Bochum. Der VfL Bochum in Liga 1: Davon träumen die Fans. PR-Profis erkennen auch große Vorteile für die Stadt. Was wäre wenn? Wir haben die Antworten.

Was wäre der Aufstieg des VfL Bochum in die 1. Fußball-Bundesliga wert? Für eingefleischte Blau-Weiße keine Frage. „Nicht weniger als: alles!“, grinst Frederik Kaulmann (31), einer der Tausenden VfL-Fans, die am Samstag beim Spiel gegen Paderborn (13 Uhr) wieder vor dem Bildschirm mitfiebern werden. Aber was verbinden Werbeprofis und Marketing-Experten mit einer möglichen Rückkehr ins Oberhaus? Die WAZ geht in die Offensive.

Eine Marke zu entwickeln und gut aufzustellen: Damit kennt Guido Beck sich bestens aus. Als Chef der Bochumer Werbeagentur „Beckdesign“ beobachtet er mit Freude, wie sich die öffentliche Wahrnehmung seiner Heimatstadt gewandelt hat. Weg vom Ruhrpott-Klischee. Hin zum Hotspot für Wissen und Live-Kultur. Diesen Wandel durchlebe auch der VfL – auch wenn dem Club das Graue-Maus-Image nach wie vor anhafte. „Ein Aufstieg könnte die Stadt und zugleich den Verein als Marke weiter etablieren: traditionsbewusst, aber modern und zukunftsgewandt, ähnlich wie zum Beispiel der FC Freiburg“, sagt Guido Beck. Die „unbezahlbare“ Medienpräsenz in Liga 1 würde dabei enorm helfen. Voraussetzung: Die einst Unabsteigbaren knüpfen an ihren historischen Nimbus an und bleiben dauerhaft erstklassig.

VfL vor dem Aufstieg: Stadtwerber sehen Stärkung für Tourismus

Von „signifikanter Bedeutung für die Stadt“ wäre ein Aufstieg, heißt es auch bei der Bochum Marketing GmbH. Sprecher Christian Krumm ist Fachmann. Vor seiner neuen Mission in Bochum war er Pressesprecher bei Fortuna Düsseldorf. Er erkennt – wenn es Corona wieder zulässt – einen Aufschwung für den Tourismus. „Viele etablierte Bundesligisten haben eine breite und reisefreudige Fanbasis, die den Aufenthalt in der Stadt auch mit Besuchen von kulturellen Veranstaltungen verbinden würde.“

Die Berichterstattung über die Bundesliga habe seit dem VfL-Abstieg vor elf Jahren deutlich zugenommen. Krumm: „Vor allem rund um Spiele gegen den FC Bayern München oder die Derbys gegen Borussia Dortmund wären nicht nur die heimischen Fans elektrisiert, sondern auch das Aufkommen der Medien sehr groß. Auch von diesem Fokus würde die Stadt Bochum profitieren.“

Die Älteren werden sich erinnern: So sah es im Vonovia Ruhrstadion zuletzt im März 2020 aus. Jetzt fiebern die VfL-Fans vor dem Bildschirm mit – und hoffen auf den Aufstieg.
Die Älteren werden sich erinnern: So sah es im Vonovia Ruhrstadion zuletzt im März 2020 aus. Jetzt fiebern die VfL-Fans vor dem Bildschirm mit – und hoffen auf den Aufstieg. © WAZ FotoPool | Udo Kreikenbohm

Werbeerlöse könnten deutlich steigen

Und die ganze Region ebenso, meint Axel Biermann, Chef der Ruhr Tourismus GmbH. „Fußball ist ein prägendes Element in der Ruhrgebiets-Identität“, weiß Biermann. Deshalb freuen wir uns, dass mit dem VfL Bochum ein echter Ruhrgebiets-Traditionsverein voraussichtlich in die erste Bundesliga aufsteigt.“ Biermann bekräftigt die Bochumer Stadtwerber: „Auch touristisch bietet der Aufstieg viel Potenzial, denn der Besuch im Stadion ist für Besucher ein authentisches Erlebnis. Gleichzeitig betrübt uns der Abstieg des FC Schalke 04, der immer wahrscheinlicher wird. Wir hoffen auf eine baldige Wiederkehr in die erste Bundesliga.“

Fußball-Studie: Gute Noten für den VfL

Auch nach elf Jahren in Liga 2 zählt der VfL Bochum zu den bekanntesten und beliebtesten Fußballvereinen in Deutschland. Das dokumentiert die „Fußballstudie“ der Technischen Universität Braunschweig.

Bei einer repräsentativen Befragung von 4000 Personen im Jahr 2019 belegt der VfL bei der „Markenmeisterschaft“ unter allen 36 Erst- und Zweitligisten den 7. Platz. Entscheidende Kriterien waren Bekanntheit, Attraktivität und Sympathie. Spitze ist Borussia Dortmund.

In einem eigenen Sympathie-Ranking schneidet der VfL Bochum auf Platz 9 ebenfalls gut ab. Tabellenführer sind hier der SC Freiburg und der FC St. Pauli. Letzter ist der FC Bayern München.

Dass es bei einem Aufstieg wohl zu keinem Derby mit den Königsblauen käme, könnte der VfL verschmerzen. Die TV-Gelder würden sprudeln. Der steigende Werbewert würde sich in erhöhten Werbeeinnahmen widerspiegeln. An der Castroper Straße könnten die Verträge mit den Werbepartnern an Erstliga-Konditionen angepasst werden. Im Sommer 2021 läuft der Vertrag mit dem Namensgeber des Stadions, dem Bochumer Wohnungsunternehmen Vonovia, aus. Er wurde Ende 2020 vorzeitig um fünf weitere Jahre bis 2026 verlängert. Natürlich auch mit dem Segen der Stadt, der Eigentümerin des Stadions. Der Vertrag gilt auch für die 1. und 3. Liga – preislich jeweils nach oben und unten angepasst.

Fußballautor: Spielt für meine Jungs!

Bisher zahlt Vonovia für die Namensrechte sowie weitere, kleinere Werbeleistungen wie Bandenwerbung nach WAZ-Informationen rund 800.000 Euro pro Saison. Der neue Kontrakt bewegt sich auf vergleichbarem, laut VfL „marktkonformem“ Niveau. Als Trikotsponsor wirbt seit 2018 der holländische Bekleidungshersteller Tricorp. Die Laufzeit von drei Jahren endet mit dieser Saison.

Einen ureigenen Wert als Familienvater hätte der ersehnte Aufstieg für Ben Redelings. Der Fußball-Autor („Fußball ist nicht das Wichtigste im Leben. Es ist das Einzige“) habe seine Kinder „immer sehr streng erzogen“, schreibt Redelings auf Anfrage der WAZ. „Sie dürfen immer nur die Liga schauen, in der der VfL spielt. Also seit ihrer Geburt die Zweite! Ich würde es ihnen von Herzen gönnen, dass sie neben Sandhausen und Heidenheim endlich auch einmal München und Bremen kennenlernen dürfen. Also: Tue es für meine Jungs, VfL!“

Vorschauen, Spielberichte, Analysen: Mit unserem VfL-Newsletter verpassen Sie nichts. Hier anmelden!