Bochum. Das Jobcenter Bochum verhängt deutlich weniger Sanktionen gegen Hartz IV-Bezieher. Grund dafür ist ein Urteil des Verfassungsgerichts.

Drei Viertel der 19.848 Arbeitslosen (Stand Ende Juli) in Bochum beziehen ihr Geld vom Jobcenter, exakt sind es 14.297 Frauen und Männer. Mit diversen Maßnahmen soll zumindest einen Teil von ihnen der Weg auf den Arbeitsmarkt geebnet werden. 41,3 Millionen Euro stehen dafür in diesem Jahr bereit.

Damit stehen dem Jobcenter Bochum nach den deutlichen Mittelsteigerungen für die Vermittlung in den beiden Vorjahren diesmal 6,7 Prozent mehr Geld zu Verfügung als noch 2019. Zum Ziel gesetzt hat es sich u.a., 900 vor allem Anlern- und Helferstellen einzuwerben, 380 Langzeitarbeitslose mittelfristig auf den ersten Arbeitsmarkt zu bugsieren und weitere Erfolge bei der Qualifikation und Vermittlung von Geflüchteten zu erzielen. Vor allem über Sprachförderungen und eine parallel laufende berufliche Aus- und Weiterbildung im Qualifizierungszentrum für zugewanderte Menschen (Quaz) in der früheren Opel-Ausbildungswerkstatt in Langendreer soll dies gelingen.

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Sanktion als letztes Mittel

„Fördern und fordern“ heißt weiterhin die Direktive. „So wie der Kunde einen Anspruch auf gute Beratung hat, so her er auch die Verpflichtung, sich selbst einzubringen“, so Johannes Rohleder, Sprecher des Jobcenters Bochum. Kommen Jobcenter-Kunden diesen Verpflichtungen nicht nach, wird ihnen ein Teil ihrer Leistungen gestrichen. „Eine Sanktion ist für uns aber immer nur das letzte Mittel und wir erst nach eingehender Prüfung verhängt“, so Rohleder.

Wobei sich die Grundlage für eine solche Sanktion seit dem Vorjahr stark verändert hat. 2019 wurden noch 5036 Sanktionen ausgesprochen – zum Teil über mehrere Monate, in dem meisten Fällen (4425) aufgrund eines Meldeversäumnisses in der Arbeitsvermittlung. Durchschnittlich 15,9 Prozent der Leistungen wurden so einbehalten. Ende des Jahres hatte sich der so einbehaltende Betrag auf 776.000 Euro summiert.

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1105 Sanktionen in vier Monaten

In diesem Jahr wird es voraussichtlich deutlich weniger Maßregelungen gegen die derzeit etwa 30.600 erwerbsfähigen Leistungsberechtigten geben. In den ersten vier Monaten des Jahres waren es lediglich 1.105 mit einer Gesamtsumme von 158.000 Euro – für das ganz Jahr lässt sich so eine Zahl von gut 3000 Sanktionen voraussagen. Denn: Leistungsminderungen dürfen anders als früher nicht mehr als 30 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs betragen. So hat es das Verfassungsgericht im November 2019 entschieden. Und: „Bei allen Leistungsminderungen haben die Jobcenter zu prüfen, ob die Leistungsberechtigten von der Minderung außergewöhnlich hart betroffen sind. In diesem Fall ist von einer Leistungsminderung abzusehen“, so Johannes Rohleder. „Die Hürde für Sanktionen ist deutlich höher geworden.“

Meldeversäumnis in vier von fünf Fällen

Vier von fünf Sanktionen werden aufgrund eines Meldeversäumnis in der Arbeitsvermittlung verhängt. Das heißt, der Kunde kommt einer Einladung in das Jobcenter ohne wichtigen Grund nicht nach und sagt den Termin weder ab noch bittet er vorab um eine Verschiebung.

Kommt dies zum ersten Mal vor, sanktioniert das Jobcenter Bochum dies nach eigenem Bekunden in der Regel nicht. „Denn unser Ziel ist es ja, mit den Kunden ins Gespräch zu kommen“, so Pressesprecher Johannes Rohleder. Bei mehrfachen Verstößen sei jedoch eine Sanktion die Folge.

Und es gibt weitere Einschränkungen für die Behörde. Wird die Mitwirkung nachträglich erfüllt, endet die Sanktion in der Regel unverzüglich, spätestens in einem Monat nach Erfüllung dieser Mitwirkung. Und für unter 25-Jährige gelten anders als bis dato keine schärferen Regeln mehr als für die über 25-jährigen.

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