Bochum. Durch die Pandemie ist zu Ostern vieles anders. Für die Zisterzienser in Bochum-Stiepel besitzt der Leidensweg Christi bittere Aktualität.
Die letzten Stunden im Leben von Jesus Christus sind auf dem Kreuzweg verewigt. Von der Verurteilung durch Pontius Pilatus über den quälend langen Gang entlang der Via Dolorosa in Jerusalem bis zur Kreuzigung und Grablegung verfolgt man hier den Leidensweg Christi – als Bildergeschichte für die Ewigkeit festgehalten zumeist in 14 Stationen.
Doch weiß heutzutage noch jeder, was genau einst auf dem Berg Golgotha geschah? Pater Maurus Zerb, der als Prior dem Zisterzienser-Kloster in Bochum-Stiepel vorsteht, hat darauf eine treffende Antwort: „Der Kreuzweg ist erschreckend aktuell“, sagt er. „Um das zu verstehen, braucht man nur die Nachrichten einzuschalten.“
Im Stiepeler Kloster gibt es zwei Kreuzwege
Um an das Leiden Christi zu erinnern, sind Millionen Christen jedes Jahr an Karfreitag auf Kreuzwegen in aller Welt unterwegs. Im Stiepeler Kloster gibt es gleich zwei davon: Einer befindet sich seit den 1920er Jahren im Wald direkt neben der Wallfahrtskirche, der andere im Kreuzgang des Klosters. Hier innezuhalten, gehört für die Mönche zum täglichen Ritual, wobei sie zumeist die etwas abgeschiedenere Andacht innerhalb ihres Konvents bevorzugen. „Im Wald ist gerade an den Wochenenden viel los“, sagt Pater Maurus. „Da fällt es mitunter schwer, etwas Ruhe zu finden.“
+++ Täglich wissen, was in Bochum passiert: Hier kostenlos für den WAZ-Bochum-Newsletter anmelden! +++
Doch auch der Kreuzweg im Wald wird von den Glaubensbrüdern gepflegt: Gerade vor den großen Prozessionen zu Karfreitag, die wegen Corona nun schon zum zweiten Mal nicht mehr öffentlich stattfinden können, werden die Wege gefegt und die einzelnen Stationen mit Blumen geschmückt. „Das machen wir vorher immer mit ein paar Freiwilligen und geht ganz flott“, sagt Pater Alban. Normalerweise nehmen an den Prozessionen zu Karfreitag über 80 Gläubige teil, die Mönche schleppen dann in Erinnerung an das Leiden Christi ein schweres Holzkreuz die steilen Waldwege entlang.
Eine Geschichte von zeitloser Größe
Derlei Passionsspiele müssen in diesen denkwürdigen Zeiten natürlich ausfallen. Dabei ist die Geschichte, die an den Stationen des Kreuzwegs erzählt wird, von zeitloser Größe. „Gott gibt uns darin den Hinweis, dass er den Menschen das Leid nicht ersparen kann“, sagt der Prior. „Auch Jesus hat gelitten und ist wahnsinnig ungerecht behandelt worden. Wie hat er das alles bloß ertragen?“ Die Antwort liegt zumindest für gläubige Menschen auf der Hand: „Jesus trägt das Kreuz nicht alleine, denn der Herr ist an seiner Seite. Das gibt Hoffnung auch in ganz schweren Zeiten.“
„Keine Mutter sollte ihrem Kind beim Sterben zusehen müssen“
Vor allem die vierte Station bewegt Pater Maurus besonders. Hier wird die Begegnung Jesu mit seiner Mutter dargestellt. Vor Erschöpfung geht er in die Knie, während sie ihn zärtlich am Arm fasst. „Das ist ein fürchterlicher Moment, da treibt‘s mir jedes Mal die Tränen in die Augen“, sagt er. „Keine Mutter sollte ihrem Kind beim Sterben zusehen müssen.“
Und doch: Wenn er im Fernsehen die neuesten Sendungen zur Corona-Lage ansieht, dann fühlt sich Pater Maurus nicht selten genau an dieses Bild erinnert. „Da sieht man, wie Angehörige um ihre Geliebten in den Krankenhäusern trauern. Auf einmal bekommt der Kreuzweg erschreckende Aktualität.“
Info: Kreuzweg wurde zum Opfer von Vandalismus
Schon zweimal wurde der Kreuzweg im Kirchwald des Stiepeler Klosters zum Opfer von Vandalismus. Zuerst in den 1990er Jahren, als die zwölfte Station verschwand, dann 2006. Daraufhin wurden die Holzstelen von stabilen Rohren aus Edelstahl ersetzt, die alten Holzbilder finden sich jetzt innerhalb des Klosters.
Die Teilnahme an den Gottesdiensten in der Wallfahrtskirche ist derzeit nur nach Anmeldung möglich. Alle Infos: kloster-stiepel.org