Bochum. Ein Bürgerantrag des Theatergängers Dirk John sorgt bei der Sitzung im Rathaus für Diskussionen. Sollte Johan Simons Vertrag verlängert werden?

Unter dem Punkt 1.1 stand am Mittwochnachmittag ein ungewöhnlicher Antrag auf der Tagesordnung im Ausschuss für Kultur und Tourismus im großen Ratssaal des Rathauses. Das Thema: Soll der Vertrag von Intendant Johan Simons über das Jahr 2023 hinaus verlängert werden?

Auf den Weg gebracht wurde der Bürgerantrag von dem Theatergänger Dirk John, der das Wirken von Simons und seinem Team am Schauspielhaus seit einiger Zeit mehr als kritisch betrachtet und seinen Unmut darüber in einem dreiseitigen Fax an den Rat der Stadt zum Ausdruck brachte. Gemäß Paragraf 24 der Gemeindeordnung NRW steht jedem Bürger das Recht zu, offen Kritik an der Kommunalpolitik zu äußern. Dass diese dann direkt im Rathaus verhandelt wird, geschieht allerdings eher selten.

Bochumer Kulturausschuss für Vertragsfragen "nicht zuständig"

Und so hat es die neue Ausschussvorsitzende Barbara Jeßel (Grüne) dann auch recht eilig, zu betonen, dass der Kulturausschuss für die Frage einer möglichen Vertragsverlängerung des Intendanten die falsche Adresse ist. Denn nicht der Ausschuss entscheidet darüber, sondern der Verwaltungsrat des Schauspielhauses. Und weder die Stadt noch Intendant Simons selber haben sich bislang dazu geäußert, ob eine Verlängerung überhaupt zur Debatte steht.

Gleichwohl gibt Jeßel dem Antragsteller die Gelegenheit, seine Kritik am Führungsstil des Hauses zu erläutern – und unterbricht dafür eigens die Sitzung. Dirk John gibt zu, dass sein Antrag womöglich „etwas reißerisch“ formuliert sei: „Mir ging es darum, die Qualität der Arbeit am Schauspielhaus ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken, und das Ziel habe ich bereits erreicht.“ In der Tat schlägt die Diskussion in der WAZ seit einigen Tagen hohe Wellen.

Ärgerlich: 10,20 Euro für Theaterkarte verfallen

Nach einer Reihe von Vorstellungen, die John nicht mehr gefielen, habe er sein Theater-Abo allerdings gekündigt. „Ich kenne viele, die auch gekündigt haben“, meint er. Nachdem er vom Theater dazu aufgefordert worden sei, seine Kündigung kurz zu begründen, habe er darauf keine Antwort mehr erhalten: „Das halte ich für respektlos.“

Komplett auf die Palme gebracht habe ihn indes eine eher kleine Begebenheit: Nachdem er eine Karte für eine Vorstellung des Grönemeyer-Singspiels „Herbert!“ gekauft hatte, wurde die Produktion wegen des Corona-Lockdowns abgesagt. Stattdessen wollte er seine Karte für einen Live-Stream von „Hydra“ umtauschen. Das Problem: Die Hydra-Karte ist 10,20 Euro günstiger. „Da hieß es nur lapidar, mein Geld würde jetzt verfallen. Solche Sachen ärgern mich maßlos.“

Johan Simons ist "ein Glücksfall" für Bochum

Dirk John hält dem Schauspielhaus eine Reihe kritischer Fragen vor – etwa warum es während des Lockdowns kein einziges Streaming-Angebot für Kinder gegeben habe. Eine Antwort darauf bekommt er nicht, denn niemand aus der Führungsetage des Schauspielhauses ist während der Diskussion vor Ort.

Derweil stärken die Mitgliedes des Kulturausschusses dem Intendanten über alle Parteigrenzen hinweg demonstrativ den Rücken. „Ich finde es gut, dass dieser Antrag behandelt wird“, meint Horst Hohmeier (Die Linke). „Dennoch muss man festhalten: Johan Simons ist ein Glücksfall für Bochum. Er leistet hervorragende Arbeit.“ Die Leserbriefe, die die WAZ in den letzten Tagen abdruckten, gehen laut Hohmeier „fast in den Bereich des Mobbing“. Monika Pieper (CDU) sagt: „Bochum kann froh sein, einen solchen Intendanten zu haben.“

Ein kreatives Haus, das international besetzt ist

Barbara Jeßel (Grüne) erinnert daran, mit welchen Zielen Johan Simons damals in Bochum angetreten sei: „Er wollte ein kreatives Haus, das international besetzt ist. Eine spannende Spielwiese, in der es auch mal Streit geben kann. All diese Versprechen hat er gehalten.“ Die hohen Auslastungszahlen und der hohe künstlerische Anspruch seien über jeden Zweifel erhaben.

Dem Antragsteller Dirk John gibt Jeßel mit auf den Weg, seinen Antrag beim Verwaltungsrat einzureichen: „Ärgern Sie sich“, sagt sie. „Auch das macht gutes Theater aus.“

Info: Neue Direktorin des Kunstmuseums vorgestellt

Horst Hohmeier (Die Linke) erinnert daran, dass Johan Simons der erste Intendant sei, der regelmäßige Talk-Abende im Tanas anbietet. In „Johans Happy Hour“ konnte man vor der Corona-Krise mit dem Intendanten über alles mögliche diskutieren: „Merkwürdig, dass ich von den Leuten, die jetzt so laut Kritik üben, dort noch nie jemanden gesehen habe.“

Während der Sitzung des Kulturausschusses wurde zudem die neue Direktorin des Kunstmuseums, Noor Mertens, vorgestellt. Die 36-jährige Niederländerin folgt im Juni auf Hans-Günter Golinski, der Ende des Jahres in den Ruhestand ging. Die WAZ stellt Mertens in einer der kommenden Ausgaben vor.

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