Bochum-Süd. Dicke Luft im Stadtbezirk Bochum-Süd: Lokalpolitiker fühlen sich von der CDU beleidigt. Diese behauptet, es habe zuletzt Bürgernähe gefehlt.
Es ist nur ein Satz, aber der sorgt für ordentlich Furore. „Zu oft sei in der Vergangenheit aus Sicht der CDU eine Bürgernähe der Politik vermisst worden“, heißt es in einer Pressemitteilung der CDU, in der die Kandidaten des Stadtbezirks Bochum-Süd für die Kommunalwahl im September vorgestellt werden. Bei den örtlichen Bezirksvertretern kommt das gar nicht gut an. Erst recht nicht bei denen der CDU.
CDU Bochum-Süd eckt mit Wahlkampf-Spruch an
„Das ist eine Beleidigung für alle, die für den Stadtbezirk Süd etwas getan haben“, wettert Gerd Sauer. Der Sprecher der CDU-Fraktion in der Bezirksvertretung Süd wird nicht noch einmal für das Stadtteil-Gremium kandidieren. Er hört auf – nach 22 Jahren politischen Wirkens. „Mehr als zwei Jahrzehnte habe ich den Kopf hingehalten und muss dann so etwas lesen.“ Auch im Schaukasten „seiner“ CDU in Wiemelhausen hänge ein Plakat mit entsprechendem Wortlaut. „Ein Unverschämtheit ist das, auch den anderen Bezirksvertretern gegenüber, egal von welcher Partei. Wir sind alle sehr rege, haben in den Stadtteilen viel getan“, schimpft Sauer.
Es sei „eine Frechheit, zu schreiben, im Bezirk sei nichts passiert. So ein Satz geht nicht, auch zu Wahlkampfzwecken nicht“, sagt Gerd Sauer. Er selbst engagiert sich seit vielen Jahren in der Arbeitsgemeinschaft „Wir in Wiemelhausen“, im vergangenen Jahr wurde ein Straßenfest auf die Beine gestellt – auch dank Sauers Engagement. „Gerade erst bin ich auf der Straße gefragt worden, wann wir das nächste Fest machen.“
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Er mache seine politische Arbeit „mit viel Herzblut“ und sei daher über so einen Satz „sehr enttäuscht“. Ihn kenne fast jeder in Wiemelhausen. Ohne Bürgernähe sei das doch wohl kaum möglich.
Bezirksvertreter berichtet von interner Aussprache
Auch Parteikollege Gereon Kuriewicz „fand nicht gut, was da geschrieben wurde“. Er wolle aber niemandem Böses unterstellen, sagt der Bezirksvertreter auf WAZ-Anfrage. Viel mehr habe er den Eindruck, dass „einfach ungeschickt formuliert“ wurde.
Wer hat’s geschrieben?
Wer die Pressemitteilung der CDU Bochum-Süd liest, wird wahrscheinlich Michael Bringmann mit dem „explosiven“ Satz in Verbindung bringen. Er ist Kandidat für den Posten des Bezirksbürgermeisters.
Im Wortlaut heißt es: „Die Bürgerinnen und Bürger aus dem Bochumer Süden haben eine große Erwartungshaltung an uns. „Das ist gut so, denn das habe ich auch“, so der Bezirksbürgermeisterkandidat Michael Bringmann. Zu oft sei in der Vergangenheit aus Sicht der CDU eine Bürgernähe der Politik vermisst worden. Wer selbst in Vereinen und dem Stadtteil vernetzt sei, bekommt dies immer wieder in Gesprächen mit den Akteuren in den Stadtteilen mit. Hier möchte Michael Bringmann und die CDU in Zukunft ansetzen.“
Nach Informationen von Gerd Sauer und Helmut Breitkopf soll aber Marcus Stawars, stellvertretender Vorsitzender der CDU-Ratsfraktion, die Pressemitteilung formuliert haben. Beide, Stawars und Bringmann, waren für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
CDU-intern sei das Thema angesprochen „und auch gestritten worden“, sagt Gereon Kuriewicz, der erneut für die Bezirksvertretung Süd kandidiert, und erklärt: „Der Satz war wohl anders gemeint und auf die politischen Gegner gemünzt, nach dem Motto, man wolle es künftig besser machen.“ Für ihn ist die Sache damit aus der Welt.
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Für andere Politiker wie Bezirksbürgermeister Helmut Breitkopf (SPD) hingegen nicht. Er weiß, wie sehr dieser Satz „den Gerd Sauer und auch andere getroffen hat“. Für ihn verständlich, denn „unabhängig vom Parteibuch sind wir alle sehr bürgernah“. In allen Stadtteilen seien die Lokalpolitiker vertreten, man teile sich da auf. In Wiemelhausen sei gerade Gerd Sauer sehr aktiv. „Das Straßenfest 2019 geht auf seine Initiative zurück“, sagt Breitkopf anerkennend. Von daher könne er verstehen, wenn Sauer angesäuert sei.
Auch für Gerd Sauer ist die Angelegenheit noch nicht ausgestanden. Der Stachel sitzt so tief, dass er ernsthaft einen Parteiaustritt in Erwägung zieht. „Ich spiele mit dem Gedanken.“
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