Bochum/Witten/Hattingen. Die uneinheitliche Maskenpflicht am Kemnader See sorgt bei vielen Besuchern für Ärger. Die meisten wissen gar nichts davon. Ein Stimmungsbild.
Es ist 11.59 Uhr auf dem Parkplatz Heveney am Kemnader See. Noch eine Minute, dann müssten alle Menschen, die sich bei dem schönen Wetter tummeln, eine Maske aufsetzen. So sieht es die neue Corona-Schutzverordnung der Stadt Bochum vor. 60 Sekunden später hat sich das Bild – wen wundert’s? – nicht verändert. Denn kaum jemand weiß, dass auch am Kemnader See jetzt in der Zeit von 12 bis 18 Uhr Maskenpflicht gilt.
Kemnader See: Auf Bochumer Seite Maskenpflicht total, in Witten nur vereinzelt – Besucher verwirrt
Die Verwirrung am Kemnader See ist unter den Besuchern ebenso groß wie der Ärger. Nicht nur, dass sich viele schlecht bis gar nicht über die seit Dienstag geltende Maskenpflicht informiert fühlen. Sie kritisieren auch, dass zwischen den Städten Bochum und Witten keine einheitliche Lösung gefunden wurde. Denn während auf Bochumer Gebiet, dem Nordufer, durchgehend Maske getragen werden muss, gilt das im südlichen Teil in Witten nur auf den Brücken.
„Ganz oder gar nicht. Dieses Hin- und Her ist schrecklich“, findet Dagmar Rietfort aus Bottrop, die mit ihren Töchtern Linda und Maike einen Ausflug zum Kemnader See macht und gerade über die Fußgängerbrücke am Hafen Heveney von Wittener auf Bochumer Stadtgebiet wechselt. Ab hier gilt Maskenpflicht. Von dieser wussten sie nichts. Jetzt greifen sie schnell zur Schutzmaske, sind aber skeptisch: „Jeder mit gesundem Menschenverstand schafft es doch auch so, hier Abstand zu halten.“
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Ein älteres Ehepaar aus Witten, das anonym bleiben möchte, schlendert derweil maskiert über die Brücke. „Wir haben aus der WAZ von der Maskenpflicht erfahren“, erzählen sie, sind aber dennoch verärgert. „Wäre eine gute Idee, auch mal Schilder aufzuhängen“, sagt der Mann mir ironischem Unterton. Das soll, erfährt die WAZ wenig später, passieren. In Bochum laut Stadt noch im Laufe des Mittwochs, in Witten voraussichtlich am Donnerstag, heißt es aus dem Rathaus.
Die Frau fragt sich aufgrund der unterschiedlichen Handhabung der Maskenpflicht, „ob das Virus in Bochum ein anderes ist als in Witten“. Sie fände es „nur konsequent, wenn auf beiden Seiten des Sees durchgängig Maske getragen werden muss“.
Inlinerin am Kemnader See: „Da blickt doch niemand mehr durch“
Das sehen vor allem einige Sportler anders. Moritz Bayer aus Bochum hat gerade eine Laufrunde hinter sich – ohne Maske. Auch er wusste nichts von der neuen Verordnung. „Mit Maske laufen? Bei dem Wetter? Geht nicht“, sagt er und will fortan noch früher laufen – oder woanders. Am Wochenende, das findet auch Bayer, sei eine Maskenpflicht am mitunter überlaufenden See durchaus sinnvoll. „Wochentags geht es doch. Aber wenn, dann bitte auf beiden Seiten und besser kommunizieren. Woher sollen die Leute das wissen?“
Nur noch genervt sind Sheila Cynta und Lea Brkic aus Dortmund. Die beiden Studentinnen wollen gerade mit ihren Inlinern starten, als sie vom WAZ-Reporter von der Maskenpflicht erfahren. „Bescheuert“, sagt Cynta, „da blickt doch niemand mehr durch. Wir fahren hier hin, wenn nicht ganz so viel los ist. Und dann sollen wir Masken aufsetzen? Draußen, an der frischen Luft?“ Nun, sie tun es – und düsen los.
FDP fordert Nachbesserungen
Von einem Schildbürgerstreich am Kemnader See sprechen die Vorsitzenden der FDP-Ratsfraktionen von Bochum und Witten, Felix Haltt und Steffen Fröhlich.
„Wenn sich zwei benachbarte Kommunen bei einer solchen Thematik schon nicht einigen können, wie soll das denn bei weitreichenden Maßnahmen wie zum Beispiel bei Modellprojekten zur Öffnung des öffentlichen Lebens aussehen? Mit einer solch uneinheitlichen Regelung verspielt man doch nur leichtfertig die Akzeptanz in der Bevölkerung“, heißt es in einer gemeinsamen Pressemitteilung.
Aus ihrer Sicht müsse „dringend noch vor dem Osterwochenende nachgebessert werden“. Für die FDP sei klar: „Ein See, eine Regelung.“
Auch Jennifer Konow aus Bochum, die mit ihren Töchtern Paula und Frieda auf Inlinern eine Runde um den See gedreht hat, beklagt, dass man allmählich den Überblick verliert. Immerhin, sie weiß von der Maskenpflicht, hat welche dabei. Jetzt gerade haben die Drei sie allerdings abgenommen – und genießen ein Eis.
Übertrieben findet Udo Schmalstieg aus Hagen, dass auch Radfahrer Maske tragen müssen. „Ich halte auf meinem Rad doch automatisch Abstand. Außerdem ist die Ansteckungsgefahr draußen geringer.“
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Eine Befürworterin der Maskenpflicht am Kemnader See ist hingegen Simone Pohl aus Marl. Nein, auch sie hat nichts von dieser neuen Regelung gewusst. „Aber ich habe eh immer eine dabei.“ Sie ist Krankenschwester und wisse um die Bedeutung, sich und andere zu schützen. „Es ist immer besser mit Maske“, sagt sie und rollt rüber zu befreundeten Inlinern. „Habt ihr schon gehört? Hier gilt jetzt Maskenpflicht.“
So spricht es sich herum...