Bochum. Hundeschulen dürfen ihre Arbeit zum Teil wieder aufnehmen. Ein Schritt in die richtige Richtung. Mehr aber auch nicht. Es hagelt weiter Kritik.
Plötzlich ging alles ganz schnell. Zum Wochenende lockerte die Landesregierung noch schnell die Corona-Schutzverordnung. Ab Montag, 22. Februar, ist nun wieder mehr Sport im Freien erlaubt. Das betrifft auch Hundeschulen und -vereine in Bochum. Dort ist die Freude allerdings verhalten – und die Kritik weiterhin groß.
Bochumer Hundeschulen froh über Corona-Lockerung – dennoch überwiegt der Ärger
Stephanie Giebel von der Hundeschule Pott-Dogs am Ümminger See in Bochum-Langendreer zeigt sich trotz der Lockerung „schwer schockiert“. Aus ihrer Sicht ist die Entscheidung der Landesregierung „eine Vollkatastrophe“, die gar nichts bringe. Sie selbst habe jetzt vier Monate gebraucht, um den Betrieb herunterzufahren. Zwei Angestellte musste sie entlassen, eine dritte befindet sich in Kurzarbeit. „Am Freitag saß ich noch an Anträgen in Sachen Krediten und Versicherung“, sagt Giebel.
Dann ereilte sie die Nachricht von der Lockerung. „Und die tritt dann schon drei Tage später in Kraft. Das ist der bescheuertste Fahrplan überhaupt.“ Es sei schön, dass jetzt mit Einzeltraining auf Abstand wieder etwas gehe. Aber zwei Wochen Vorlaufzeit seien schon nett gewesen. Und außerdem: „Ich lebe zu 90 Prozent von Kursen.“ Die seien für Welpen-Besitzer das Wichtigste. Allein für Einzeltraining brauche sie auch nicht so ein großes Gelände.
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Dennoch bietet Stephanie Giebel natürlich wieder Einzeltraining an, in reduziertem Umfang. Das Telefon gehe seit Freitag „ohne Ende“. Aber jetzt den ganzen Laden wieder hochfahren? „Das geht nicht.“ Giebel ärgert sich über das Hin und Her der Landesregierung. „Am Donnerstag hieß es noch, vor Mai könnten Hundeschulen nicht wieder öffnen.“
Kritik aus Bochum: Hundeschulen werden immer wieder anders eingestuft
Auch würden Hundeschulen immer wieder anders eingestuft. „Erst waren wir im März eine Sport- und Freizeitstätte, die schließen musste, dann nach neun Wochen plötzlich ein Dienstleister, der öffnen durfte, und dann – zuletzt – eine außerschulische Bildungsstätte, die schließen musste. Was, bitte schön, sind wir denn aktuell?“ Giebel ärgert sich, dass ihre Branche „von Lockdown zu Lockdown geschubst wird. Aber wird sind eben eine kleine Szene, können uns nicht wehren.“
Zu dieser Szene zählt auch Giebels Kollegin Birgit Kosthaus aus Stiepel, die die Hundetagesstätte „Wolfsspiele“ betreibt. Auch für sie ist die neue Corona-Schutzverordnung „nur ein Tropfen auf den heißen Stein“ und wohl mehr „eine Beruhigung der Allgemeinheit“ als der Weisheit letzter Schluss. „Klar, es ist schön, dass zumindest Einzelunterricht wieder erlaubt ist“, sagt Kosthaus. Aber das reiche bei weitem nicht aus, sagt auch sie.
Hundebesitzer benötigen vor allem Gruppenunterricht
Wichtig sei vor allem Gruppenunterricht, „in dem die Welpen-Sozialisierung stattfinden kann“. Das gehe nur unter Aufsicht und Anleitung und im Rahmen von Hundetraining. Gerade jetzt, wo sich in Zeiten der Corona-Pandemie so viele Menschen einen Hund angeschafft haben (siehe Info-Box). „Die stehen jetzt hilflos da“, sagt Birgit Kosthaus, die von Telefonaten mit weinenden Hundebesitzern berichtet.
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Unsinnig an dem monatelangen Verbot für Hundeschulen und -vereine findet Kosthaus vor allem, dass ja nachgewiesen sei, dass „das Infektionsrisiko bei entsprechend eingehaltenem Abstand unter freiem Himmel gen Null geht“.
Aktuelle Zahlen zum Hundebestand in Bochum
Ein paar Zahlen: Zum 31. Januar 2021 gab es in Bochum einen Hundebestand (steuerlich angemeldete Hunde) in Höhe von 17.963. Am 31. Januar 2020 lag dieser bei 17.420. Im Zeitraum 1. März 2020 bis 31. Januar 2021 wurden 2281 Hunde angemeldet, im Vergleichszeitraum 1. März 2019 bis 31. Januar 2020 waren es 2014 Hunde.
Zum Freizeitsport im Freien besagt die neue Corona-Schutzverordnung der Landesregierung Folgendes: Vom 22. Februar an sind Aktivitäten auf Sportanlagen im Freien wieder erlaubt, wenn höchstens zwei Personen zusammen trainieren – wie etwa beim Tennis. Es ist dauerhaft ein Mindestabstand von fünf Metern einzuhalten. Sind nur Personen aus einem Hausstand gemeinsam aktiv, dürfen auch mehr als zwei Menschen gemeinsam Sport treiben. Sporthallen und Schwimmbäder bleiben dagegen vorerst für den privaten Sport geschlossen.
Auch Hundeschulen dürfen demnach unter besonders scharfen Abstands-Regeln ab Montag wieder einzelne Veranstaltungen im Freien anbieten. Diese Regelung gilt insgesamt für Bildungsangebote im Freien.
Auf diese Zahlen beruft sich auch Beate Scheffler bei ihrer Kritik. „Bei aller Dankbarkeit, dass nun wieder etwas möglich ist – das Unverständnis bleibt“, sagt die Vorsitzende eines Lütgendortmunder Hundesportvereins. „Das ist ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, mehr aber auch nicht.“ Ihr ist wichtig, dass man den Menschen – auch denen mit Hunden – das Lebensgefühl zurückgibt. Von daher sei diese Lockerung sinnvoll. „Zumal das Infektionsgeschehen nicht draußen stattfindet.“
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Wichtig sei aber, das Gruppentraining wieder zu ermöglichen, „besonders für die frischen Hundebesitzer“. Sie habe gerade erst zwei E-Mails mit Nachfragen bekommen, wann die Beginner-Kurse wieder starten.
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Giebel, Kosthaus und Scheffler sind gespannt, was die nächsten Wochen bringen werden. Sollte sich die Coronavirus-Mutation weiter ausbreiten und es zu einem nächsten Lockdown kommen – niemand von ihnen wäre wirklich überrascht.
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