Bochum. Die Freude bei vielen Schülerinnen und Schülern in Bochum ist groß, sie haben wieder Präsenzunterricht. Gleichzeitig wächst Sorge in den Schulen.

„Na, wie war der erste Schultag?“ Erstklässler: „Bombe!“ – Kinder, Lehrkräfte und Eltern sind froh, dass wieder Präsenzunterricht möglich ist, berichtet Paul Roos, Leiter der Lina-Morgenstern-Grundschule in Bochum. Seit Montag gilt an den Grundschulen in NRW das sogenannte Wechselmodell aus Distanz- und Präsenzunterricht. „Halbierte Lerngruppe sind ein guter Kompromiss zwischen Infektionsschutz und Recht auf Bildung“, findet Roos. Trotzdem: Dass wieder Unterricht in Präsenz stattfindet, erzeugt gemischte Gefühle.

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Die halbierten Lerngruppen würden die Einhaltung der Hygieneschutzvorschriften zwar einfacher machen, sie seien für die Schulen aber eine logistische und organisatorische Herausforderung. „Für deren Bewältigung es vom Bildungsministerium leider bislang keinerlei hilfreiche Unterstützung gab“, beklagt der Leiter der Gemeinschaftsgrundschule mit zwei Standorten in Altenbochum und Kornharpen.

Freude bei den Schülerinnen und Schülern in Bochum

Elisabeth Hennecke, Leiterin der Don-Bosco-Schule in Wiemelhausen, findet das Wechselmodell sowohl pädagogisch als auch aus Infektionsschutzgründen gut. Es sei jedoch „organisatorisch sehr aufwändig.“ Viele Kinder freuen sich, wieder in der Schule zu sein. Andererseits sei die Situation weiter sehr eingeschränkt: Regeln, Rituale und Strukturen wie das frühe Aufstehen oder Einfügen in eine Gruppe seien für die Kinder zudem ungewohnt geworden.

„Natürlich sind auch meine Kinder froh, zumindest im Wechsel wieder in die Schule zu gehen und einen Teil ihrer Freundinnen zu treffen sowie ihre Lehrerin“, sagt auch Pamela Strutz, deren Töchter in die erste und dritte Klasse gehen. Die Motivation zuhause sei zuvor stark ins Wanken gekommen. An die Politik hat sie klare Erwartungen: „Dass sie aus der Pandemie lernt und ihre Bemühungen in Sachen Bildungspolitik erhöht

„Hätte lieber beide Kinder zuhause“

Anita Krauss-Janssen, Mutter eines Siebtklässlers und einer Zweitklässlerin, sagt: „Ich hätte lieber beide Kinder zuhause.“ Denn sie selbst ist Erzieherin ist einer Kita und somit einem erhöhten Risiko ausgesetzt – deshalb hat die Bochumerin ihre beiden Kinder auch bisher zuhause zu betreuen – mit Hilfe der Großeltern. „Die Oma hat Hausaufgaben gemacht und auch gelernt. Jetzt müssen wir schauen das wir es irgendwie organisiert bekommen“, sagt Krauss-Janssen. Ihr Sohn (12) ist weiterhin im Home-Schooling, vermisst es, seien Freunde zu sehen. Die Tochter geht montags für anderthalb Stunden und Dienstags und Donnerstags für drei Stunden. „Emily hat sich gefreut, ein bisschen Alltag wieder und Freunde treffen“, schildert ihre Mutter, die besonders die Eltern kritisiert: Ohne Mindestabstand würden diese am Schulgelände stehen, sodass die Kinder kaum durchkommen.

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Nicht nur an den Grundschulen ist wieder etwas mehr Leben eingekehrt, auch an den weiterführenden Schulen gibt es wieder Präsenz-Unterricht – für die Abschlussjahrgänge. An den Gesamtschulen betrifft das gleich drei Stufen – die zehnte Klasse sowie die Qualifikationsphase 1 und 2. „Das ist logistisch herausfordernd“, sagt Claudia Högemann, Leiterin der Willy-Brandt-Gesamtschule. Der Stundenplan wurde weitestgehend beibehalten, Lehrkräfte organisieren den Unterricht vor Ort und müssen trotzdem Distanzunterricht geben. Auch das Planen der Klausuren sei schwierig. „Wir wissen nicht genau, welches Wissen den Schülerinnen und Schülern fehlen könnte“, schildert Högemann. Der Einsatz von allen Seiten sei enorm.

Sorge vor Nachteil gegenüber anderen Abiturientinnen und Abiturienten

So hat das Land NRW den Unterricht in Schulen geregelt

Seit Montag (22. Februar) findet für Grundschülerinnen und -schüler ein Wechsel aus Präsenz- und Distanzunterricht statt. Alle erhalten möglichst im selben Umfang Präsenz- und Distanzunterricht – in konstanten Lerngruppen, so das Land NRW.

Für Schülerinnen und Schüler der Abschlussklassen ist grundsätzlich eine Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts auch in voller Klassenstärke möglich. Mit dem Ziel der Kontaktreduzierung können Klassen und Lerngruppen jedoch auch geteilt werden, falls hierzu die personellen und räumlichen Voraussetzungen gegeben sind.

Die Schülerinnen und Schüler des Schiller-Gymnasiums haben aktuell hybriden Unterricht, berichtet Abiturientin Jule Kleber (18), die so jeden zweiten Tag zu Schule geht: „Ich finde die Entscheidung aus Infektionsschutzgründen richtig, inhaltlich könnten die, die jeden Tag zur Schule gehen, aber einen Vorteil haben.“ Der mündliche Unterricht vor Ort fehle ihr schon, gleichzeitig würden die Lehrer aber alles in ihrer Macht stehende tun.

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An der Märkische Schule werden hingegen alle Schüler der elften und zwölften Klasse unterrichtet. „Das läuft gut“, sagt Leiterin Kerstin Guse-Becker. Hybrider Unterricht sei keine Alternative. Trotzdem ist sie hin- und hergerissen: „Wir wollen allen das gleiche vermitteln, um für Chancengleichheit zu sorgen, gleichzeitig ist da der Infektionsschutz.“ Guse-Becke bemerkt, dass Schule in diesen Wochen einen ganz anderen Stellenwert bei ihren Schülerinnen und Schülern bekommen hat – alle waren froh, sich wiedergesehen zu haben.

„Man merkt, dass die Luft raus ist“

Till Smolan, Abiturient am Graf-Engelbert-Gymnasium, fand die Entscheidung des Landes NRW, den Präsenzunterricht in vollem Maße für Abschlussklassen wiederaufzunehmen, zu Beginn fragwürdig. „Einfach aus dem Grund, dass erst kurz davor weitere Maßnahmen beschlossen wurden und die Corona-Mutante aus Großbritannien sich auch bis heute weiterhin in Deutschland verbreitet.“ Seine Meinung habe sich seit der Rückkehr an die Schule aber etwas verändert: „Ich persönlich finde es schön, meine Freunde wieder öfter zu sehen und zudem ist das Lernen im Präsenzunterricht für mich zielführender“, sagt er.

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Die Abschlussklasse von Jana Bergmann am Klaus-Steilmann-Berufskolleg wird derzeit hingegen weiterhin online unterrichtet. „Damit keine Gefahr besteht, dass wir uns vor den Klausuren noch anstecken“, erzählt sie. Sie betrachtet das mit gemischten Gefühlen. Einerseits sei es praktisch und aus Infektionsschutzgründen gut. „Andererseits merkt man, dass die Luft raus ist. Wir vermissen es rauszugehen und unter Leute zu kommen, auch wenn es nur in der Schule ist.“

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