Bochum-Wiemelhausen. Bochum historisch: „Julius Philipp“ an der Markstraße in Wiemelhausen ist einer der wenigen erhalten gebliebenen Malakowtürme im Ruhrgebiet.
Abseits der üblichen Wege, eröffnen sich auch in Wiemelhausen unerwartete Blickwinkel. Etwa rund um den alten Zechenturm an der Markstraße.
Wem der Weg nach Brenschede über die Stiepeler Straße - wegen der offenbar nicht enden wollenden Baustelle dort – zu nervig ist, der findet „hintenrum“ Entspannung. Über Pfade zwischen den mehrgeschossigen Häusern abseits der Markstraße gelangt man zum Sportplatz von Concordia Wiemelhausen und, an dessen Umzäunung vorbei, durch schöne Grünwege ebenfalls ins Kirchviertel. Besonders imposant dabei ist der unverstellte Blick auf den wuchtigen Malakowturm der ehemaligen Zeche „Julius Philipp“: ein Riesenbau aus Backsteinen, 30 Meter hoch, auf dem in großen Lettern der Name des ehemaligen Bergwerks prangt.
Jahrhundertelang landwirtschaftlich geprägt
143 Jahre nach seiner Entstehung, ist der Turm ein stummes Zeichen für die Entwicklung, die das einstige Dorf genommen hat. Seine jahrhundertelange landwirtschaftliche Prägung hatte Wiemelhausen schon vor langer Zeit verloren, denn wie eigentlich alle Bochumer Stadtteile wurde auch Wiemelhausen vom Bergbau geprägt.
Namensherkunft
Die ursprünglich umgangssprachliche Bezeichnung der Fördertürme geht auf das Fort Malakow zurück, einer Festung vor Sewastopol, die im Krimkrieg von 1853 bis 1856 lange belagert und umkämpft war. Es handelt sich um massive Bauwerke aus Mauerwerk mit einer festungsähnlichen Architektur.
Die stabile Bauweise der Türme aus bis zu drei Meter dickem Ziegelmauerwerk (und eine versteifte Konstruktion im Inneren) ermöglichte es, die Seilscheiben zu halten und die enormen Zugkräfte der Fördermaschinen aufzufangen.
Die erste Kohle-Mutung datiert von 1766 auf ein Flöz namens „Alte Mißgunst“; 1767 wurde die Anlage eines „Tiefen Stollens“ genehmigt, aus der zunächst die Zeche Glücksburg und dann 1863 die Zeche Julius Philipp hervorging. Das Bergwerk war eine der ersten Tiefbauzechen Bochums, gefördert wurden Hausbrand- und Kokskohlen. Der Name geht auf den Unternehmer Julius Philipp Heintzmann zurück, nach dem der Julius Philipp Erbstollen benannt wurde, der 1783 im Lottental zur Entwässerung mehrerer Kohleflöze angelegt worden war.
Von der Zeche Prinz Regent übernommen
1904 wurde das Grubenfeld Julius Philipp von der Zeche Prinz Regent übernommen. Die Schächte wurden weiter genutzt, jedoch die Förderung 1908 eingestellt. Die Zeche Prinz-Regent schloss bereits 1960; damit war die Kohlezeit auch in Wiemelhausen zu Ende. Die Betriebsfläche von „Julius Philipp“ wurde großflächig abgeräumt, in den 1970er Jahren entstand die Wohnsiedlung mit Blick auf den Turm, für dessen Erhalt als Industriedenkmal sich damals viele Bürger einsetzten.
So konnte der stark renovierungsbedürftige „Trumm“ nicht nur erhalten, sondern nach der Renovierung auch einer neuen Nutzung zugeführt werden. Seit 1990 befindet sich im Malakowturm, der 1877 errichtet worden war, die Medizinhistorische Sammlung der Ruhr-Universität. Diese Lehr- und Forschungssammlung umfasst mit mehr als 10.000 Einzelstücken vom Stethoskop bis zum Operationsbesteck das gesamte Spektrum der Medizintechnik des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts.
„Julius Philipp“ ist einer von nur 13 erhalten gebliebenen Malakowtürmen, von denen es einst über 100 im Ruhrgebiet gab. Die steinernen Bauten sind die architektonischen Vorläufer der später entwickelten stählernen Fördergerüste über den Schächten der Zechen. In Bochum findet man Malakowtürme in Hordel (Zeche Hannover), Hamme (Zeche Carolinenglück) und in Stiepel (Bliestollen). Sie stehen für über zwei Jahrhunderte Bochumer Bergbauvergangenheit.