Bochum. Frank Baring arbeitet in einem Lebensmittelladen in Bochum. Er liebt seinen Job – doch das Verhalten einiger Kunden ärgert ihn mächtig.

Keine Frage: Ärzte und Pfleger sind federführend in der Bewältigung der Corona-Krise. Doch es gibt noch andere Berufsgruppen, die täglich wie eine Eins an der Front stehen und fürs Allgemeinwohl ihre Gesundheit riskieren. Von ihnen redet aber kaum jemand.

Busfahrer, Putzkräfte, Kassierer, Paketboten: Zu Beginn der Pandemie noch beklatscht, werden sie mittlerweile oft sogar beschimpft. In einer kleinen Serie stellen wir eine Reihe von „Corona-Helden“ vor, an die kaum jemand denkt, obwohl sie jede Anerkennung verdient hätten.

Mein Corona-Jahr

Eines schickt Frank Baring gleich vorweg: „Ich mache meinen Job gern und habe total nette Kollegen“, sagt er. Seit 33 Jahren arbeitet er als Einzelhandelskaufmann für eine große Lebensmittelkette in Bochum und kümmert sich hier vor allem darum, dass die Tiefkühlware zur rechten Zeit nachgefüllt wird. Das heißt: Baring ist von früh bis spät im Laden unterwegs und bahnt sich seinen Weg durch die engen Gänge.

Seit Corona hat sich in seinem Alltag eine Menge verändert: Nicht nur das ständige Tragen der Schutzmasken kann bei einer ohnehin schon anstrengenden Acht-Stunden-Schicht zur echten Belastungsprobe werden. Auch das Verhalten einiger Kunden habe sich während der Pandemie verändert: „Zu Beginn haben noch alle versucht, Abstand zu halten“, erzählt er. „Das hat im Laufe der Zeit echt nachgelassen.“ Nicht selten würden sich ganze Familien mit mehreren Kindern im Laden tummeln, gern auch für längere Zeit: „Da geht es manchmal zu wie auf einem Kinderspielplatz“, sagt Baring.

So ist Baring zwar darum bemüht, möglichst ausreichend Abstand zu halten: Doch wenn er mitten im Gang steht, um die Ware einzuräumen, ist das nur schwer möglich. „Ich gehe dann schonmal einfach raus, wenn es zu voll wird und lasse die Ware im Gang stehen“, erzählt er. „Das geht natürlich nur für begrenzte Zeit, denn Tiefkühlware muss schnell in die Fächer.“

Das macht ihn wütend

Frank Baring ist ein sympathischer, freundlicher Mann, doch das Verhalten einiger Kunden lässt ihn nicht selten ratlos zurück. „Es gibt welche, die achten extrem auf Abstand. Da werde ich oft nur als Hindernis wahrgenommen“, erzählt er. „Wenn ich dann mit der Ware komme, wurde ich schon oft angemotzt und gefragt, ob ich das nicht nachts machen könnte.“

Nicht selten liegen im Supermarkt die Nerven blank. Erst neulich habe er nur kurz den Einkaufswagen einer Kundin ein Stück beiseite geschoben, um besser dran vorbei kommen zu können: „Da hat sie sich aufgeregt, weil ich ihren Wagen berührt habe. Als wäre der jetzt verseucht.“

Baring wünscht sich dringend etwas mehr Wertschätzung für die unermüdliche Arbeit, die seine Kollegen und er täglich leisten. Zumal er nicht verstehen kann, warum zwischen „systemrelevanten“ Lebensmittelläden wie seinem und anderen Geschäften so unterschieden wird: „Überall im Handel komme ich momentan nur mit vorherigem Termin und festem Zeitablauf rein“, sagt er. „Nur zu uns in den Supermarkt kann jeder zu jeder Zeit einfach reinkommen, egal wie lang er bleibt.“

Das macht ihm Hoffnung

Die schwierige Zeit irgendwie durchzustehen und auf unbeschwertere Tage zu hoffen, damit hält sich Frank Baring bei Laune. „Ich wünsche mir wirklich, dass das bald vorbeigeht“, sagt er. Eine gute Nachricht ist, dass sich bislang noch keiner seiner Kollegen mit Covid-19 infiziert hat. „Angst vor dem Virus habe ich nicht, ich fühle mich fit“, meint der 55-Jährige. „Nur die möglichen Langzeitfolgen, von denen oft die Rede ist, machen mir schon Sorge.“ Trotz allem geht Frank Baring jeden Morgen gern zur Arbeit. Nur eines möchte er gerne klarstellen: „Wir sind keine Supermänner im Einzelhandel, auch wenn mancher das vielleicht glaubt.“

Info: Keine Antwort vom Arbeitsminister

Frank Baring fragt sich, warum die Mitarbeiter im Lebensmitteleinzelhandel – vor allem an den Kassen – keine Priorität beim Impfen bekommen. „Wir können den vielen Menschen nicht ausweichen, denn wir haben einen Job zu erledigen“, sagt er. "Das klappt aber leider nicht im Homeoffice."

Deswegen schrieb er sogar schon einen Brief an Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) in Berlin. Das Ergebnis ist ernüchternd: „Eine Antwort habe ich nicht bekommen.“

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