aber keine Lebensmittel oder Hygieneartikel, sollen in durchsichtige Tüten, wasserdicht verknotet verpackt und mit einer Inhaltsbeschriftung versehen werden: Männer-, Frauen- oder Kinderkleidung und die Größen. Diese Transparenz soll künftig verhindern, dass Säcke aufgerissen werden.

Gemeinde begrüßt Grundidee

Dass die Situation aktuell nicht optimal ist, findet auch Stephani Adams, Vorsitzende des Gemeinderats St. Johannes. Der Gemeinderat hat dem sozialen Projekt auf dem Kirchengrundstück einstimmig zugestimmt und begrüßt die Idee grundsätzlich.

„Dass es kein Schmuckstück wird, war klar. Aber die Situation, wie sie sich am Wochenende dargestellt hat, ist sicher nicht akzeptabel. Da besteht Regelungsbedarf. Wir überlegen, ob nicht auch ein anderer Standort auf dem Kirchengrundstück in Frage kommt. Es ist nicht so, dass wir die Augen vor dem Leid in unserer Mitte verschließen wollen, aber der jetzige Standort ist sehr prominent und dient zum Beispiel den Bewohnern des St. Johannes-Stifts als Erholungsort.“

Auf dem Wochenmarkt mit Kritikern ins Gespräch kommen

Nicole Brandenburger vom ASB steht zu ihrem Projekt und möchte in Kürze mit einem Stand donnerstags auf dem Wochenmarkt im Kirchviertel mit den Bürgern ins Gespräch kommen. „Wir sehen ja, dass die Spenden angenommen werden. Und dass so ein Projekt polarisiert, ist klar. Ich denke, da hilft vor allem Kommunikation“, so die Leiterin der Sozialen Dienste. Das wird sicher nötig sein.

Denn während des Gesprächs mit Nicole Brandenburger kommt ein Gemeindemitglied auf sie zugestürmt und beklagt sich bitter über den Zustand des Ortes nach dem sonntäglichen Kirchgang und verspricht: „Wir beobachten das!“

Auf der anderen Seite kommen aber auch eine junge Frau und ein gut gekleideter Herr ohne Müll im Gepäck, um hier etwas zu spenden. Aktuell bleibt noch unklar, was aus dem Gabenzaun im Kirchviertel wird. Eines ist jedoch gewiss: Es gibt immer zwei Seiten.