Bochum. Dirk Jancke von der Ruhr-Uni Bochum will Blinden zu Seh-Eindrücken verhelfen. Dabei rückt das Gehirn in den Fokus. Eine heikle Angelegenheit.

Blinde in alltäglichen Lebenssituationen unterstützen: Dieses Ziel hat Dr. Dirk Jancke von der Ruhr-Universität Bochum gemeinsam mit einem Team internationaler Forscherinnen und Forschern. Sie wollen Implantate entwickeln, die von einer Kamera gesammelte visuelle Eindrücke direkt an das Gehirn übertragen sollen. Eine heikle Angelegenheit.

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Die geplanten Implantate sollen im Gehirn Areale ansprechen , die für die Verarbeitung von visuellen Informationen zuständig sind. Ziel des Forschungsprojekts ist es, technische Hilfsmittel bereitzustellen, um Blinden vorverarbeitete, visuelle Informationen gut zugänglich zu machen. Diese sollen in alltäglichen Lebenssituationen helfen.

Verbindung von Technik und Gehirn: Viele Menschen sind skeptisch

Um dieses Vorhaben möglich zu machen, ist eine Verbindung zum Gehirn der Patienten notwendig. „Ethisch ist das eine große Frage“, gibt Jancke im Gespräch mit unserer Redaktion zu bedenken. Bei der Kombination Technik und Gehirn sei die Akzeptanz in der Bevölkerung noch recht gering. „Das kann natürlich Angst machen. Dabei sollten die Menschen zunehmend lernen, dass auch das Gehirn ein Organ ist. Ich glaube, es gibt noch sehr viel Distanz zum eigenen Gehirn“, so der Neurowissenschaftler. Geht es beispielsweise darum, einen Herzschrittmacher einsetzen zu lassen, sei die Zustimmung von Patientinnen und Patienten größer. Da die Technik immer besser werde, hofft Jancke, dass auch die Akzeptanz der Menschen für den Einsatz von technischen Geräten im Gehirn wächst.

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Seh-Eindrücke durch Implantate bekommen – wie kann man sich das vorstellen? Der Neurowissenschaftler nennt das Beispiel von gelähmten Patienten : „Diese lernen, Signale so zu koordinieren, dass ein Roboter-Arm gesteuert werden kann. Der gelähmte Patient steuert die Bewegungen mit den Gedanken.“ Genau andersrum sei der Weg, den die Forscher in ihrer Studie gehen wollen: „Wir wollen mit der Technik in das Gehirn.“ So, dass Blinde Seheindrücke bekommen.

Beweggrund des Forschers der Ruhr-Universität: Blinden Menschen helfen

Jancke hat gleich zwei Gründe, die ihn zu dieser Forschung bewegen. Im Vordergrund steht die Frage: Wie können wir Menschen helfen? Er will der Gesellschaft etwas zurückgeben. „Es ist toll, wenn die Entwicklung so weit ist, dass sie angewendet werden kann“, sagt der 59-Jährige. Gleichzeitig erhofft er sich neue Erkenntnisse in den Gehirnwissenschaften.

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Doktorandenstellen für das Projekt namens „I See“ sind derzeit schon ausgeschrieben, bald soll es losgehen. Die Forschung ist für drei Jahre angelegt. Ob es dann bereits das fertige Hilfsmittel gibt, das Blinde sehen lässt? Nicht ganz, sagt Jancke. „In diesem Rahmen können wir den ersten Schritt machen. Wir würden uns natürlich wünschen, dass wir viel mehr Mittel zur Verfügung hätten. Bis es ein fertiges Produkt gibt, bedarf es eines weiteren Schrittes“, so der Forscher.

Schon in fünf Jahren könnte ein Produkt fertig sein

Das Projekt „I See“

Im Projekt „I See“ arbeiten Forscherinnen und Forscher aus Deutschland, der Schweiz und Kanada zusammen. Alle dieser Forscher haben unterschiedliche Schwerpunkte.

Die Europäische Kommission fördert das mit rund 900.000 Euro.

Jancke ist optimistisch, dass die Umsetzung der Pläne des Forschungsteams klappen, auch wenn sie gerade noch ganz am Anfang stehen: „Ich kann mir gut vorstellen, dass es in ungefähr fünf Jahren ein fertiges Produkt gibt.“ Zwar hänge der Erfolg auch von den Ergebnissen anderer Studien ab, doch Jancke ist zuversichtlich, dass dieser eintritt. „Wenn ich nicht glauben würde, dass es erfolgreich ist, würde ich es nicht machen.“

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