Bochum-Querenburg. Über Jahrzehnte deckten sich Studenten bei Schaten im Bochumer Uni-Center mit der passenden Lektüre ein. Dann kam das Coronavirus.

Die Bochumer Kulturszene verliert eine ihrer namhaftesten Buchhandlungen: Die Universitätsbuchhandlung Schaten schließt ihren Laden im Uni-Center und konzentriert sich fortan auf den Versandhandel. Inhaber Joachim Schaten stehen die bitteren Erfahrungen der letzten Wochen ins Gesicht geschrieben: „Ich bin gerade dabei, 40 Jahre meines Arbeitslebens auf den Müll zu schmeißen“, sagt er. „Wie soll es einem da schon gehen?“

Die Filiale in der Einkaufspassage nahe des Campus-Geländes ist leergeräumt. Wo sich ganze Generationen von Studenten über Jahrzehnte zum Semesterstart mit der passenden Lektüre eindeckten, haben jetzt die Handwerker das letzte Wort. „Eine Zwischendecke muss noch raus, dann geben wir den Schlüssel ab“, sagt Schaten, der die Unibuchhandlung seit 1982 leitete und sehr dran hing: „Das war mein Kind.“

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Coronavirus bedeutet für Schaten in Bochum das Aus

Doch seit das Coronavirus im Frühjahr über Deutschland hereinbrach, war bei Schaten nichts mehr wie zuvor. „Vor Corona waren wir ein rentables Unternehmen und wären es sicher auch noch eine ganze Weile geblieben“, meint er. Den ersten Lockdown im März habe die Buchhandlung noch halbwegs unbeschadet überstanden: „Da hatten wir sechs Wochen geschlossen, aber waren trotzdem optimistisch“, sagt er.

Vor 100 Jahren gegründet

Die Buchhandlung Schaten wurde 1920 als „Schweighöfer & Husen“ gegründet und 1956 von Friedrich Schaten übernommen. Seine Idee war es, eine wissenschaftliche Buchhandlung daraus zu formen. In zweiter Generation wird sie heute von Joachim und seiner Schwester Sylvia geleitet.

Neben der Filiale an der Uni gab es auch mehrere Läden in der Innenstadt: So erinnert man sich gern an den „Taschenbuchladen“ und an die große Buchhandlung am Dr.-Ruer-Platz. Der Versandhandel mit dem Büro an der Rombacher Hütte wird weiterbestehen. Alle Infos gibt es unter:
schaten.buchhandlung.de

Zusehends schwierig sei die Lage im Laufe des Sommers geworden: „Als klar war, dass die Uni nach dem Sommersemester auch das darauf folgende Wintersemester ausfallen lassen würde und ähnliche Maßnahmen sich schon für 2021 andeuteten, mussten wir handeln.“ Doch ein Gespräch mit der Uni-Leitung und Vertretern aus der Politik sei eher ernüchternd verlaufen: „Denen war es eigentlich egal, ob es uns weiter gibt oder nicht“, so Schaten. „Einer meinte sogar, es wäre Wettbewerbsverzerrung, wenn sie uns helfen würden. Mit anderen Worten hieß das: Dann sollen die Studenten halt bei Amazon ihre Bücher kaufen.“

Im Inneren der ehemaligen Buchhandlung Schaten im Uni-Center haben jetzt die Handwerker das letzte Wort.
Im Inneren der ehemaligen Buchhandlung Schaten im Uni-Center haben jetzt die Handwerker das letzte Wort. © FUNKE Foto Services | Alexa Kuszlik

Schaten zog die Notbremse

Höchste Zeit sei es für Schaten da gewesen, die Notbremse zu ziehen: „Wir hatten großes Glück im Unglück, weil unser Mietvertrag ohnehin Ende dieses Jahres auslief“, erzählt er. „Den konnten wir dann im Sommer kündigen und kommen so erhobenen Hauptes und ohne Privatinsolvenz aus der Sache raus.“

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Anderen Ladeninhabern – ob im Uni-Center oder in der Innenstadt – gehe es da ganz anders: „Viele von denen hängen noch in ihren Verträgen und haben es daher ungleich schwerer als wir. Die große Pleitewelle kommt erst noch.“

Dem Management des Uni-Centers, das zuletzt immer wieder wegen der vielen Leerstände in der Kritik stand, mag Schaten keinen Vorwurf machen: „Die Situation hier ist schwierig, aber das war sie immer“, sagt er. Das sei schon so gewesen, als Schaten als einer der ersten Mieter zur Eröffnung des Uni-Centers 1973 dort einzog: „Richtig gut gelaufen ist das nie. Im Rückblick wird wohl auch manches auch von der Nostalgie verklärt.“

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