Bochum-Hiltrop/Bergen. Fahrradfahrer und Kfz-Verkehr: Oftmals ergeben sich dabei einige Probleme. So jetzt auch jetzt in Bochum mit einem Bogestra-Bus.
Auf den meisten der über 3000 km, die sie jährlich auf dem Sattel verbringt, liebt Sabine Schiewer das Radfahren. Der tägliche Weg zur Arbeit, eine Tour um den Bodensee, Urlaubsfreuden auf dem Weser-Radweg – die 59-Jährige weiß, warum sie mehr Rad als Auto fährt. Aber dann gibt es Erlebnisse, wie Anfang März. Und sie sagt: „Ich werde als Radfahrerin oft noch nicht als gleichberechtigte Verkehrsteilnehmerin wahrgenommen.“ Was aber war passiert?
Um kurz nach halb zehn ist die 59-Jährige am 5. März mit ihrem neuen Lastenfahrrad auf der Hiltroper Straße in Bochum unterwegs. Schiewer will zum nahe gelegenen Steuerbüro, einen Haufen Akten abholen.
Ein Busfahrer habe sie angehupt, sagt die Radfahrerin aus Bochum
Sie fährt mit dem Cargofahrrad mittig auf der Hiltroper Straße in Bochum, als in ihrem Nacken gehupt wird. Ein Blick über die Schulter zeigt Schiewer: Es ist der Bogestra-Busfahrer der Linie 353. Unbeirrt fährt die Radfahrerin weiter – und wird erneut angehupt.
Mit Stopps des Bogestra-Busses baut sich ihr Vorsprung aus – doch es dauert nicht lange, da habe sie den Bus „dicht im Nacken gespürt, hörte die Hupe. Ich habe mich wirklich genötigt gefühlt“, meint sie. „Der Busfahrer hat mich dann über die Außenlautsprecher darauf aufmerksam gemacht, dass rechts neben mir ein Radweg sei.“ Und sie sagt: „Es handelt sich hier nicht um einen Radweg, sondern um einen für Radfahrer freigegebenen Gehweg. Dieser ist nicht benutzungspflichtig.“
Demo auf dem Drahtesel- Bochum steigt aufs Rad
Ihr sei es wichtig, den Unterschied herauszustellen: „Es handelt sich um ein Ergänzungsschild, es spricht kein Ge- oder Verbot aus. Ich habe als einspurige Fahrzeugführerin die freie Wahl, ob ich ihn nutzen möchte.“ Auf der Hiltroper Straße gebe es nur einen benutzungspflichtigen Radweg, nämlich zwischen Dietrich-Benking- und Bergener Straße, danach seien nur Zusatzbeschilderungen zu finden, die Radfahrern die Nutzung des Gehwegs erlauben. Schiewer aber möchte dort nicht fahren. „Schon für ein Tourenrad ist der Gehweg eine Zumutung, mit einem Cargofahrrad ist er nicht nutzbar“, berichtet sie von Baumwurzeln und parkenden Autos als Hindernis.
Bogestra-Bus in Bochum hinter Radfahrerin
Das Verhalten des Bogestra-Busfahrers hält sie für „inakzeptabel und gefährlich. Ich habe sogar überlegt, Anzeige zu erstatten“, sagt Schiewer, die sich selbst als erfahrene und sichere Radfahrerin bezeichnet. Durch ihr Engagement beispielsweise im ADFC kenne sie sich mit den Tücken der Verkehrssicherheit als Radfahrerin hier bestens aus. Immer wieder falle ihr auf: „Es gibt zu viel Unwissen über die Rechte und Pflichten der Verkehrsteilnehmer“, meint sie. Dass man als Radfahrer beispielsweise einen Meter Abstand zum Gehweg halten müsse – bei parkenden Fahrzeugen sogar 1,5 Meter – sei vielen nicht bewusst.
„Wenn man als Radfahrer sonst in einen sogenannten Dooring-Unfall mit geöffneter Autotür verwickelt wird, trägt man eine Mitschuld“, sagt sie. Der Bogestra hat sie eine Beschwerde geschickt und Antwort erhalten. „Das Unternehmen hat sich in aller Form bei mir entschuldigt, aber an der Sensibilität der Busfahrer muss sich etwas ändern.“
Bogestra entschuldigt sich
Schiewer hat die Entschuldigung angenommen. Vor künftigem Gehupe – auch durch andere Autofahrer – wird sie aber wohl nicht geschützt sein.
Laut StVO sind Radwege sind benutzungspflichtig, wenn sie Teil der Straße sind, zu der auch die Fahrbahn gehört, und in Fahrtrichtung mit den blauen Verkehrsschildern mit Fahrradsymbol gekennzeichnet sind. Radfahren auf Gehwegen kann mit dem Zusatzzeichen „Radfahrer frei“ zugelassen sein.
Durch das Schild sind die Radfahrer allerdings nicht verpflichtet, den Gehweg zu nutzen, sie dürfen auch auf der Fahrbahn fahren.
Bogestra-Sprecherin Sandra Bruns sagt auf Nachfrage dazu: „Wir haben das übliche Verfahren bei einer solchen Beschwerde durchgeführt, der Vorgesetzte hat mit dem betroffenen Fahrer gesprochen.“ Dieser habe sich gut an den Vorfall erinnern können.
Entschuldigung angenommen
„Nach eigener Aussage wollte der Fahrer die Radfahrerin nur auf die Möglichkeit, auf dem Gehweg zu fahren, hinweisen“, sagt die Sprecherin. Er habe keine bösen Absichten gehabt und die Radfahrerin nicht bedrängen wollen. „Wir hören uns in solchen Fällen immer beide Seiten an, oft wird ein Vorfall je nach Sichtweise ganz anders geschildert.“ Ob es für den Fahrer dienstrechtliche Konsequenzen geben wird, vermag Bruns aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht zu beantworten. Schiewer hat die Entschuldigung angenommen. Vor künftigem Gehupe – auch durch andere Autofahrer – wird sie aber wohl nicht geschützt sein.