Bochum. Logistik-Riese Nagel betreibt in Bochum die größte Dach-Photovoltaikanlage im Revier für den Eigenbedarf. Zwei Millionen Euro hat er investiert.

Die größte Dach-Photovoltaikanlage im Ruhrgebiet ohne Einspeisevergütung, also allein für den Eigenbedarf, gibt es in Bochum. Bauen lassen hat sie der Lebensmittellogistiker Nagel auf zwei Hallen seines Frischelogistikzentrum im Stadtteil Harpen. Zwei Millionen Euro hat das Familienunternehmen dafür investiert.

Und das soll sich schon bald auszahlen; vor allem im Sommer, wenn die Temperaturen steigen und der Energiebedarf in dem 72.000 Quadratmeter großen Logistikstandort besonders hoch ist. Der Energieaufwand, um die „größten Kühlschränke in NRW“, so Nagel-Vorstandsmitglied Björn Schniederkötter, betreiben zu können, ist immens. Zwischen 1,2 und 1,5 Millionen Euro gibt Nagel jährlich allein am Standort Bochum für Energiekosten aus. Eine Rechnung, die in Zukunft deutlich kleiner ausfallen soll; zumal es noch Ausbaureserven auf einer weiteren Halle gibt.

Eigentümer Kappel kann Erweiterungsflächen anbieten

Überhaupt ist das Entwicklungspotenzial in Bochum für das ostwestfälische Familienunternehmen noch längst nicht ausgeschöpft. „Das hier ist ein perfekter Standort, den wir weiter entwickeln wollen“, so Vorstand Schniederkötter bei der offiziellen Inbetriebnahme der PV-Anlage. Auf dem Betriebsgelände entsteht gerade eine moderne Lkw-Werkstatt. Und 30.000 Quadratmeter Entwicklungsfläche hält der Vermieter, die Bochumer Kappel Grundstücks- und Verwaltungsgesellschaft, nach Auskunft von Geschäftsführer Uwe Kappel auch noch vor. Erst vor zwei Jahren hatte Kappel an dem Standort 14 Millionen Euro in ein neues Kühllager für die Nagel-Group investiert.

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Auf dem Dach des erst vor zwei Jahren fertiggestellten Kühllagers stehen noch Flächen für einen Ausbau der Photovoltaikanlage um 30 bis 40 Prozent zur Verfügung.
Auf dem Dach des erst vor zwei Jahren fertiggestellten Kühllagers stehen noch Flächen für einen Ausbau der Photovoltaikanlage um 30 bis 40 Prozent zur Verfügung. © FUNKE Foto Services | Kim Kanert

Dass die Bochumer den Ostwestfalen nun gestatten, eine Photovoltaikanlage auf einer gemieteten Halle zu errichten, ist nach Ansicht von NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) genau die Art von Kooperation, die in Sachen Erneuerbare Energie noch zu selten geschieht. „Wir brauchen solche Partnerschaften noch viel mehr in NRW.“ Überhaupt gebe es noch jede Menge Potenzial. Einer Studie zur Folge liegt das Photovoltaikpotenzial allein auf Haus- und Hallendächern in NRW bei 68 Terawattstunden Strom jährlich. „Genutzt werden aber nur vier Terawattstunden“, so Pinkwart. Investitionen wie die der Nagel-Group seien der richtige Weg.

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8000 Module auf 13.000 Quadratmetern

Die neue Photovoltaikanlage hat eine Fläche von etwa 13.000 Quadratmetern und produziert jedes Jahr etwa zwei Millionen Kilowattstunden Energie. Auf zwei Dächern haben Mitarbeiter der Solar-E-Technik Hamm binnen sechs Wochen mehr als 8000 Module installiert, die über eine Maximalleistung von 2,42 Megawatt verfügen. Umgerechnet könnten damit mehr als 400 Vier-Personen-Haushalte dauerhaft mit Strom versorgt werden. Durch die neue Anlage können jährlich fast 1200 Tonnen CO2 eingespart werden.

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Moderne Fahrzeugflotte

Die auf Lebensmittellogistik spezialisierte und europaweit agierende Nagel-Group mit Sitz in Versmold beschäftigt an mehr als 130 Standorten über 13.000 Mitarbeiter in Europa. Zuletzt erwirtschaftete das Unternehmen einen Umsatz von 2,1 Milliarden Euro.

Mit 7000 Lkw werden die Waren befördert. Die Fahrzeuge der modernen Flotte seien in der Regel nicht älter als drei Jahre, so Nagel-Vorstand Björn Schniederkötter.

„Dieser Umweltaspekt ist uns besonders wichtig. Kühllogistik ist ein energieintensives Unterfangen. Daher setzen wir unser Engagement fort, um die benötigte Energie über eigene Anlagen selbst zu produzieren“, so der Nagel-Vorstand. Für den Logistik-Riesen ist es die zweite Anlage diese Art. Und es soll nicht die letzte sein. Die Ostwestfalen verfolgen ein ehrgeiziges Ziel: „Bis zum Jahr 2030 wollen wir klimaneutral arbeiten“, so Schniederkötter. „Und das ist eine Herausforderung bei allein 7000 Lkw, die täglich in ganz Europa unterwegs sind.“

Stromproduktion vor Ort

Der in Bochum produzierte Strom wird zu hundert Prozent für den Betrieb der Kühllager genutzt. Eine Erweiterung könnte auch der Nachbarschaft nutzen. Dem Vernehmen nach werden bereits Gespräche mit einem Unternehmen geführt. Aus Sicht des Wirtschaftsministers ist das der richtige Weg. „Im Energiesystem der Zukunft wird der Strom verstärkt dort produziert, wo er verbraucht wird“, so Andreas Pinkwart.

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