Bochum-Querenburg. Faruk Yildirim kennt das Uni-Center in Bochum schon ewig. Dass immer mehr Händler schließen, überrascht ihn nicht: „Früher war es familiärer.“

„Hier entsteht eine schöne neue Shopping-Welt“ steht in den zugeklebten Schaufenstern zahlreicher Ladenlokale im Uni-Center – und dies teils seit vielen Jahren. Doch an dieses Versprechen glauben möchte hier kaum noch jemand: weder so mancher Kunde noch einige Händler, die der „Shopping-Welt“ den Rücken kehren. Neben dem Brillenstudio und dem Reisebüro machen auch „Jeans Fritz“ und die Buchhandlung Schaten in nächster Zeit dicht und fügen dem ohnehin von Leerständen gebeutelten Uni-Center neue hinzu.

Für Faruk Yildirim ist das keine große Überraschung. Der 44-Jährige arbeitet als Quartiersmanager bei HU-Kultur in der benachbarten Hustadt und hat die gesamte Kindheit und Jugend im Uni-Center verbracht. Seine Familie wohnt verstreut in den Hochhäusern, schon als kleiner Junge zog er mit seinen Freunden hier durch die Fußgängerzone. „Erst Fußball, danach Pizza essen und mit Freunden treffen, so war das hier immer“, sagt er.

Uni-Center besteht seit 1973

Das Uni-Center in Querenburg entstand gleichzeitig mit der benachbarten Ruhr-Uni und wurde 1973 fertiggestellt. Hier finden sich rund 2000 Wohnungen, die teils von Studenten bewohnt werden. Auch zahlreiche Flüchtlinge, die 2016 nach Deutschland kamen, haben hier Wohnungen gefunden.

Haupteigentümer des Uni-Centers ist seit 2016 Grand City Property (GCP) aus Berlin. Das Centermanagement wird von „Koprian IQ“ mit Sitz in Hamburg übernommen.

Immer mehr Händler im Uni-Center Bochum geben auf

Der schleichende Verfall des Centers, der in den letzten Jahren enorm an Fahrt aufgenommen hat, bereitet ihm Sorge: „Die Atmosphäre war hier früher eine ganz andere“, erzählt er. „Alles war viel familiärer, viele kannten sich untereinander. Heute laufen alle nur noch aneinander vorbei.“

Yildirim erinnert sich gern an die 1990er Jahre, als im Uni-Center das Leben pulsierte. Es gab ein Kino, gut besuchte Cafés, Kneipen, Restaurants: „Damals hatte man das Gefühl, dass dem Management an dem Center eine Menge liegt“, erzählt er. „Die gaben sich echt Mühe, dass hier was passierte.“ Ob es spezielle Aktionen zu Ostern und Weihnachten mit Tombola waren oder der große Auflauf beim Campus-Fest: Im Uni-Center steppte gern der Bär.

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Misstrauisch wurde Yildirim, als vor einiger Zeit der „Burger King“ schloss: „Das hat mich schwer gewundert“, sagt er. „In jedem kleinen Dorf gibt es solch einen Laden, aber ausgerechnet hier läuft der nicht?“ Yildirim sieht das als weiteres Indiz dafür, dass im Kern etwas nicht stimmen könnte. „Man hat einfach das Gefühl, dass fürs Management allein der Profit zählt“, meint er. Dass die Ladenmieten üppig sind, hört er immer wieder: „Die bewegen sich auf dem Niveau vom Ruhrpark“, sagt er. „Dabei ist das hier das Uni-Center, das darf man nicht vergessen.“

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Blick in die Fußgängerzone: Im Uni-Center gibt es immer neue Geschäftsschließungen zu beklagen. Jetzt machen unter anderem die Buchhandlung Schaten, das Reisebüro und ein Jeans-Laden dicht.
Blick in die Fußgängerzone: Im Uni-Center gibt es immer neue Geschäftsschließungen zu beklagen. Jetzt machen unter anderem die Buchhandlung Schaten, das Reisebüro und ein Jeans-Laden dicht. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

„Ein Ghetto ist das Uni-Center keinesfalls“

Und dennoch: Faruk Yildirim ist gern hier. „Fürs tägliche Leben bekommt man eigentlich fast alles“, sagt er. „Ein Ghetto ist das Uni-Center keinesfalls. Es bräuchte aber ein Netzwerk, das sich um die Belange der Menschen hier kümmert, gerade auch was die schwierige Wohnsituation angeht. Drüben in der Hustadt läuft das um einiges besser.“

Einige Händler sehen die Lage mit Besorgnis. „Die vielen leeren Läden und jetzt noch Corona: Für uns ist das eine Katastrophe“ sagt Agit, der mit seiner Familie seit drei Jahren den „Uni-Kebab“ betreibt.

Imbiss erst neu dekoriert

Erst vor einem halben Jahr haben sie ihren Imbiss neu dekoriert, jetzt darf erneut niemand mehr drin sitzen. „Die Laufkundschaft und vor allem die vielen Studenten bleiben wegen Corona weg“, sagt Agit. „Vom Vermieter gibt es da kein Entgegenkommen, die Miete ist hoch.“ Nebenan im Obst- und Gemüsegeschäft hält Ömer Bozkurt die Stellung: „Wir halten uns über Wasser“, meint er. „Hoffentlich wird Corona kein Dauerzustand.“

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