Bochum-Gerthe. Der Umbau des Lothringen-Gebäudes in Bochum-Gerthe lässt auf sich warten. Die Bürger sind sauer auf den Investor. Dieser will aber bald loslegen.
Gut fing der Info-Abend zur Zukunft des Verwaltungsgebäudes an der Lothringer Straße in Bochum-Gerthe nicht an: Architekt Ulrich Plaga, Investor Jens Dellhofen und die Bochumer Wirtschaftsentwicklung ließen sich kurzfristig entschuldigen. Nur Projektmanager Andreas Seipp kam in Vertretung des Kölner Investors „Beletage Grundbesitz“ zur Veranstaltung, zu der Bezirksbürgermeister Henry Donner (SPD) eingeladen hatte – mit dem Ziel, Gerüchte zu beseitigen.
Lothringen-Gebäude: Verzögerung beim Umbau sorgt in Bochum-Gerthe für Unmut
Das heizt den – ohnehin schon großen – Unmut der Gerther Bürger an: „Wir fürchten, dass der Investor seine Hausaufgaben nicht macht und das Gebäude verfällt“, sagt Helmut Diegel. Es sei das letzte Prunkstück in Gerthe, man drohe einen Leuchtturm zu begraben. Dabei schien die Immobilie vor zwei Jahren gerettet, als ein Investor gefunden war und dieser Wohnungen, Büro, Café und Quartierstreff versprach.
Lange geschah nichts, nun wurde bekannt: Eine Baugenehmigung gibt es seit Februar 2020, die sieht aber bisher nur Wohnungen und ein Büro vor. „Café und Begegnungsstätte waren ein wesentlicher Bestandteil der Pläne“, ärgert sich die Gertherin Sabine Schläger-Diegel. „Wir leben hier und müssen ansehen, wie das Gebäude verfällt. Es regnet herein, Tauben nisten, Obdachlose hausen hier. Warum wird das toleriert?“, will Brigitte Hoffmann wissen.
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Andreas Seipp, Projektbetreuer seit Anfang 2020, zeigt sich vom Ärger wenig beeindruckt: „Die Eingriffe, die wir vornehmen werden, sind so massiv, dass kein besonderer Schutzbedarf besteht.“ Große Teile würden ohnehin entsorgt, man habe aber einen Bauzaun eingerichtet. „Der Leerstand hat zu keinen wesentlichen Schäden geführt“, betont er.
Den Gerthern reicht das nicht. „Warum hat sich der anvisierte Baustart von Anfang 2019 auf 2021 verschoben?“, wollen sie wissen. Seipp dazu: „Für Bürger sieht es so aus, als sei nichts passiert, aber das ist nicht so.“ Die einstigen Pläne hätten sich im Baugenehmigungsverfahren mit jeder Menge Vorschriften gerieben. „Wir sind mit der Bearbeitungszeit der Stadt zufrieden“, teilt er mit.
Begegnungsstätte als „abstrakte Projektidee“
Dass das Konzept nach aktuellem Stand – mit 27 anstatt 40 Wohnungen und keiner fest geplante Begegnungsstätte – wesentlich von dem Versprochenen abweicht, will Seipp so nicht sehen. „Das war eine abstrakte Projektidee, die sich durch Vorschriften und Gebäudestruktur geändert hat“, betont er. In einem Verfahren, in dem ein gewerblich genutztes Gebäude zu Wohnraum umgewandelt werde, könne man sich nur von einem Stand zum nächsten hangeln – „gelebte Planungsrealität“ in der Immobilienbranche.
„Man ist auf Zuarbeit, etwa von Fachingenieuren, angewiesen. Corona hat Prozesse verschleppt“, erläutert er. Kritik an der Kommunikationsstrategie will Seipp nicht einstecken: „Wir sind privater Investor, warum müssen wir unsere Pläne kommunizieren?“, fragt er.
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Einige Antworten gibt es für die Gerther dann aber doch: Dass das Gebäude am Ende abgerissen wird, muss laut Seipp nicht gefürchtet werden. „Wir wollen Anfang 2021 ausschreibungsfähige Unterlagen haben“, sagt er. Nach der Bewerbungsphase gehe es an den ersten Bauabschnitt, bei dem Wohnungen und Büro entstehen sollen.
Fassade steht nicht unter Denkmalschutz
Und Café und Quartierstreff? „Es ist ein Grundstücksteil für ein Café vorgesehen, zudem sind 1600 Quadratmeter Fläche noch nicht verplant“, so Seipp. Auf dieser Fläche sei der Neubau eines Quartierstreffs in einem eigenen Gebäude möglich. „Wir haben noch keine Interessenten oder Betreiber gefunden“, so Seipp. Gesucht habe man aber auch noch nicht.
Fast 6000 Unterschriften gesammelt
Das frühere Verwaltungsgebäude der Zeche Lothringen liegt an der Lothringer Straße 34. Mit fast 6000 Unterschriften hatten sich Bürger für den Erhalt und gegen eine Aldi-Ansiedlung eingesetzt. In Workshops waren daraufhin Quartierstreff und Café als zentrale Forderungen erarbeitet worden.
Die vorgesehenen Wohnungen sollen barrierearm/-frei werden. Es soll künftig etwa alle acht Wochen eine Infoveranstaltung zum aktuellen Stand geben.
Die Bauabschnitte würden nicht parallel laufen, deshalb gäbe es auch noch keine Baugenehmigung für diesen zweiten – noch unklaren – Teil. Wird die Fassade erhalten? Verpflichtet ist der Investor dazu nicht, denn: „Wir konnten die Fassade nicht unter Denkmalschutz stellen, der Charakter eines Denkmals ist wegen unterschiedlicher Baustile nicht gegeben“, gibt Henry Donner zu. Seipp verspricht aber, der Wiedererkennungswert bleibe gewahrt.
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Ein weiteres – positives – Ergebnis: Alle zwei Monate soll es eine Bürgerveranstaltung geben – damit sich gar nicht wieder so viel Unmut anstauen kann.
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