Bochum. Mit Noor Mertens leitet erstmals eine Frau das Museum. Im WAZ-Gespräch verrät sie, welche Pläne sie hat - und was Bochum mit Rotterdam verbindet.

Darauf können die Bochumer Kunstfreunde gespannt sein: Mit der 36-jährigen Noor Mertens zieht fortan eine junge Generation die Fäden im Bochumer Kunstmuseum. Die niederländische Kunsthistorikerin tritt ab Juni die Nachfolge von Hans Günter Golinski an, der das Haus über 20 Jahre lang leitete. Noor Mertens wird die erste Frau an der Spitze des Kunstmuseums sein – und mit einiger Freude und Neugierde schaut sie den großen Aufgaben entgegen, die künftig auf sie warten. Im WAZ-Gespräch verrät sie erste Pläne.

Herzlich Willkommen in Bochum! Haben Sie sich schon eingelebt?

Noor Mertens: Zumindest ein wenig. Vor zwei Wochen habe ich mit meinem Lebenspartner eine Wohnung in Bochum bezogen, das ist alles ganz frisch. Daneben arbeite ich aber weiterhin als Leiterin des Kunstvereins Langenhagen, wo ich jetzt vier Jahre lang gewesen bin. Erst im Mai werde ich komplett aus Hannover nach Bochum ziehen.

Gefällt Ihnen die Stadt?

Ich bin gerade dabei sie kennenzulernen. Am liebsten lerne ich neue Städte über viele Gespräche mit den Menschen und über die Restaurants kennen. Weil die aber leider geschlossen sind, gehe ich viel spazieren und freue mich schon auf meine ersten Besuche im Schauspielhaus und im Musikforum. Wenn ich ehrlich bin, erinnert mich Bochum oft an Rotterdam. Die Stadt wurde während des Zweiten Weltkriegs 1940 genauso bombardiert wie etwas später das Ruhrgebiet. Die Architektur, die danach entstanden ist, ist teilweise sehr ähnlich.

Wie sind Sie zur Kunst gekommen?

Ursprünglich habe ich Musikwissenschaften in Amsterdam studiert. Kunstgeschichte lief eher nebenbei. Dass ich mal für ein Museum arbeiten würde, habe ich zunächst gar nicht beabsichtigt. Erst bei einem zweijährigen Volontariat stieg mein Interesse für die Kunst. Besonders die Künstler des 20. und 21. Jahrhunderts standen für mich immer im Fokus.

Haben Sie einen Lieblingskünstler?

Das kann ich nicht genau sagen. Moderne Kunst beginnt für mich spätestens ab 1850, da gibt es viele ältere Positionen, die auch heute noch große Relevanz besitzen. Ich wurde mal gefragt, wovon ich mehr beeindruckt bin: von Beuys oder Pop-Art. Da kann ich nur sagen: eigentlich von beidem. Das wird auch ein Ziel meiner Arbeit in Bochum sein. Ich möchte in den Ausstellungen nicht nur ein spezielles Genre oder eine Epoche verfolgen, sondern übergreifend arbeiten. Etwa zu einem Thema wie „Arbeit“ lassen sich viele spannende künstlerische Positionen zusammentragen.

Welches Gefühl war es, als Sie zum ersten Mal in der schönen großen Ausstellungshalle im Kunstmuseum standen?

Die Architektur des Hauses ist schon etwas Besonderes. Beeindruckt hat mich vor allem die riesige Rampe, die durch das Gebäude führt. Aber daneben gibt es auch viele kleine Ecken, mit denen man wunderbar arbeiten kann. Auch die Bibliothek ist wirklich schön.

Was planen Sie zu Ihrem Antritt?

Die erste große Eröffnung unter meiner Leitung ist für November geplant. Gemeinsam mit dem stellvertretenden Direktor Sepp Hiekisch-Picard erarbeiten wir gerade diverse Ideen. Vermutlich wird es eine Ausstellung sein, die gemeinsam mit dem Museum unter Tage und der neuen Kuratorin Eva Wruck entsteht. Ohnehin ist es mein Ziel, möglichst viele Kooperationen mit anderen Galerien, mit Institutionen und Kulturgruppen in der Stadt einzugehen. Das wurde in letzter Zeit vielleicht etwas vernachlässigt. Ich kann mir gut vorstellen, künftig auch mit dem Schauspielhaus und den Symphonikern zusammenzuarbeiten. Ich möchte ein eigensinniges Museum leiten, das mehr nach außen geht und sichtbarer in der Stadt wird.

Info: Golinski-Nachfolge war hart umkämpft

Auf die Nachfolge von Hans Günter Golinski gingen bei der Stadtverwaltung viele Bewerbungen ein, berichtet Kulturdezernent Dietmar Dieckmann (SPD). „Aus über 15 vielversprechenden Kandidaten kamen am Ende fünf oder sechs in die engere Wahl“, sagt er. „Das Bewerbungsverfahren war hart umkämpft.“

Noor Mertens sei daraus jedoch als klare Siegerin hervorgegangen: „Es hat mich fasziniert, mit welcher Klarheit sie an diese Aufgabe herangeht“, sagt er. Dass nun eine Frau erstmals als Direktorin das Kunstmuseum leitet, freut den Kulturdezernenten ungemein.