Linden. Schließung nach 135 Jahren: Der letzte Tag im St. Josefs-Hospital Linden des Helios-Konzerns sorgt bei vielen Mitarbeitern noch einmal für Unmut.
Die Sonne scheint an der Axstraße in Bochum-Linden, aber das Gemüt der Mitarbeiter, die aus dem St. Josefs-Hospital kommen, sieht nicht dementsprechend aus. Gerade macht sich Agnes Wegener nach ihrer letzten Schicht auf den Weg zu ihrem Auto. Mit dem 30. September schließt der Helios-Konzern seinen Standort in Linden. „Man verlässt eine große Familie“, sagt Wegener, die als Nachtschwester über 12 Jahre in der Notaufnahme gearbeitet hat.
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So sieht es auch Kollegin Monique Heinen. Nach 15 Jahren in der Notfallambulanz geht sie - trotz schöner Erfahrungen mit Kollegen und Patienten - auch mit Unmut im Bauch. „Schönes Wetter, aber selbst heute fühlen wir uns vom Arbeitgeber im Regen stehengelassen“, ärgert sie sich. Seitens des Konzernes sei am letzten Tag niemand aufgetaucht, ein Abschiedsfrühstück haben die Mitarbeiter selbst organisiert.
Es war ein „Sterben auf Raten“
„Traurige Kiste, am Ende war’s nicht mehr schön“, kommentiert auch Schwester Kathrin. Es sei ein „Sterben auf Raten“ gewesen, seit anderthalb Jahren habe die Schließung wie ein Damoklesschwert über den Mitarbeitern gebaumelt. Klarheit, dass der Standort - zumindest die Somatik - wirtschaftlich nicht fortgeführt werden kann, gab es schließlich im März. Gute Nachrichten damals nur für die zugehörige Kinder- und Jugendpsychiatrie: Sie wird aufrechterhalten.
„Wir waren ein langgewachsenes Team. Zu gehen, tut weh“, sagt Schwester Kathrin. Noch nicht alle Mitarbeiter - betroffen sind 150 - wissen, wie es für sie weitergeht. „Ich nehme mir eine Auszeit und schaue mich danach um“, sagt Wegener. Für Heine hat sich eine neue Tür geöffnet: „Ich fange im Augusta-Krankenhaus an“, sagt sie. Auch bei der Entwicklung neuer beruflicher Perspektiven habe man aber die Unterstützung von Helios vermisst.
Aufhebungsverträge für Mitarbeiter
Der Konzern selbst teilt mit, rund die Hälfte der Mitarbeiter hätten nach verkündeter Schließungsabsicht im Einvernehmen Aufhebungsverträge unterschrieben. Viele hätten frühzeitig neue Perspektiven bei Helios und anderen Trägern gehabt.
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Fast ein wenig ironisch klingt es angesichts der von den Mitarbeitern vermissten Unterstützung, dass Helios mitteilt: „In den zurückliegenden Wochen haben uns einige Kolleginnen und Kollegen von ihren persönlichen Momenten und Begegnungen erzählt. Wir hoffen, dass es trotz der Schließung diese Erinnerungen sind, die ihnen vom Helios St. Josefs-Hospital Bochum-Linden bleiben.“
Fristverlängerung wegen Corona-Krise
Auch angesichts der langen Historie des 1885 eröffneten Krankenhauses stimmt das Ende traurig. Mit dem St. Josefs schließt zwar die kleinste Allgemeinklinik Bochums, bekannt war sie aber vor allem für Augen-OPs. „Schade, wie es am Ende gelaufen ist“, sagt auch Bezirksbürgermeister Marc Gräf (SPD). Zwar befinde sich die Krankenhauslandschaft generell im Umbruch, der Umgang und die Kommunikation mit den Mitarbeitern hätten ihn aber immer wieder geärgert.
Eine Art Gnadenfrist hatte es zuletzt noch wegen der Coronakrise gegeben: Um andere Bochumer Krankenhäuser mit Personal und Räumlichkeiten zu entlasten, wurde die Schließung verschoben. Eine Überlastung blieb aus - nun sind die Türen dauerhaft geschlossen.
Gebäudenutzung offen
Grund für die Schließung waren ein Rückgang an Patienten und eine fehlende Grundauslastung. Im Wettbewerb mit umliegenden, weit größeren und spezialisierten Krankenhäusern, konnte St. Josefs nicht mithalten.
Bis Ende des Jahres bleiben die Räumlichkeiten der Klinik noch Bestandteil des Pandemie-Konzeptes der Stadt. Und danach? „Wir wissen noch nicht, wie es weitergeht“, gibt Gräf zu. Eine Wohnbebauung könne er ausschließen. „Wir werden mit dem Eigentümer ins Gespräch gehen“, kündigt er an.
Kinder- und Jugendpsychiatrie bleibt erhalten
Pressesprecherin Marina Dorsch teilt für Helios mit: „Für die Weiternutzung des Gebäudes gibt es darüber hinaus noch keine konkreten Pläne.“ Augenarztpraxis, chirurgische Praxis sowie die Krankenschule verblieben vorerst in den Räumlichkeiten der Klinik.
Positiv stimmt Gräf derweil, dass der Standort zumindest für die Kinder- und Jugendpsychiatrie gerettet ist. „Ihre Zukunft war meine größte Sorge. Kinder sind die Schwächsten in der Kette und haben an der Axstraße einen ganz außergewöhnlichen Schutzort“, so Gräf.
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