Bochum/Essen/Herne/Duisburg. Vier Frauen und ein Mann (20 bis 21) aus Herne und Gelsenkirchen stehen in Bochum wegen Überfällen auf Freier vor Gericht. Tatwaffe: KO-Tropfen.
In der Anklage ist von „Beibringung von Gift“, „hinterlistigen Überfällen“ und von Lebensgefahr die Rede. Auf der Anklagebank am Landgericht Bochum sitzen vier junge Frauen und ein junger Mann (20 bis 21). Sie sollen mehrere Männer in eine Sexfalle gelockt, mit KO-Tropfen betäubt und ausgeraubt haben.
Seit Freitag stehen die Frauen (drei aus Herne, eine aus Gelsenkirchen) und der Mann aus Herne vor der 8. Jugendstrafkammer. Laut Anklage bildeten sie eine „bandenmäßig strukturierte Gruppierung“. Über die Internetportale markt.de und kaufmich.com sollen sich die Frauen zum Geschlechtsverkehr angeboten haben in den Wohnungen der Freier, für Preise zwischen 100 und 170 Euro.
In einem unbeobachteten Moment KO-Tropfen in den Alkohol gemischt
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„Kostenlos“ soll dann immer noch eine zweite Frau mitgebracht worden sein. Bevor es aber zum Sex kam, wurde laut Anklage das Geld bezahlt und noch ein Gläschen Alkohol getrunken. In einem unbeobachteten Moment sollen die Frauen dann KO-Tropfen in das Glas der Männer gekippt haben, so dass sie das Bewusstsein verloren.
Direkt anschließend wurde den Männern die Wohnung ausgeraubt, indem weitere Mitglieder der Bande am Tatort erschienen, alles durchwühlten und Wertsachen einsammelten. Der Wert der Raubbeute - Handys, Parfüm, Kosmetika, Laptops, Playstations, Bargeld und sogar ein Nackenmassagegerät und ein Ehering – lag zwischen 630 und 5000 Euro.
Tatorte waren Bochum, Essen, Duisburg und Kamen
Die Anklage listet sechs Fälle zwischen 30. Oktober und 6. Dezember 2018: drei in Essen, einen in Duisburg, einer in Kamen, einer in Bochum.
Alle Fälle waren sehr schwer, weil die Opfer, meist schon ältere Männer, stundenlang bewusstlos waren und sich teilweise in diesem Zustand übergeben mussten, sich einnässten oder Übelkeit, Kreislaufprobleme und starke Kopfschmerzen hatten.
Prozess erst zweieinhalb Jahre nach den Taten
Aufgrund des Verbrechens in Bochum ist die Kripo den Angeklagten später auf die Spur gekommen.Dass der Prozess erst jetzt beginnt, lag an aufwendigen Ermittlungen und justizinternen Uneinigkeiten zur Zuständigkeit des Gerichts.Die 8. Strafkammer hat fünf weitere Verhandlungstage bis 29. April terminiert.
Der schwerste Fall aber ereignete sich in Altenbochum. Dort schlug das Opfer nach den KO-Tropfen mehrfach mit dem Kopf auf den Boden, begann zu krampfen. Sein Zustand war kritisch. Der Mann musste in ein künstliches Koma versetzt werden. Erst sechs Tage später erwachte er. Eine Nachbarin hatte das Aufschlagen des Kopfes gehört und war ihm zu Hilfe geeilt. Sie fand ihn in seinem Erbrochenen liegen.
Flucht aus Angst vor Entdeckung
Aus Angst vor Entdeckung sollen die Angeklagten ohne Beute geflüchtet sein.
Erst am Montag werden sich die Angeklagten zu den Vorwürfen äußern. Zumindest eine der Frauen soll aber geständig sein, hieß es am Rande des Prozessauftaktes. Teile der Beute wurden bei einigen Angeklagten gefunden. Auch das Opfer aus Bochum wird am Montag im Zeugenstand erwartet.