Bochum. Der vom Verfassungsschutz beobachtete Islamische Kulturverein will seine Moschee verlagern. Einen Pachtvertrag mit der Stadt gibt es aber nicht.
Der Islamische Kulturverein Bochum (IKV) will nach Angaben der Stadt noch in diesem Jahr den Betrieb der Khaled-Moschee in Wiemelhausen aufgeben. Als Moschee-Ersatz soll in Grumme eine Leichtbauhalle errichtet werden. Der vom Verfassungsschutz NRW beobachtete Verein will das Provisorium aber anders als geplant nicht mehr auf einem städtischen Grundstück aufstellen.
Der im Juli 2019 im Rat beschlossene und insbesondere von der AfD wegen der vermuteten Nähe des IKV zu den Muslimbrüdern kritisierte Pachtvertrag ist damit hinfällig. Die städtische Fläche wird perspektivisch aber noch für den Bau der geplanten Grünen Moschee Ruhr benötigt. Die Absicht zum Verkauf des Grundstücks an den IKV ist von der Politik ebenfalls gutgeheißen worden.
Islamischer Kulturverein Bochum kauft Grundstück von der Telekom
„Der IKV hält weiter an den Bau der Grünen Moschee Ruhr an der Karl-Lange-Straße 15-19 fest“, teilte der Vereinsvorsitzende Ramy Girshally auf Anfrage der WAZ mit. 1500 Gläubige sollen darin Platz finden. Bis zum Baubeginn dürften aber noch Jahre vergehen. Der erste Schritt ist daher „die Etablierung einer temporären Gebetsstätte“, wie es auf der Homepage des IKV heißt.
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Zum Bau dieser Leichtbauhalle will der IKV von der Telekom ein 13.700 Quadratmeter großes Grundstück an der Karl-Lange-Straße kaufen. „Hinsichtlich der Eigentumsübertragung fehlen noch die letzten Formalitäten“, so Girshally. Für die Bauvoranfrage indes fehlten aber auch noch Verkehrs-, Schallschutz- und Bodengutachten.
Stadt duldet Moscheebetrieb in Wiemelhausen seit Jahren
Ulf Dannehl aus dem Referat von Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD) gab sich im Gespräch mit der WAZ optimistisch: „Wir haben ein großes Interesse daran, aus der Duldung der Khaled-Moschee herauszukommen. Es gibt bereits Vorgespräche mit unserer Bauordnung. Die Absicht ist, die Halle noch in diesem Jahr zu realisieren und in Betrieb zu nehmen.“
Für die Nachbarn der Moschee an der Querenburger Straße könnte in wenigen Monaten also ein jahrelanges Ärgernis zu Ende gehen. 2012 bereits hatte die Stadt den Betrieb der Moschee in Wiemelhausen untersagt. Weil der IKV aber alle Rechtswege bis zu einer Niederlage am 22. Februar 2018 vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster beschritt, gilt die Duldung offiziell erst seitdem: immerhin auch schon rund zweieinhalb Jahre.
Verfassungsschutz beobachtet Aktivitäten aus dem Spektrum der Muslimbruderschaft
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Die AfD im Landtag und in Bochum wird unterdessen nicht müde, vor der Zusammenarbeit mit dem IKV zu warnen. Im März 2019 teilte Innenminister Herbert Reul (CDU) auf Anfrage der Partei mit: „So wird der Verein auch als Anlaufstelle für Personen mit Bezügen zu beobachteten islamistischen Bestrebungen bewertet. Hierzu gehören neben salafistischen Bestrebungen vor allem Aktivitäten aus dem Spektrum der Muslimbruderschaft, zum Beispiel durch Auftritte von Referenten aus deren Umfeld, welche bereits mehrfach in der Khaled Moschee des IKV festgestellt wurden.“ Im Mai 2020 bestätigte Reul diese Erkenntnisse.
CDU erntet nach Grußbotschaft heftige Kritik
CDU-Fraktionschef Christian Haardt und sein Vize Roland Mitschke handelten sich im Mai und Juni dieses Jahres Kritik einiger überregionaler Medien und Blogs ein. Anlass war eine Grußbotschaft der CDU auf Facebook, in der die Partei dem IKV zum Fastenbrechen gratulierte und kundtat: „Unser Reichtum heißt Vielfalt. Wir freuen uns auf die Grüne Moschee Ruhr!“
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Schlagzeilen wie „Bochumer CDU gratuliert Islamistischem Verein...“, „Stadt Bochum spielt Islamisten in die Hände“ und ein Shitstorm in den sozialen Medien bescherten den Christdemokraten Aufmerksamkeit. Hinzu kam, dass die CDU sich in ersten Stellungnahmen völlig unwissend gab.
„Wenn es Erkenntnisse des Verfassungsschutzes über den Verein gibt, dann müssen wir in Bochum davon in Kenntnis gesetzt werden“, so Mitschke auch zur WAZ. „Die Gemeinde muss natürlich aufpassen, wen sie sich einlädt und wer sie besucht. Aber: Wenn jemand in die Kirche geht, dann überprüft der Pastor auch nicht jeden einzelnen.“
Verwaltung sieht einen „Selbstreinigungsprozess“ beim Kulturverein
Ulf Dannehl indes geht davon aus, dass die Bochumer Politik beim Beschluss im Juli 2019 über die Hinweise des Verfassungsschutzes hätte Bescheid wissen können. „Wir als Stadt haben auch keine Infos vom Verfassungsschutz bekommen“, sagt Dannehl. „Unsere Erkenntnisse stammten aus der öffentlichen Diskussion. Ich habe gar keinen Zweifel, dass die politischen Entscheidungsträger diese Informationen kannten. Wir haben daher keinen Anlass gesehen, den Rat zu informieren.“
Gespräche mit dem Verfassungsschutz habe es aufgrund der Erkenntnisse dann jedoch gegeben. „Dabei sind wir aber ermuntert worden, den Weg, den wir eingeschlagen haben, weiterzugehen“, so Dannehl. „Wir haben den Eindruck gewonnen, dass der IKV die Kritik angenommen hat.“ Der Verein befinde sich in einem „Selbstreinigungsprozess“ zu dem auch die Begleitung durch einen Islamwissenschaftler gehöre.
CDU spricht von neuen Erkenntnissen des Verfassungsschutzes
Ramy Girshally bestätigte gegenüber der WAZ die Besuche von Referenten, die der Verfassungsschutz dem Umfeld der Muslimbrüder zuordnet. Diese Besuche dienten alle „ausschließlich der Wissensvermittlung“, heißt es. Gleichwohl habe der IKV seit Bekanntwerden der Beobachtung durch den Verfassungsschutz „interne Compliance-Maßnahmen getroffen, um die Vorkommnisse der Vergangenheit zu vermeiden“.
CDU-Fraktions-Vize Mitschke hat sich mittlerweile direkt beim Innenministerium schlau gemacht. „Auch seitens des Verfassungsschutzes NRW werden aktuell erste Veränderungsprozesse wahrgenommen“, so Mitschke. „Integration kann nur gelingen, wenn alle Beteiligten aufeinander zugehen.“