Bochum. Das Schauspielhaus Bochum ließ Künstler aus Übersee einfliegen, zwei sind nun an Corona erkrankt. Das Theater kassiert für sein Vorgehen Kritik.
Das Schauspielhaus Bochum steht schwer in der Kritik: Das Theater hatte drei Künstler aus Südamerika für Proben eines Ein-Personen-Stücks einfliegen lassen. Zwei von ihnen haben sich mit Corona infiziert.
Die WAZ-Berichterstattung, die den Vorfall öffentlich machte, ist von Medien und in den Sozialen Netzwerken aufgegriffen worden. Tenor: Wie kann es das Schauspielhaus Bochum verantworten, in Zeiten der weltweiten Pandemie Künstler und Künstlerinnen aus Übersee einzuladen? Hätten die Proben für die Inszenierung „Noise. Das Rauschen der Menge“ nicht auch bis zu Abklingen der Pandemie Zeit gehabt – zumal ein Aufführungstermin wegen des geschlossenen Spielbetriebs gar nicht absehbar ist?
Hier den WAZ Corona Newsletter abonnieren
Das Schauspielhaus Bochum fliegt während der Corona-Pandemie Gäste aus Südamerika ein: Hier gibt es weitere Informationen
- Ein Skandal: Das Schauspielhaus Bochum hat Künstler aus Südamerika einfliegen lassen und zahlt nun das kalkulierte Risiko mit einer Corona-Infektion.
- Lesen Sie hier den Hintergrund: Das Schauspielhaus Bochum hat für Proben Gast-Künstler aus Südamerika einfliegen lassen. Zwei wurden in Deutschland positiv auf Corona getestet.
Die Kritik folgt zumeist der gleichen Stoßrichtung. Der Vorwurf: Während seit einem Jahr Clubs geschlossen sind, keine Konzerte mehr stattfinden dürfen und kleine Veranstalter oder Bühnen gar nicht oder nur im Notbetrieb arbeiten, erweist sich das hochsubventionierte Schauspielhaus nicht gerade als Vorbild. „Es ist ja nichts dagegen einzuwenden, Künstler aus Südamerika einzufliegen, allerdings: ob das in Corona-Zeiten sinnvoll war? Da hätte man doch bestimmt auch Künstler aus dem Umkreis verpflichten können“, lautet einer der zahlreichen Kommentare auf dem Facebook-Account der WAZ Bochum.
FDP will zur Sache eine Anfrage im Kulturausschuss stellen
Die FDP im Rat hat sich als erste Partei vor Ort zu der Causa geäußert. „Die Politik erwartet von den Bürgerinnen und Bürgern, dass sie zum Infektionsschutz auf unnötige Kontakte verzichtet. Und das Schauspielhaus fliegt Künstler für die Proben eines Stückes ein, dessen Premiere noch gar nicht feststeht. Das passt nicht zusammen“, kritisiert Jacqueline Kraemer, kulturpolitische Sprecherin der FDP-Ratsfraktion. Damit verstimme das Schauspielhaus die Menschen, „die derzeit auf vieles verzichten.“ Sie werde dazu in der nächsten Sitzung des Kulturausschusses eine Anfrage stellen, kündigte Kraemer an.
Proben müssen weitergehen
Den Probenbetrieb am Schauspielhaus Bochum als öffentlich geförderte Spielstätte einzustellen, obliegt grundsätzlich nicht der Entscheidung des Theaters.
„Solange nicht von der Politik die Einstellung des Probenbetriebs verfügt wird, ist das Haus verpflichtet, weiterzuarbeiten und Vorbereitungen zu treffen für ein Ende des Lockdowns“, teilt das Schauspielhaus mit.
Das Schauspielhaus Bochum macht zum Gesundheitszustand der Mitarbeiter grundsätzlich keine Angaben, und auch nicht dazu, ob die chilenischen Künstler mit oder ohne Angehörige eingereist sind. Das verbiete der Datenschutz, hieß es. Die generelle Kritik daran, dass man Akteure aus Südamerika nach Bochum geholt hat, werde aber sehr ernst genommen.
Premiere der Produktion „Noise“ war für Mai vorgesehen
„Allerdings hat das Theater keineswegs Künstler und Künstlerinnen lediglich für ein paar wenige Proben einfliegen lassen. Vielmehr erschien bei Probenbeginn von ,Noise‘ im Februar ein Aufführungstermin im Mai bzw. ein Livestream im Rahmen des Online-Programms wahrscheinlich“, so das Theater. Die Kosten der deutsch-chilenischen Co-Produktion werden auf 40.000 Euro beziffert, darin inkludiert sind die Flugtickets für die drei beteiligten Künstler.
Schauspielhaus versteht sich als internationales Theater
Das Schauspielhaus Bochum verstehe sich als internationales Theater, in dem Künstlerinnen und Künstler unterschiedlicher Nationen und Kulturen eine kreative Heimat finden. Nichtsdestotrotz müsse jede Reisetätigkeit auf ihre Notwendigkeit überprüft und der Flugverkehr so gering wie möglich gehalten werden. Diesem Anspruch gelte es, gerecht zu bleiben, teilt das Theater mit.