Bochum. Im März waren Gerd und Elke Döring die ersten Bochumer, die sich mit Corona infizierten. Wie geht es ihnen heute? Sind sie weiterhin immun?

Vom Esstisch blicken sie auf das Bild des Landkofel-Massivs: Wolkenstein in Südtirol ist seit 30 Jahren der Ferienort von Elke und Gerd Döring. Mit ihrem Skiurlaub 2020 haben die Stiepeler, wenn man so will, Geschichte geschrieben. Die Eheleute waren die ersten Bochumer die sich mit dem Coronavirus angesteckt haben. „Uns geht’s gut“, sagen sie im WAZ-Gespräch – und haben doch sorgenvolle Monate hinter sich. Eine Chronologie.

+++ 24. Februar (Rosenmontag): Deutschland feiert feucht-fröhlich Karneval. Südtirol meldet den „ersten wahrscheinlichen Fall von Coronavirus-Infektion“. +++

Gerd Döring genießt mit seiner Frau Elke (64), seinem Bruder und dessen Familie die Urlaubstage in den Dolomiten. Doch alsbald stellen sich Fieber, trockener Husten und Schüttelfrost ein. „Das fühlte sich anders an als eine normale Erkältung“, erinnert sich der 68-Jährige.

Klinik-Bett stand schon bereit

+++ 2. März: Das Robert-Koch-Institut denkt darüber nach, Südtirol zum Risikogebiet zu erklären (was vier Tage später geschieht). +++

Günter und Elke Döring sind wieder zu Hause. Ihm geht es noch immer schlecht. Sie ist wohlauf. Der Hausarzt rät beiden zum Corona-Test beim Gesundheitsamt. Unverzüglich begibt sich das Ehepaar in die Selbstisolation. Ein weiser Entschluss: Elke Dörings Eltern sind 88. Nicht auszudenken, was bei einer Infektion hätte passieren können.

+++ 4. März: „Coronavirus: Bochumer Rentner infizierte sich im Skiurlaub“, meldet die WAZ, nachdem die Stadt in einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz über die erste Corona-Ansteckung in Bochum informiert hat. +++

Günter Döring liegt flach. Am 5. März wird auch seine Ehefrau positiv getestet, bleibt aber weitgehend symptomfrei. Fünf Wochen, berichtet Günter Döring, habe er mit Covid-19 zu kämpfen gehabt. „Ein Bett im St.-Josef-Hospital stand schon bereit.“

„Ein Bett im St. Josef-Hospital stand für mich schon bereit“, sagt Gerd Döring. Unser Bild zeigt die Intensivstation der Bochumer Klinik, die derzeit am Rande der Kapazität arbeitet.
„Ein Bett im St. Josef-Hospital stand für mich schon bereit“, sagt Gerd Döring. Unser Bild zeigt die Intensivstation der Bochumer Klinik, die derzeit am Rande der Kapazität arbeitet. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Entsetzen nach erstem Corona-Toten

+++ 21. März: „Coronavirus: Bochum beklagt ersten Toten – er war erst 55“, berichtet die WAZ. +++

Günter und Elke Döring sind entsetzt und tief berührt. Auch Thomas Henkel, der erste Bochumer Corona-Tote, hatte keine gravierenden Vorerkrankungen. Auch der Familienvater hatte sich im Skiurlaub angesteckt. „Daran sieht man, wie unberechenbar das Virus ist“, sagt Elke Döring und weiß: „Wir haben ganz viel Glück gehabt.“

+++ 11. Juli: Bochum beklagt das 20. Corona-Todesopfer. Die Neuinfektionsrate beträgt 6,4. 656 Frauen und Männer wurden seit März positiv getestet, 605 von ihnen gelten als genesen. +++

Gerd Döring gehört statistisch dazu, ebenso wie aktuell fast 6000 Bochumer. Und doch erleidet er im Sommer einen Rückfall. Post-Covid-Syndrom nennen das die Mediziner. Der Stiepeler ist abgeschlagen, antriebslos. Erst nach vier Wochen ist er wieder auf den Beinen. „Bleibende Schäden sind nicht zu befürchten“, sagen ihm die Ärzte.

Neuer Test im Januar

+++ 17. September: Die Entwicklung der Pandemie gilt als besorgniserregend. Nunmehr gibt es in Bochum mehr als 1200 bestätigte Infektionen; zehn Covid-19-Patienten liegen in den Kliniken. Die Neuerkrankungsrate klettert auf über 30. +++

Bei Familien-Zusammenkünften sitzen die Eheleute Döring stets in der Mitte: „als Puffer“. Aber sind wir wirklich noch immun, fragen sie sich. Ein Antikörpertest liefert die beruhigende Antwort: Die Werte sind sogar angestiegen, was aber auch an einer aktuellen Zeckenimpfung liegen kann. Das Ausmaß der Pandemie sprengt für das Ehepaar längst jede vorstellbare Dimension: „Das hätten wir nie für möglich gehalten.“

+++ 20. Dezember, kurz vor Weihnachten. Der Inzidenzwert in Bochum hat die 200er-Marke durchbrochen. Mehr als 7100 Bochumer haben sich seit März infiziert. Die Lage in den Krankenhäusern spitzt sich zu, Intensivbetten werden knapp. +++

Die Dörings appellieren, niemals den Mut und die Zuversicht zu verlieren. „Bei allem Schlimmen, das 2020 passiert ist, sollte man immer auch das Schöne erkennen“, sagen sie. Im Januar wollen sie nochmals einen Antikörpertest durchführen lassen. Unabhängig davon beherzigen sie im Alltag die AHA-Regeln, halten Abstand, tragen Masken. Ob sie sich bei Bedarf impfen lassen würden? „Selbstverständlich! So viel Vertrauen in die Wissenschaft und den neuen Impfstoff haben wir.“

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