Bochum. Neue Ausstellung im Stadtarchiv zeigt anschaulich, wie für den VfL Bochum alles begann. Einigen Anteil daran hatten die Nationalsozialisten.

Verheiratet ist man zwar mit seinem Ehepartner, doch die wahre Liebe ist für viele Menschen der Fußballverein. Wer sein Herz an den Lieblingsclub hängt, für den ist Fußball weit mehr als der wöchentliche Kick auf dem Rasen. Fußball stiftet die geballte Gefühlspalette aus Identität, Frust und Begeisterung über Generationen hinweg.

Dies schließt durchaus auch dunkle Kapitel der eigenen Vereinsgeschichte mit ein, denen sich so mancher gern stellen möchte. So hat sich in den Fankreisen des VfL Bochum vor einem Jahr eine Arbeitsgruppe gefunden, die unter dem Titel „1938, nur damit es jeder weiß“ tief in den Annalen des Vereins für Leibesübungen geforscht hat. „Wir haben richtig Archivarbeit betrieben“, erzählt Florian Kovatsch vom Fanprojekt Bochum, das von der Awo Ruhr-Mitte und der Jugendförderung der Stadt betrieben wird.

VfL-Fans leisten unermüdliche Archivarbeit

Ausstellung kann ausgeliehen werden

Die Ausstellung „Unsere Heimat, unsere Liebe“ ist ab Dienstag, 6. Oktober, im Stadtarchiv (Zentrum für Stadtgeschichte) an der Wittener Straße 47 zu sehen. Geöffnet: Di., Mi. und Do. von 10 bis 18 Uhr, Sa./So. von 11 bis 17 Uhr.

Im kommenden Jahr kann die Wanderausstellung auch von Schulen oder anderen Einrichtungen entliehen werden. „Wir wollen, dass möglichst viele junge Menschen sie sehen“, sagt Florian Kovatsch. Infos unter fanprojekt-bochum@web.de

Etwa 20 Fans waren dafür unermüdlich im Stadtarchiv unterwegs, wälzten Akten und sichteten alte Zeitungsartikel auf Mikrofilmen. Das Ergebnis ihrer Arbeit kann sich sehen lassen: Die Ausstellung „Unsere Heimat, unsere Liebe“, die ab 6. Oktober im zweiten Obergeschoss des Stadtarchivs an der Wittener Straße 47 zu sehen ist, bietet tiefe Einblicke in die Gründungsjahre des Vereins, die für historisch interessierte Menschen ebenso interessant sein dürften wie für beinharte Fußballfans. „Das ist eine Ausstellung von Fans für Fans und für die ganze Familie“, fasst es Kovatsch zusammen.

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Anhand von 20 abwechslungsreich gestalteten Ausstellungstafeln erfährt der Besucher einiges über die dunkle Geschichte des VfL, die mit dem Aufstieg der Nationalsozialisten eng verbunden ist. So schmückt sich der Verein zwar mit dem Gründungsjahr 1848 im Wappen, doch das ist höchstens die halbe Wahrheit: „Der Verein entstand 1938 aus der Fusion dreier Sportvereine, nämlich des Turnvereins Bochum, Germania 06 und des TuS Bochum“, so Kovatsch. „Nur der Turnverein stammt aus dem Jahr 1848, aber dieses Jahr zu nennen, klang rückblickend betrachtet natürlich bedeutend besser.“

Hakenkreuze über Bochum: Beim Wahlkampfauftritt von Adolf Hitler im Juli 1932 war das Gelände an der Castroper Straße voller Menschen.
Hakenkreuze über Bochum: Beim Wahlkampfauftritt von Adolf Hitler im Juli 1932 war das Gelände an der Castroper Straße voller Menschen. © FUNKE Foto Services | Repro: Dietmar Wäsche

Als Adolf Hitler nach Bochum kam

Eine Tafel beschäftigt sich mit dem Besuch Adolf Hitlers in Bochum, der am 24. Juli 1932 vor jubelnder Menge an der Castroper Straße sprach. Auch der Einfluss der NSDAP auf die Gründung des VfL sowie der alltägliche Antisemitismus in unserer Stadt von 1933 bis 1945 wird so anschaulich wie bedrückend skizziert. Wer mehr erfahren möchte, kann die Ausstellung zudem mit dem Handy besuchen: Über QR-Codes werden viele weitere Infos bereitgestellt.

Blick auf den Rassismus unserer Tage

All dies haben die VfL-Fans nicht allein erarbeitet. Als wichtige Quelle diente ihnen das Buch „Anne Castroper“ des Historikers Henry Wahlig. Wichtig dabei: Die Ausstellung versteht sich nicht als reine Geschichtsstunde, sondern möchte ganz bewusst den Bogen zum Antisemitismus und Rassismus unserer Tage schlagen. Drei Messwände, die in Form des VfL-Logos angeordnet sind, bringen die Thematik in die Gegenwart. „Das soll auch Denkanstöße für die heutige Jugend geben und ist wichtig für jeden“, meint Kovatsch.

Kai Rawe, der das Stadtarchiv seit rund einem Jahr leitet, freut sich über die neue Präsentation. „Unserem Haus ist schon lange daran gelegen, uns stärker in die Stadt hinein zu öffnen“, sagt er. „Das schließt Ausstellungen, die von Laien und nicht von Historikern gemacht sind, natürlich mit ein. Ausstellungen sollen auch unterhaltsam sein, die historische Genauigkeit muss dabei natürlich stimmen.“