Bochum-Mitte. Neue Ausstellung am Schwanenmarkt schafft Verbindung zwischen Kunst und Gebäude. Alle paar Wochen gibt es für Besucher Neues zu sehen.

Viel ist am Schwanenmarkt bereits passiert: Das ehemalige Klohäuschen und der alte Kiosk am Nordring/ Ecke Castroper Straße sind inzwischen entkernt, grundgereinigt und von Schutt befreit. Ein wetterfestes Dach ist geschaffen, auch einen hellblauen Anstrich hat das Häuschen bekommen. Was den Künstlern Matthias Schamp, Helene Skladny und Stephan Strsembski vom „Labor für Kunst und soziale Recherche“ beim Umbau aber stets als Motivation diente: Kunstprojekte während jeder Bauphase.

Nach den bereits stattgefundenen Aktionen „Die Mauer muss weg“ und der „Gender-Geisterbahn“ kam jedoch die Coronakrise – eine geplante historische Ausstellung im Mai und ein für Juli angedachtes Krippenspiel entfielen. „Das hat mürbe gemacht und ich habe gedacht: Es kann nicht mein Ding sein, hier immer nur zum Müll aufsammeln hinzukommen und das Gebäude so lange ungenutzt zu lassen“, sagt Matthias Schamp.

Neue Motivation musste also her – und die war nach der ersten Idee schnell geschaffen: „Normalerweise braucht man ein halbes Jahr Vorplanung, aber ich habe bei Künstlern offene Türen eingerannt“, erzählt Kurator Schamp.

Ausstellung ständig im Fluss

Das Ergebnis ist eine „Transformative Ausstellung“ – eine Ausstellung, die sich gemeinsam mit dem Gebäude ständig wandelt. Eine abgeblätterte Cola-Reklame wurde so durch eine Arbeit des Künstlers Helmut Dick aus seiner Serie „Psychobotanical“ ersetzt, einen vorherigen Türverschlag ziert jetzt Ölkreide auf Tafellack mit dem Spruch „Ich möchte nicht, dass alle Menschen immer etwas tun“ von Laas Abendroth. Schamp erklärt: „Es handelt sich nicht um autonome Arbeiten in einem neutralen Raum – Werke und Gebäude gehen eine Verbindung ein.“

Während der Ausstellung werde das Häuschen weiter umgebaut, gleichzeitig transformierten aber auch die wechselnden Kunstwerke wiederum das Gebäude. „Wir wollen die Wände mit anderer Bedeutung tränken“, kündigt Schamp an. Jedem Künstler seien fünf Wochen Ausstellung seines Werkes garantiert, wer als Besucher im Turnus von sechs Wochen vorbeischaue, könnte so alle Kunstwerke erleben. Geöffnet ist die Ausstellung wöchentlich donnerstags von 12 bis 19 Uhr und nach Vereinbarung, aber auch wer an anderen Tagen am Schwanenmarkt vorbeigeht, bekommt einen Großteil zu sehen.

Wochenweise soll sich die Ausstellung in dem ehemaligen Toilettenhaus am Schwanenmarkt verändern.
Wochenweise soll sich die Ausstellung in dem ehemaligen Toilettenhaus am Schwanenmarkt verändern. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Termine möglich

Bei der Startaufstellung wirken folgende Künstler mit: Laas Abendroth, Christine Biehler, Daniel Göttin, Helmut Dick, Karl-Heinz Mauermann, David Rauer, Michael Sailstorfer, Steffen Schlichter, Stef Stagel, Claudia Thümler und Wolfgang Wendland.

Um Termine außerhalb der Öffnungszeiten zu vereinbaren, kann man Matthias Schamp beispielsweise unter Tel. 0234-14803 oder M.Schamp@gmx.de kontaktieren.

Schubkarre mit Gehirn

„Vieles ist von außen zu sehen und bald gibt es die Möglichkeit durch eine Glasfassade an der alten Kioskseite in das Gebäude hineinzuschauen“, so Schamp. Zuerst auffallen dürfte dann ein riesiges Gehirn aus Kunststoff mit phosphorisierendem Farbüberzug in einer Schubkarre, welches mit einer besonderen Geschichte daherkommt: „Die Skulptur wurde 2011 für die Ausstellung ‚Kunstwerke werfen!‘ von Christine Biehler gestaltet, allerdings gestohlen. 2017 tauchte sie auf einem Brachgrundstück wieder auf“, erläutert Schamp. Nachts werde das Gehirn im 10-Minuten-Takt angestrahlt und leuchte in den Dunkel-Phasen.

Werke sind multimedial

Auch die Zeichnungen von Claudia Thümler, die an Grapheme der Umgebung andocken, seien von außen zu sehen. „Im Umfeld sind mit Klebeband weitere Farbkopien in den Stadtraum installiert. Man kann natürlich einfach die Augen offenhalten, aber hier gibt es einen Lageplan, wo sie sich befinden“, so Schamp. Im Inneren des Gebäudes können Besucher weitere Kunstwerke entdecken, teilweise in multimedialer Form.

So läuft auf einem Fernseher in einem Waschbecken beispielsweise das Video namens „push modernism“, welches Schubkarren auf Baustellen zeigt, Karl-Heinz Mauermann präsentiert auf einem Bildschirm hinter Gittern ein Video von rückwärts zerschlagenen Glasflaschen. Auch eine Soundarbeit am Telefon von Wolfgang Wendland, die eigentlich für die historische Ausstellung angedacht war, gehört zur Ausstellung.

„Kassierer“-Lied

Dabei hat der Frontmann der Punkband „Die Kassierer“ ein altes Kneipenlied eingesungen, welches einst in den umliegenden Kneipen gesungen wurde. „Wer den Hörer des alten Wandtelefons abhebt, kann das Lied anhören“, erklärt Schamp. Noch – denn in ein paar Wochen wird es hier ja schon wieder ganz anders aussehen.