Bochum. Mit einem Flashmob machen Studierende der Evangelischen Hochschule auf ihr schwieriges Semester aufmerksam. Dabei gerät ein Kleid zum Knaller.

Der Kampf gegen das Coronavirus treibt bisweilen kuriose Blüten – so wie am Donnerstagnachmittag am Schwanenmarkt unweit der Innenstadt. Studenten der Evangelischen Hochschule (EvH) haben sich hier zu einem spontanen „Flashmob“ zusammen geschlossen, um gemeinsam auf das doch arg schwierige Semester aufmerksam zu machen, das hinter ihnen liegt.

Ihre Aufgabe: Sie sollten Kostüme aus aktuellen Themen entwerfen, die ihnen zu Corona-Zeiten besonders am Herzen liegen. Dabei sind den Studierenden fantasievolle Verkleidungen gelungen, die sie bei einer kleinen Modenschau im Nieselregen präsentieren. Manche Passanten zücken spontan ihre Fotohandys, um dies festzuhalten.

Einige Studierende haben farbenfrohe Abstandshalter gebastelt, die ihnen mindestens 1,50 Meter Distanz zum nächsten garantieren. Ein Student trägt seine „Uni to go“ auf einem Wäscheständer spazieren. Studentin Anja Topp hat einen riesigen Karton zu einem Fernsehschirm umgestaltet. Darauf zu lesen ist die nüchterne Botschaft: „Sendepause“.

Studentin trägt ein wallendes Kleid aus Zeitungsseiten

Zum besonderen Hingucker wird das Kleid der EvH-Studentin Margareta Huth, das sie aus unzähligen Zeitungsseiten zusammen geklebt hat. „Auf jeder dieser Seiten geht es um Corona“, sagt sie. Damit das Kleid auch halbwegs stabil ist und nicht sofort an Form verliert, trägt sie einen großen Reifen um die Taille sowie eine Salatschüssel mitsamt Pizzakarton auf dem Kopf, um die sie die Seiten kunstvoll gewickelt hat. Wie lange so etwas bloß dauert, fragen sie manche Besucher erstaunt. „Ewig“, antwortet sie schmunzelnd. „Schwierig ist vor allem, aus dem Kleid wieder herauszukommen, ohne es kaputt zu machen.“

Doch bei aller Lust am Blödsinn hat die Aktion auch einen ernsten Hintergrund. Denn ein denkwürdiges Semester liegt hinter den Studenten der Evangelischen Hochschule, das sie weitgehend im „digitalen Raum“ bewältigen mussten. Die meisten Seminare fanden über Videomeetings statt, tatsächlich gesehen haben sich nur die wenigsten. „Einige Erstsemester sehen sich heute zum ersten Mal“, sagt Helene Skladny, Professorin für ästhetische Bildung an der EvH. „Manche von ihnen waren noch nie in unserem Gebäude, obwohl sie schon seit einem halben Jahr bei uns studieren.“

Vergammeltes Klohäuschen erlebt neue Blüte

Helene Skladny geht nicht davon aus, dass sich an dieser Situation im nächsten Semester groß etwas ändern wird. „Vielleicht können wir uns öfter mal in kleineren Gruppen treffen, aber 80 Prozent des Unterrichts wird weiterhin online stattfinden“, sagt sie.

Das ist deshalb besonders schade, weil die EvH mit dem Schwanenmarkt erst vor einem halben Jahr einen ungemein spannenden Ort mitten in der City zu neuem Leben erweckt hat. Der ehemalige Kiosk mitsamt Klohäuschen an der Kreuzung Castroper Straße / Ostring stand viele Jahre lang leer und gammelte mächtig vor sich hin. Mit viel Energie und Spaß haben die Studierenden der EvH diesen verfallenen Ort für die Kunst und für die Öffentlichkeit flott gemacht – dies unter tatkräftiger Hilfe der beiden Künstler und Dozenten Matthias Schamp und Stephan Strsembski, die das Projekt gemeinsam mit Helene Skladny kuratieren.

Im November wurde der Schwanenmarkt mit hellblauem Anstrich feierlich wiedereröffnet. Ausstellungen und Lesungen waren geplant. „Leider konnten wir vieles davon wegen des Coronavirus nicht umsetzen“, bedauert Matthias Schamp, der aber trotzdem voller Tatendrang steckt, das Haus weiter mit Leben füllen zu wollen.

Neue Ausstellung mit Arbeiten von elf Künstlern

Erst vor einer Woche eröffnete Schamp hier eine neue Ausstellung, an der elf Künstler aus der Region mitwirken. Es lohnt sich durchaus, sich während der Öffnungszeiten von Matthias Schamp durch die Räume führen zu lassen: Hinter jeder Ecke steckt eine andere Installation, die im Laufe der kommenden Woche stetig ausgetauscht und erweitert werden sollen. „Neues wird kommen, anderes wird bleiben“, sagt er.

Die schon länger geplante Ausstellung zur Geschichte des Schwanenmarktes, die direkt vor Ort sowie gleichzeitig im Kunstmuseum stattfinden soll, muss voraussichtlich um ein Jahr auf Mai 2021 verschoben werden. „Vorausgesetzt, wir dürfen die Räume bis dahin noch nutzen“, meint der Künstler. Momentan sieht die Vereinbarung mit der Stadt nur eine Nutzung bis Oktober vor. „Aber wir sind guter Dinge, dass das weiter geht.“

Info: Haus am Schwanenmarkt ist geöffnet donnerstags von 12 bis 19 Uhr

Die transformative Ausstellung am Schwanenmarkt ist geöffnet jeweils donnerstags von 12 bis 19 Uhr. Eintritt frei. Um Termine außerhalb der Öffnungszeiten und Führungen zu vereinbaren, sollte man Matthias Schamp zuvor kontaktieren: 0234 / 14 803 oder E-Mail: m.schamp@gmx.de