Bochum. Allein 9500 Tonnen Stahl werden beim Bau des Viktoria-Karree in der Bochumer Innenstadt verbaut. Das sind die Pläne für die riesige Baustelle.
Monatelang haben Bagger und Abrissbirnen das Bild bestimmt. Jetzt haben Kräne und Betonmischer das Regiment auf Bochums zweitgrößter Baustelle übernommen. Der alte Justizkomplex ist Geschichte. An seiner Stelle wächst allmählich das Viktoria-Karree aus dem Boden.
160 Millionen Euro verbaut Investor HBB in der westlichen Innenstadt. Und ein nicht unerheblicher Teil dieser Summe wird beinahe täglich in die Baugrube gepumpt. Beton.
Betonmischer an Betonmischer reihen sich auf der ABC-Straße aneinander. Es ist wieder einer dieser Tage, an denen ein Teil der gigantischen Bodenplatte gegossen wird. Hunderte Kubikmeter werden in einer Schicht verbaut, Dutzende Lkw mit Mischtrommel und einer Kapazität von jeweils bis zu 15 Kubikmetern Beton fahren vor und entledigen sich ihrer Fracht über eine Pumpe mit einem mehr als 20 Meter langen Ausleger.
Auch interessant
Bodenplatte aus Beton ist 1,80 Meter stark
Raue Mengen gehören zu jeder Großbaustelle. Hier liest sich das so: Bis zu 1,80 Meter hoch ist allein die Bodenplatte des künftigen Einkaufs-, Verwaltungs- und Hotelkomplexes. Mannshoch sind die Eisenkonstruktionen, die dafür geflochten werden und zwischen denen die Bauarbeiter aus der Ferne betrachtet fast so wirken wie bei einem Versteckspiel. 70 bis 80 Leute arbeiten momentan in der weitläufigen Baugrube. „Mehr machen keinen Sinn“, sagt Ingenieur und Immobilienökonom Kai Steindl. „Sie stehen sich sonst gegenseitig auf den Füßen.“
Auch interessant
Der Technischer Geschäftsführer bei HBB kommt derzeit jede Woche für einen Tag aus Hamburg nach Bochum. Später, wenn der Rohbau steht und der Innenausbau beginnt, wird er häufiger und länger da sein. Denn dann gibt es noch mehr abzusprechen, zu koordinieren und zu entscheiden als jetzt schon. Ein Bauprojekt dieser Größe erfordert ein Höchstmaß an Planung weit im voraus; so müssen etwa jetzt die Plätze aller Anker in den Außenwänden festgelegt sein, an denen in sieben oder acht Monaten die Fassaden aufgehängt werden.
Trotzdem müssen jeden Tag Dinge neu abgesprochen werden – mit den beiden Bauunternehmen August Prien und Hans Lamers, mit der städtischen Bauaufsicht, dem Generalplaner, dem Statiker, den Architekten, den von HBB eingesetzten Kontrolleuren, dem Arbeitsschutz und mit einigen anderen mehr. Bauen in dieser Dimension ist Teamwork.
Auch interessant
9500 Tonnen Stahl werden verbaut
Große Baustellen gehören für Kai Steindl zum Alltag. Seit 13 Jahren ist er bei HBB. Und die Hanseaten bauen und verwalten eher groß, denn klein. Aber auch für den 53-jährigen gebürtigen Norddeutschen ist so ein Projekt nicht alltäglich. „So eine große Bodenplatte habe ich noch nicht gegossen“, sagt er beim Blick von der Holztreppe an der ABC-Straße auf die Arbeiten tief unten in der Baugrube.
12.200 Quadratmeter groß ist das Fundament für die drei Baukörper. Statiker haben Masse und technische Anforderungen genau berechnet. Denn: Jeder Zentimeter mehr in der Höhe kostet einen fünfstelligen Betrag“, so Steindl.
Auch der Stahl in dem Mammutprojekt verschlingt einen großen Batzen Geld. 9500 Tonnen werden einmal in den drei Gebäuden verbaut sein. Um sie und alle anderen Baustoffe an die dafür vorgesehene Stelle zu hieven, sind mittlerweile sechs große Kröne im Einsatz.
Westring nur zeitweise teilgesperrt
Und alles muss mit Lkw angefahren werden. „Die Baulogistik hier ist schon eine Herausforderung“, so Kai Steindl. Es bleibt nur wenig Platz für die großen Fahrzeuge und zum Lagern des Materials. Beinahe „just in time“, also direkt nach Anlieferung, wird vieles verbaut. Derzeit ist zwar eine Fahrspur am Westring gesperrt. „Aber die Stadt hat deutlich gemacht, dass das kein Dauerzustand sein kann.“ In Zukunft soll der Westring wieder zweispurig befahrbar sein und nur vorübergehend immer mal wieder gesperrt werden. Deshalb wird jetzt schon die Lücke zwischen dem Verbau, der das Abrutschen von Erde verhindern soll, und der Kellerwand am Westring verfüllt, um so Lagerflächen zu schaffen.
Auch interessant
Webcam zeigt alle Baufortschritte
Zahlreiche Zaungäste verfolgen jeden Tag die Arbeiten auf Bochums zweitgrößter Hochbaustelle. Mehr geplant, gebaut und umgebaut wird nur im früheren Opel-Werk in Laer, das allmählich zum Gewerbe- und Technologiepark reift.
„Wenn wir die ersten Etagen hochgezogen haben, kann man natürlich weniger sehen“, sagt HBB-Geschäftsführer Kai Steindl. Kiebitze haben dennoch die Chance, das Geschehen auf der Baustelle genau zu verfolgen: Eine Webcam filmt das Geschehen auf der Baustelle, https://www.hbb.de/projekte/viktoriaquartier-bochum/
Ostern 2021 soll der Rohbau der bis zu sieben Geschosse hohen Gebäude fertig sein. Dann kommen die Fassadenbauer und einige Monate später beginnt der Innenausbau, so der Baustellen-Chef. „Bis jetzt sind wir im Plan, auch wenn es im Boden doch noch einige Überraschungen gegeben hat.“ Das Abrissunternehmen Moß ist unter den Fundamenten des alten Justizzentrums auf Beton gestoßen, der nirgendwo verzeichnet und daher auch nicht erwartet worden war. Daher waren die Abbruchspezialisten länger als geplant auf der Baustelle. Steindl: „Deshalb mussten wir auch umdisponieren.“ Jetzt haben die Betonbauer auf der Westring-Seite bereits die höchste Kellerstufe erreicht, weiter Richtung Husemannplatz werden dagegen immer noch Teile der Bodenplatte gegossen.
Weitere Nachrichten aus Bochum lesen Sie hier.