Duisburg. Die städtische Heimaufsicht hat ein Auge auf alle Altenpflegeheime und etliche andere Einrichtungen. Ab 2016 sollen die Prüfberichte veröffentlicht werden. Interview mit Leiterin Saskia Kühle
Die städtische Heimaufsicht hat ein Auge auf alle Altenpflegeheime und etliche andere Einrichtungen. Zwei Frauen und zwei Männer sind dort im Einsatz, die sich lieber als Berater sehen denn als Kontrolleure. Das wird im Interview mit Leiterin Saskia Kühle deutlich.
Sind Sie bei den Betreibern von Pflegeheimen gefürchtet?
Saskia Kühle: Nein. Es ist eher eine kollegiale, vertrauensvolle Zusammenarbeit. Das gilt für alle Einrichtungen in Mülheim. Die Prüfungssituation ist natürlich immer etwas angespannt. Aber unsere Kontrollen laufen anders als die des MDK.
Worin besteht der Unterschied?
Der MDK erfüllt einmal pro Jahr seinen Prüfauftrag, schreibt den Bericht, und das war’s dann. Wir sind als Ansprechpartner vor Ort immer da und beraten die Einrichtungen, wenn möglich.
Legt die Heimaufsicht auch andere Kriterien an als der MDK?
Man kann die Prüfkataloge nicht eins zu eins vergleichen. Der MDK
setzt eher einen pflegerischen Schwerpunkt, bei uns steht der strukturelle Teil im Vordergrund. Wir schauen aber beispielsweise auch genau auf die Wohnqualität.
In stationären Pflegeeinrichtungen nimmt die Heimaufsicht wiederkehrende Prüfungen vor, in der Regel einmal pro Jahr. Erscheinen Sie wirklich immer unangemeldet?
Ja.
Welche Tricks sind Ihnen schon begegnet, mit denen Heime versuchen, Probleme zu vertuschen?
Ich glaube, die Möglichkeit, etwas zu verschleiern, besteht nicht. Wenn wirklich größere Mängel da sind, ist kein Haus in der Lage, sie kurzfristig zu beseitigen.
Verbringen Sie mehr Arbeitszeit im Büro oder in Pflegeeinrichtungen?
Grob geschätzt, sind es 40 Prozent im Außendienst, 60 Prozent im Büro. Je nachdem, was an anlassbezogenen Prüfungen aufgrund von Beschwerden kommt.
Wer meldet sich bei Ihnen?
Das ist unterschiedlich. Nicht selten sind es Angehörige. Wir gehen jeder Beschwerde nach, auch anonymen Meldungen. Leider fürchten immer noch viele, es könnte für die Bewohner Repressalien auslösen, wenn man etwas bemängelt.
Es gibt jetzt auch einen neuen landesweiten Rahmenprüfkatalog – für Sie eine große Umstellung?
Inhalte und Systematik sind etwas anders. Aber wenn man sich einmal daran gewöhnt hat, ist der neue Katalog besser. Genau wie der MDK sind wir nach dem neuen Wohn- und Teilhabegesetz (WTG) jetzt auch gehalten, unsere Berichte zu veröffentlichen.
Das ist bislang in Mülheim noch nicht geschehen. Ab wann kann man damit rechnen?
Anfang 2016 wird es soweit sei. Die Prüfberichte stehen dann auf der Internetseite der Stadt oder auf einer landesweiten Plattform.
Kein Haus ist personell üppig besetzt
Nach Ihrer langjährigen Erfahrung: Wie müsste ein ideales Pflegeheim heutzutage aussehen? Was sollte es bieten?
Das lässt sich so pauschal kaum beantworten. Was den Bewohnern aber offensichtlich besonders wichtig ist: die Qualität des Essens. Viele legen Wert darauf, dass es im Haus eine eigene Küche gibt und nicht ein Caterer die Mahlzeiten anliefert. Außerdem sollte es ein umfangreiches Angebot geben, das an die Bewohnerstruktur angepasst ist.
Damit meinen Sie sicher nicht nur die Pflege und Grundversorgung...
Das bezieht sich auch auf die Betreuungs- und Freizeitangebote. Mit Singen und Klatschen kommen Sie auf Dauer nicht mehr weit. Vor allem alte Menschen ohne geistige Einschränkungen, die brauchen ganz andere Angebote. Und, nicht zu vergessen, die personelle Ausstattung muss stimmen.
Der wachsende Fachkräftemangel, der die Einrichtungen zunehmend zwingt, Zeitarbeitsfirmen einzuschalten, ist auch Thema im jüngsten Tätigkeitsbericht der Heimaufsicht. Wie sieht es denn aktuell mit der personellen Besetzung in den Mülheimer Pflegeheimen aus?
Es ist den gesetzlichen Regelungen geschuldet, dass keine Einrichtung behaupten kann: „Wir sind üppig ausgestattet.“ Manches ist aber schon besser geworden durch das Pflegestärkungsgesetz, zum Beispiel, dass es jetzt mehr Betreuungskräfte gibt, die bei Alltagsaktivitäten helfen. Das merkt man. Es wäre nur schön, wenn auch in der Pflege etwas ankommen würden.
Was müsste geschehen?
Es müsste nicht nur Orientierungswerte geben, wie jetzt, sondern einen verbindlichen Personalschlüssel, der eine wirklich gute Ausstattung garantiert.
Erweitere Aufgaben - vergrößertes Team
Zur Mülheimer Heimaufsicht gehören vier Fachleute mit insgesamt drei Vollzeitstellen: Leiterin Saskia Kühle (Pflegefachkraft, Gesundheits- und Sozialökonomin), Michael Worring (Verwaltungsbeamter), Marion Kubiak (Sozialarbeiterin) und Benjamin Todt (Krankenpfleger).
Todt, zuvor Leiter der Ambulanten Dienste bei den Mülheimer Seniorendiensten, verstärkt das Team seit Oktober. Er deckt neue Aufgabengebiete der Heimaufsicht ab, die seit Oktober 2014 per Gesetz auch für ambulant betreute Wohngemeinschaften und Tagespflegeeinrichtungen zuständig ist.