Bochum. Die Internet-Kriminalität hat 2020 zugenommen. NRW will Firmen besser schützen, ein Kompetenznetz gibt von Bochum und Bonn aus Rat und Hilfe.

Fast die Hälfte aller deutschen Mittelstandsunternehmen ist in den vergangenen Monaten Opfer von Cyber-Angriffen geworden, in drei von vier Fällen sind dabei Schäden entstanden. NRW will seine Firmen – vor allem die kleinen und mittleren – besser schützen und hat dazu ein Kompetenzzentrum gegründet. Der Hauptsitz ist in Bochum, ein weiterer Standort entsteht in Bonn.

Am Zentrum für IT-Sicherheit an der Lise-Meitner-Allee in Bochum-Querenburg wird eine der beiden Geschäftsstellen eingerichtet. „Wir freuen uns sehr, dass Bochum einer von zwei Standorten des Kompetenzzentrums für Cybersicherheit der Wirtschaft sein wird“, sagt Ralf Meyer, Geschäftsführer der Bochum Wirtschaftsentwicklung (Bowe). „Unser erklärtes Ziel ist es, aus Bochum die cyber‐sicherste Stadt Europas zu machen.“ Die Bowe hat sich nach eigenen Angaben im Ausschreibungsverfahren stark gemacht für Bochum. Insgesamt stellt NRW für das Projekt bis 2024 drei Millionen Euro zur Verfügung.

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Minister Pinkwart weist auf Schäden durch Cyber-Kriminalität hin

„Alle Unternehmen in NRW müssen sich wirkungsvoll gegen Angriffe schützen“, sagt Sebastian Barchnicki, einer der Geschäftsführer der neuen Cybersec-NRW gGmbH und Leiter des Kompetenznetzes in Bochum. „Wir müssen erklären, wie man sich wirkungsvoll schützen kann.“ Die wirtschaftlichen Schäden durch Cyber-Attacken, die etwa durch Produktionsausfälle, den Verlust von Geschäftsgeheimnissen oder die Kosten für eine Wiederherstellung von Daten entstehen können, seien immens, allein in NRW ist von 20 Milliarden Euro die Rede, so NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) bei der Vorstellung des Kompetenznetzes am Freitag.

Eurobits Bochum spielt eine zentrale Rolle

Träger des Kompetenzzentrums ist das gemeinnützige Gemeinschaftsunternehmen Cybersec-NRW gGmbh, das die Bietergemeinschaft aus „Europäisches Kompetenzzentrum für IT‐Sicherheit“ Bochum (Eurobits) und Cyber Security Cluster Bonn e.V. (CSCB) gegründet hat. Die beiden Verbänden haben sich bei der europaweiten Ausschreibung zur Realisierung des Projekts durchgesetzt.

Eurobits e.V. wurde 1999 gegründet und ist das europäische Kompetenzzentrum für Sicherheit in der Informationstechnologie. Führende Forschungsinstitute, etablierte Unternehmen der Branche sowie junge Wachstumsunternehmen sind in einem europaweit einzigartigen Zusammenschluss integriert.

Gründung und Aufbau verdankt Eurobits der persönlichen Unterstützung des Unternehmers Horst Görtz. ist ein eingetragener Verein. Dem gemeinnützigen Verein gehören namhafte Unternehmen und Wissenschaftseinrichtungen wie GData, Escrypt und das Hört-Görtz-Institut der Ruhr-Uni an.

Während Unternehmen selbstverständlich ihre Geschäftsräume und Produktionshallen sichern und verschließen, geschehe dies noch zu wenig beim immateriellen Betriebsvermögen wie Produktionsplänen, Patenten und Kundendaten. Ein Viertel aller Unternehmen habe keinen Beauftragten für die IT-Sicherheit, ein Drittel verfügte über keine Notfallpläne.

700 Forscher und 400 Unternehmen in NRW

Das Wissen, wie sich Firmen besser gegen diesen Schäden schützen können, ist in NRW hinreichend vorhanden. Bochum und Bonn gelten als die Herzkammern der IT-Sicherheit nicht nur im Land, sondern „mindestens in Europa“, so Sebastian Barchnicki. Etwa 700 Forscher und 400 Unternehmen in NRW beschäftigen sich mit dem Feld, das längst als Schlüsselbereich der Digitalisierung gilt. Es gehe darum, dieses Wissen zu vermitteln, so Bonns Geschäftsstellenleiter Christian Schmickler. Insbesondere in Bereichen, in denen das Thema IT‐Sicherheit bisher eher wenig präsent ist, wie etwa im Handwerk, Tourismus oder Handel, gibt es großen Nachholbedarf bei der „digitalen Selbstverteidigung“.

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Firmen für die Bedeutung dieses Schutzes zu sensibilisieren und ihnen Rat und Hilfe anzubieten, das sei die Aufgabe des Kompetenznetzes. Das gilt ganz besonders für kleine und mittelständische Unternehmen, in denen die personelle und finanzielle Ausstattung mit Blick auf die IT‐ Sicherheit häufig unzureichend ist.