Bochum-Querenburg. Das Uni-Center Bochum hat seine besten Jahre hinter sich. Als es 1973 eröffnete, sorgte das moderne Wohn- und Geschäftsquartier noch für Staunen.
Das Uni-Center Querenburg ist in den letzten Wochen und Monaten ins Gerede gekommen. Beklagt wird der Verlust des Flairs im Zentrum, der immer weiter um sich greifende Leerstand an Geschäften und die schleichende städtebauliche Verödung der riesigen Anlage nördlich der Ruhr-Uni. Von solch‘ negativer Kommentierung war das Zentrum in der Zeit seiner Entstehung weit entfernt. Anfang der 1970er Jahre galten das Uni-Center Bochum und die sie umgebende „Rahmenstadt“ als topmodern und zukunftsweisend.
„Beton-Uni“ wirkte auf viele abschreckend
Das Uni-Center ist, wie das moderne Querenburg überhaupt, ohne die Gründung der Ruhr-Universität nicht zu denken. Das Center bildet den urbanen Mittelpunkt der Hustadt, wie die ursprünglich als „Uni-Rahmenstadt“ geführte Großsiedlung dies- und jenseits der Laerholzstraße später bezeichnet wurde. Die ersten Gebäude der Universität wuchsen ab Mitte der 60er Jahre in die Höhe und hatten bereits zum Ende des Jahrzehnts eine gewaltige Ausformung erreicht. Die schiere Größe der „Beton-Uni“ wirkte auf viele, die hier studierten und lehrten, zunächst erschlagend.
Zumal, da es noch kein Grün zwischen den schroffen Institutstürmen gab und die Infrastruktur des neuen Stadtviertels erst ansatzweise entwickelt war.
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Denn die Alma Mater war, als das Uni-Center eröffnete, längst noch nicht fertiggestellt. So fehlten mit dem Musischen Zentrum, der RUB-Bibliothek und dem Campus-Forum zentrale Aufenthaltsorte, die Beschäftigte und Studenten auch nach Vorlesungsschluss dabehalten hätten. Stattdessen fuhren alle sofort nach Hause. Das hatte unmittelbare Auswirkungen auch auf das Uni-Center, das noch zur Einweihung 1973 ohne Anbindung an jene Universität war, der es seine Existenz überhaupt erst verdankte. Die Brücke über die Uni-Straße war noch im Projektstadium und ging erst 1975 in Betrieb, und auch die Fahrspuren der Universitätsstraße Richtung Langendreer endeten damals im Nichts. So klaffte jahrelang eine Lücke an prominenter Stelle der universitären Bebauung, das Center war in seinen Anfangstagen eine Art Exklave.
Hallenbad und viele Geschäfte
Gleichwohl wurde es von der stetig wachsenden Bevölkerung der Hustadt von Beginn an gern und oft genutzt. Von Wohnviertel Auf dem Aspei/Overbergstraße ist das Center fußläufig zu erreichen, die Busanbindung war gegeben, mit dem Hallenbad kam 1976 ein publikumsstarker Anziehungspunkt hinzu, der für Frequenz auch in den Geschäftszeilen unmittelbar nebenan sorgte. Supermarkt und Post, Imbiss und Boutique, Stehcafé und Pizzeria: Seinerzeit gab es nichts, was es im Uni-Center nicht gab. Die Läden von Brockmeyer und Schaten mit ihren ausladenden Bücherkisten vor den Schaufenstern sind so lebendig in Erinnerung wie das wuselige Treiben in den engen Laufwegen des betonierten Centers.
2000 Wohnungen gibt es hier, 3500 m² Lehrräume und mehr als 26.000 Quadratmeter Gewerbefläche, dazu das Hallenbad und eine Kirche (siehe Kasten). Die „zackige“ Silhouette der zum Teil 20-stöckigen Hochhäuser ist weithin zu sehen: Ein inzwischen in die Jahre gekommenes Zeugnis der „euphorischen Ära“, die den Städtebau der fortschrittsgläubigen Sixties prägte.
Mobilität groß geschrieben
Tatsächlich ist die Großwohnsiedlung mit integriertem Einkaufszentrum so zeittypisch wie nur was. Das Uni-Center geht auf keinen alten Siedlungskern zurück, es wurde im Wortsinn auf der grünen Wiese als reine Fußgängerzone auf mehreren Ebenen angelegt. Dass sich die 60er und 70er als autogerechte Jahrzehnte verstanden und individuelle Mobilität großgeschrieben wurde, ist dazu kein Widerspruch. Es gibt im Uni-Center einen Busbahnhof und eine Stadtbahnstation (heute Campuslinie U 35). Ein Parkhaus dient mit 600 Stellplätzen vor allem den Bürgern des Umlandes, die das Einkaufs- und Dienstleistungsquartier nutzen.
Skandal um den Bauherrn „Neue Heimat“
Das 1973 so vorbildlich wie futuristisch wirkende Uni-Center war von der „Neuen Heimat“ (NH) errichtet worden. Deren Geschäftsmodell– Großsiedlungsbau, Trabantenstädte, „Urbanität durch Dichte“ - war indes schon bald so überholt wie das gewerkschaftseigene Bau- und Wohnungsunternehmen selbst. 1982 läutet die „Neue Heimat“-Affäre das Ende des Konzerns ein.
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