Bochum. Bochumer Kinder und Eltern freuen sich auf die Kita-Wiedereröffnung. Mit diesen Problemen müssen Eltern, Erzieher und Kitaleiter rechnen.

Ab Montag, 8. Juni, können die Bochumer wieder ihre Kinder in die Kita bringen. Unter welchen Vorgaben und in welchem Zeitraum die Kinderbetreuung nach der Corona-Pause angeboten wird, ist vielen Eltern noch nicht klar. Personalmangel, reduzierte Betreuungszeiten und sich ändernde Vorgaben des Landes fordern Bochumer Kita-Leiter und Erzieher heraus.

„Wir ringen um einen Weg und müssen derzeit Mangel verwalten“, sagt Michael Both, Geschäftsführer der Kindergarten-Gemeinschaft evangelischer Kitas in Bochum, „ich kann aktuell nur aufzeigen, wo die Minenfelder sind – und da sind einige!“ Knapp 11.000 Kinder seien in Bochum von der Kita-Wiedereröffnung betroffen. 2800 davon besuchten die 43 evangelischen Kitas.

Kitas betreuen wöchentlich zehn Stunden weniger

Nach den Landesvorgaben sollen die Kitas nun im reduzierten Zeitkorridor Kinderbetreuung anbieten. „Wenn der Minister sagt, wir reduzieren die Betreuungszeiten um zehn Stunden – was heißt das für die Kitas? Es ist ein bisschen frech, zu sagen: Das sollen jetzt die Träger entscheiden und organisieren“, sagt Both. Bei der Kita-Anmeldung entscheiden sich die Eltern, ob ihr Kind 25, 35 oder 45 Stunden pro Woche in der Kita bleiben soll. „Wenn eine Familie bisher 45 Stunden gewählt hatte und jetzt nur noch 35 Stunden angeboten werden, dann ist das nicht ohne, eine große Herausforderung“, so Both.

Zudem bestünde in einigen Einrichtungen Personalmangel. „Wir wissen aktuell nicht hundertprozentig, wie viele Mitarbeiter uns zu Verfügung stehen“, sagt Both. Aufgrund der Infektionsgefahr könnten ältere Erzieherinnen und Erzieher oder solche mit Vorerkrankungen mit einer ärztlicher Bescheinigung nicht mitarbeiten. „Wenn einmal in einer Kita so eine Haltung grassiert und eine Entsolidarisierung stattfindet, dann haben wir bald kein Personal mehr“, sagt Both von der Kindergarten-Gemeinschaft, „deshalb hoffe ich, dass sich bestätigt, was in Dänemark, Norwegen und Island herausgefunden wurde: Dass in Kitas keine Infektionsereignisse stattfinden.“

In den Kitas der Stadt sollen rund 20 Prozent der 280 Kita-Mitarbeiter aufgrund der Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe nicht zur Verfügung stehen. Die städtischen Kitas mit 1226 Betreuungsplätzen seien in den vergangen Tagen damit beschäftigt gewesen, den Betreuungsbedarf aller Familien zu eruieren, das Restpersonal einzuteilen und Vorbereitungen für die Hygienemaßnahmen zu treffen, teilt die Stadt mit.

Bochumer Kita-Leiterin: „25 Kinder in einen Raum stopfen?“

Die Kitakinder sollen in ihren Stammgruppen betreut werden. „Alle Arbeitsbereiche werden derzeit so geschützt und wir sollen die Erzieher mit 25 Kindern in einen Raum stopfen?“, fragt sich Susanne Gosch, die die Kita „Birkhuhnweg“ in Langendreer leitet. „Das ist doch ,back to the roots’ – genauso wie vor der Krise“, zeigt Gosch ihr Unverständnis. In ihre Kita gehen normalerweise 72 Kinder, doch manche Eltern würden aus Sorge vor einer Infektion ihre Söhne und Töchter nun zu Hause behalten. Die neuen Regelungen würden die Bedarfe berufstätiger Eltern nicht berücksichtigen.

„Eigentlich haben wir das Konzept der offenen Arbeit: Kinder dürfen sich im ganzen Gebäude frei bewegen“, erklärt Gosch. Nach der Kita-Wiedereröffnung sollten die drei Kita-Gruppen getrennt voneinander betreut werden. „Wir haben die komfortable Situation, dass alle Gruppen unabhängig voneinander in den Außenbereich können“, sagt die Kita-Leiterin, „so früh es vom Wetter her möglich ist, gehen wir mit den Kindern raus, zum singen und spielen.“

Abstandsregeln und Masken – in Bochumer Kitas umstritten

Abstandsregeln seien mit Kindern ohnehin schwer einzuhalten. „Unsere Arbeit lebt vom Körperkontakt. Ein Kind muss mal auf den Arm genommen und getröstet werden“, erklärt Susanne Gosch. Von Trägerseite wird ihr zugestimmt. „Im frühkindlichen Bereich kann man keinen Mindestabstand halten. Kinder brauchen einen ganz intensiven Kontakt“, erklärt Michael Both von der Kita-Gemeinschaft, „und vermitteln Sie mal einem Zweijährigen, er soll in die Armbeuge schnäuzen.“

Eine Maskenpflicht für die Kita-Mitarbeiter bestehe nicht. Es sei jedem selbst überlassen sich und andere durch eine Maske zu schützen. „Es sollen nur keine angstauslösenden Momente bei den Kindern entstehen“, sagt Both.

„Eine Kita ohne Kinder ist irgendwie befremdlich“, sagt Kita-Leiterin Susanne Gosch. Ihr Team freue sich daher sehr auf die Wiedereröffnung, ebenso die Kinder. Sie rechnet aber in den ersten Tagen mit „einer Menge Konfliktpotenzial“ unter den Kindern. Die wochenlange Betreuung zu Hause hätten ihre Spuren hinterlassen und eine neue Eingewöhnung sei nötig.

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