Bochum. Mehrere Altenpfleger erheben gegen ihren Bochumer Ex-Arbeitgeber schwere Vorwürfe. Auch Krankenkassen und der Heimaufsicht ist der Fall bekannt.
- Mehrere Altenpfleger haben ihrem Bochumer Ex-Arbeitgeber jetzt schwere Vorwürfe gemacht: Sie sprechen von chronischer Unterbesetzung, schlecht bis gar nicht qualifiziertem Personal und fehlender Zeit.
- Massive Überstunden seien bei den Altenpflegern die Regel gewesen. „Wir waren immer drastisch unterbesetzt“, berichten die Pflegekräfte, die anonym bleiben wollen, aber ihrem Ex-Arbeitgeber nun schwere Vorwürfe machen.
- Auch ein Gutachten des medizinischen Dienstes der Krankenversicherungen (MDK) stellt dem Ex-Arbeitgeber der Pflegekräfte ein schlechtes Zeugnis aus.
- Der Geschäftsführer der Intensiv-WG hat im Gespräch mit der WAZ die Kritik und die schweren Vorwürfe seiner ehemaligen Angestellten zurückgewiesen.
Von einer chronischen Unterbesetzung, schlecht oder gar nicht qualifiziertem Personal und fehlender Zeit für die pflegebedürftigen Patienten sprechen mehrere Altenpfleger, die ihrem Ex-Arbeitgeber aus Bochum schwere Vorwürfe machen.
Die Pflegekräfte hatten nach eigenen Angaben zwischen Januar 2019 und Ende des Jahres in der Wohngemeinschaft für Intensivpatienten gearbeitet - und dort, wie sie erzählen, „unhaltbare Zustände“ erlebt. Die Pflegekräften, die anonym bleiben wollen, berichten: „Wir waren immer drastisch unterbesetzt. Zeit für Patienten hatten wir selten.“ Konfrontationen mit den Chefs seien stets ohne Ergebnis geblieben.
Altenpfleger erheben schwere Vorwürfe gegen Intensiv-Wohngemeinschaft aus Bochum
Massive Überstunden seien die Regel gewesen. „Die Patientenversorgung blieb auf der Strecke.“ Nach Massen-Kündigungen im Sommer 2019 seien außerdem zu wenig für die Intensivpflege qualifizierte Mitarbeiter vor Ort gewesen. „Die Patienten hatten Angst.“ Fünf bis sechs Mal im Monat gebe es Notfälle in der Intensiv-WG. „Einmal haben wir eine Patientin im Zimmer gefunden, die schon blau angelaufen war. Die Sauerstoffsättigung lag bei zwölf Prozent. Sieben Mitarbeiter standen hilflos ums Bett herum, der Fehler war mit Blick aufs Beatmungsgerät aber sofort gefunden“, erzählt eine Pflegerin.
Medizinischer Dienst überprüft für Krankenversicherungen
Der medizinische Dienst der Krankenversicherungen (MDK) überprüft im Auftrag der Krankenkassen regelmäßig Pflegedienste und -einrichtungen.
Wenn mehrere Prüfungen schlecht ausfallen, kann der MDK das der Heimaufsicht in den zuständigen Städten melden. Die Krankenkasse können soll mangelhafte Ergebnisse auch zum Anlass nehmen, um ihre Verträge mit den jeweiligen Unternehmen zu kündigen.
Im letzten Schritt könne die Heimaufsicht ein Unternehmen auch schließen. Das geschehe aber sehr selten, heißt es.
Auch ein Gutachten des medizinischen Dienstes der Krankenversicherungen (MDK) stellt dem Unternehmen ein miserables Zeugnis aus. Bei einer so genannten Anlassprüfung nach Beschwerden von Angehörigen oder Pflegern im Juli 2019 erreichte das Unternehmen in allen Kriterien – wie zum Beispiel pflegerische Leistungen und Organisation – die Note „mangelhaft“.
Auch eine Wiederholung der Prüfung im Dezember brachte im Fall der Intensiv-WG nur wenig Verbesserung: Allein im Bereich Organisation hatte sich nach Angaben des MDK das Unternehmen gesteigert. Gesamtnote weiter: mangelhaft. Eine eigentlich nun notwendige dritte Überprüfung habe wegen der Corona-Pandemie noch nicht stattgefunden.
Geschäftsführer der Intensiv-WG weist die schweren Vorwürfe seiner ehemaligen Angestellten zurück - und sagt Vor-Ort-Termin ab
Der Geschäftsführer der Intensiv-WG weist im Gespräch mit der WAZ die Vorwürfe der ehemaligen Mitarbeiter zurück. Durch das Coronavirus und Kündigungswellen habe es zwar Personal-Engpässe gegeben, das sei aber mittlerweile kein Problem mehr. „Versuchen Sie mal, zwölf examinierte Pflegekräfte auf einmal zu ersetzen.“ Über eine Zeitarbeitsfirma habe man nun den Engpass behoben.
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Seit fünf Jahren gebe es die Intensiv-WG, in der derzeit 13 Patienten lebten. „Wenn wir so schlecht bewertet wären, wären wir doch schon längst geschlossen. Davon waren wir weit entfernt, wir waren in einer Umstellungsphase.“ Einen der WAZ fest zugesagten Besichtigungstermin der Intensiv-WG in Bochum sagte ein Anwalt der Geschäftsführung kurzfristig ab. Weiter zur Sache äußern will man sich nun nicht mehr.
Nach schweren Vorwürfen gegen Ex-Arbeitgeber: Heimaufsicht der Stadt Bochum stellt Verbesserungen bei Prüfungen fest
Anders bei der Heimaufsicht der Stadt Bochum, die erst vor kurzem in der Wohngemeinschaft vor Ort war. „Wegen wiederkehrender Mängel in der pflegerischen Betreuung erfolgten notwendige Anordnungen zur Verbesserung der Pflege, zum Personaleinsatz und zur Belegung“, so heißt es.
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Im Februar habe das Unternehmen ein externes Beratungsunternehmen zur Qualitätsverbesserung engagiert. Im März habe die Heimaufsicht bereits viele Verbesserungen festgestellt. Dabei habe die Aufsicht auch auf personelle Veränderungen geachtet.
Die Altenpfleger haben gemeinsam Anfang des Jahres ihren Job in der Intensiv-WG gekündigt – und wollen nun warnen. Einer von ihnen sagt: „Ich will mich nicht rächen. Mir sind die Patienten ans Herz gewachsen, die können sich ja nicht wehren. Angehörige sollten sich solche Wohngemeinschaften wirklich genau anschauen!“
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