Gerthe / Hiltrop. Die Initiativen „Gerthe-West – so nicht!“ und „Pro Gerthe“ verlangen von der Stadt Bochum die Einstellung der Planung. Die Politik lehnt ab.
Mit Bekanntwerden der Wohnbaupläne in Gerthe erhob sich der Widerstand. Nachbarn setzen sich seither gegen das Projekt „Gerthe-West“ zur Wehr. Jetzt fordern die Bürgerinitiativen „Gerthe-West – so nicht!“ und „Pro Gerthe e. V.“, die Planungen einzustellen und auf die Neubebauung zu verzichten.
Die Verwaltung lehnt ab, die Bezirksvertretung Bochum-Nord folgte ihr in ihrem Votum. „Es liegt noch keine Rahmenplanung für Gerthe-West vor. Deshalb wurde auch noch nichts verhandelt“, betont das Planungsamt.
Protestschreiben an Bauministerin überreicht
Schon im Januar letzten Jahres überreichten die Baugegner ein Protestschreiben an Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU), als diese nach Gerthe gekommen war, um gemeinsam mit Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD) eine Fördervereinbarung zu unterzeichnen.
17,4 Millionen Euro sind über eine Landesbürgschaft abgesichert. So sollen der Ankauf der Flächen – nicht alle sind in städtischem Besitz –, Planungsleistungen, Erschließung und Vermarktung finanziert werden. Damit ist Bochum ins Landesprogramm „Kooperative Baulandentwicklung“ aufgenommen. „NRW. Urban“ wird die 13 Hektar große Fläche entwickeln.
Gremium begleitet die Planungen zum Wohnbauprojekt
Inzwischen wurde ein Gremium aus Fachleuten und Vertretern der Bürgerschaft gebildet, das die Planungen für „Gerthe-West“ begleiten wird. Mit Ulrike Hohendorff ist auch die Initiative „Gerthe-West – so nicht“ vertreten. Im Oktober soll die Auftakt-Werkstatt im Ruhr-Congress stattfinden.
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Initiativ-Sprecher Gerhard Henke erklärt nun gegenüber der WAZ: „Wir weichen von unserer Maximalforderung nicht ab. Denn die Stadt hält an ihren Größenordnungen von 800 bis 1000 Wohnungen fest. Und da die Fläche verkleinert wurde, wird wohl umso dichter gebaut.“
Initiative sucht Mitstreiter auf dem Gerther Markt
Die Initiative will an drei Samstagen vor der Kommunalwahl auf dem Gerther Markt um Mitstreiter für ihr Anliegen werben. Zudem hat sie einen Fragenkatalog an die Fraktionen im Rat der Stadt geschickt.
Die Baugegner argumentieren mit dem Umweltschutz. Für beide Initiativen sprach Sabine Schoening während der letzten Sitzung des Bezirks Nord: „Wir als Bürgerinnen und Bürger aus Gerthe und Hiltrop und ungefähr 5000 Unterzeichner unserer Onlinepetition sind voller Sorge über die Entwicklungen zum Baugebiet Gerthe-West und die dadurch entstehenden Verschlechterungen der Lebensbedingungen.“
Die Planungen des Baugebietes umfassten eine Grünfläche mit mehr als 400 Bäumen im Altbaumbestand, deren Funktion notwendig sei, um weitere negative Klimaveränderungen abzumildern. Notwendig sei eine qualitativ orientierte Quartiersentwicklung, die sowohl Grünflächen und Frischluftschneisen als auch die Aufenthaltsqualität in Gerthe im Blick habe.
„Nicht mit Zielen des Klimaschutzes vereinbar“
Schoening: „Wir sehen keinen Bedarf an einer Bebauung in dieser Größenordnung auf Kosten des Klimas. Um den Bedarf an öffentlich gefördertem Wohnraum, der sicherlich durch die aktuelle gesetzliche Situation immer wieder neu entsteht, mit den Zielen des Klimaschutzes zu vereinbaren, plädieren wir für eine Erschließung bereits versiegelter Flächen für den Wohnungsbau.“
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Die Verwaltung versichert, der Aspekt des Umweltschutzes werde in der Rahmenplanung berücksichtigt. Es wurde ein Fachgutachter beauftragt, der gegenwärtig die Belange des Umweltschutzes zunächst in Form eines Grobscreenings voruntersuche. Dabei würden neben weiteren Schutzgütern auch die Schutzgüter Tiere, Pflanzen und biologische Vielfalt untersucht.
Angespannte Verkehrslage
Allein die Kritik der Initiativen an der Verkehrssituation rund um das geplante Neubaugebiet teilt die Stadtverwaltung.
Diese sei tatsächlich schon heute vor allem zu Spitzenstunden angespannt. Im Verkehrsgutachten Bochum-Nord wurden erste Maßnahmen zur Verbesserung aufgezeigt. In der Rahmenplanung werde die Verkehrssituation ein weiterer wichtiger Themenkomplex sein, den es von den Planungsbüros nach dem Leitbild einerumweltgerechten Mobilität zu bearbeiten gelte. Die Luftqualität müsse in Zusammenhang mit dem Verkehr betrachtet werden. Ziel der Stadt Bochum sei ohnehin, den Umweltverbund (ÖPNV, Rad, Fuß) langfristig zu stärken.
Zur Kritik der Initiativen, mit der Bebauung werde die Frischluftschneise für das Gebiet zerstört, entgegnet das Planungsamt: Die heutige klimatische Funktion der Flächen im Entwicklungsgebiet werde gegenwärtig in einem Gutachten untersucht.
Alle Seiten im Dialog bleiben
Friedel Donschen (FDP/Freie Bürger) ergänzte: „Die Planer arbeiten daran, dass Frischluftschneisen nicht vernichtet werden. Also: Wir sollten die Ergebnisse abwarten, und nicht jetzt schon alles canceln.“
Auch die Grünen im Bezirk können den Antrag, auf Gerthe-West zu verzichten, nicht mittragen: „Alle Seiten sollten im Dialog bleiben. Wir finden, das Hiltroper Feld sollte aus dem Bebauungsgebiet herausgenommen werden.“
Theobald Chiochon (Linke) hält 17 Hektar für Wohnungsbau für zu viel. Er enthielt sich, während alle übrigen Fraktionen dem Verwaltungsvorschlag folgten, wonach die Planung für Gerthe-West weiterverfolgt wird.