Bochum-Bergen. Die Baracken-Siedlung an der Bergener Straße in Bergen soll als national bedeutendes Denkmal saniert werden. Die Stadt Bochum hat große Pläne.

Das lange Bohren und Nachfassen zur Sanierung der früheren Zwangsarbeiter-Siedlung an der Bergener Straße auf Initiative der CDU-Fraktion in der Bezirksvertretung Bochum-Nord hat sich gelohnt: Eine umfangreiche Bestandsaufnahme setzt darauf, die Baracken als Wohnungen und Ateliers zu sanieren und neu zu nutzen und auch eine Gedenkstätte einzurichten.

Stadt Bochum hat große Pläne mit der Zwangsarbeiter-Siedlung in Bergen

Die Bezirksvertretung Nord wird sich am Dienstag, 12. Mai, in ihrer Sitzung im Amtshaus an der Heinrichstraße mit der umfassenden Vorlage beschäftigen. Zur Untersuchung der zukünftigen Nutzungsmöglichkeiten der Siedlung hat die Verwaltung bei einem Architekturbüro eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Drei Varianten wurden überprüft, das Büro und die Stadtverwaltung sprechen sich für eine Kombination aus Wohnen, Künstlerateliers und Gedenkstätte/Museum aus.

Die Verwaltung soll daher nun die konkrete Abstimmung und detaillierte Ausarbeitung dieser Möglichkeiten beginnen. In erster Linie geht es dabei um die Bereitstellung von finanziellen Mitteln zur Sanierung der Siedlung und um mögliche Fördergelder. Auch die geschichtliche Aufarbeitung mit der Einrichtung einer Gedenkstätte oder sogar eines Museums in der Siedlung soll geprüft werden.

Wohnungen, Künstlerateliers und vor allem ein Museum oder eine Gedenkstätte soll die Siedlung in Bochum-Bergen nach der Sanierung umfassen.
Wohnungen, Künstlerateliers und vor allem ein Museum oder eine Gedenkstätte soll die Siedlung in Bochum-Bergen nach der Sanierung umfassen. © WAZ | Uli Kolmann

Neues Förderprogramm soll helfen

Für das Baudenkmal aus dem Jahr 1942, das seit 1947 zivil genutzt und bewohnt wird, hat die Verwaltung ein Konzept untersuchen lassen, das die Erhaltung dieses bundesweit seltenen Ensembles gewährleisten soll. Die Bundesregierung will bedeutsame Kulturinvestitionen im Denkmalschutz unterstützen. Das neu aufgelegte Sonderprogramm von 30 Millionen Euro ist für „Maßnahmen an national bedeutsamen oder das kulturelle Erbe mitprägenden unbeweglichen Kulturdenkmälern“ bestimmt.

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Das trifft für die Verwaltung bei der Zwangsarbeiter-Siedlung zu. Eine fachbereichsübergreifend besetzte Arbeitsgruppe der Verwaltung betrachtet die künftige Nutzung nun unter Gesichtspunkten von Stadtplanung und Wohnen, Denkmalschutz, Liegenschaftsmanagement, Bauordnung, Gebäudemanagement, mit dabei ist auch das Bochumer Zentrum für Stadtgeschichte.

Die Anfang der 1940er Jahre errichtete Siedlung wurde als Zwangsarbeiter-Lager, später als Unterkunft für Kriegsgefangene und nachfolgend als Wohnsiedlung für die ersten Gastarbeiter genutzt. Die Nutzung als Wohnsiedlung ist nach Aufteilung in kleine Wohneinheiten bis heute erhalten geblieben. Die Siedlung besteht aus acht eingeschossigen Baracken und einem kleineren Gebäude, das wohl als Wachstube oder Kommandantur genutzt wurde.

Der Bürgertreff der SPD Bergen war vor Jahren in einer der Baracken untergebracht.
Der Bürgertreff der SPD Bergen war vor Jahren in einer der Baracken untergebracht. © Archiv WAZ | Uli Kolmann

„Es handelt sich um ein bemerkens- und schützenswertes Relikt der Zwangsarbeit in Bochum“, unterstreicht die Verwaltung. Parallel zu jedem Gebäude verlaufend werden jeweils ein gedeckter Luftschutzgraben vermutet. Die Gräben sind verfüllt, ihre Zugänge und der Verlauf aber zum Teil noch erkennbar.

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Die Stadt hat die Siedlung 1991 von der Landesentwicklungsgesellschaft LEG übernommen. Sie steht seit 2003 unter Denkmalschutz, der Bebauungsplan weist diesen Bereich als Fläche für die Forstwirtschaft aus. Deshalb müssen die neuen Nutzungen baurechtlich geprüft werden.

Kosten auf 10,1 Millionen geschätzt

Die Sanierungskosten wurden für die Umwidmung zu Wohnen, Künstlerateliers, Gedenkstätte/Museum an einzelnen Baracken auf die ganze Siedlung hochgerechnet, ausgehend von je einem „Block“ und einem Einzelgebäude.

Förderprogramm

Das Denkmalpflegeprogramm „National wertvolle Kulturdenkmäler“ des Bundes soll die Erhaltung von Bau- oder Bodendenkmälern, historischen Parks und Gärten mit einer 50-prozentigen-Förderung unterstützen. Der Haushaltsausschuss des Bundestages hat für das Jahr 2020 für dieses Programm einen zweistelligen Millionenbetrag für das gesamte Bundesgebiet veranschlagt.

Anträge zur Förderung von Projekten hätten in diesem Jahr bis zum 28. Februar über das NRW-Denkmalamt gestellt werden müssen. Eine Förderung könnte also erst wieder für Jahr 2021 beantragt werden. Mit dem Beschluss zum Nutzungskonzept soll das geschehen.

Das Dortmunder Architekturbüro Thomas Klünder schlägt einen Mix aus den drei Varianten vor. Die geschätzten Sanierungskosten liegen demnach für einen „Block“ zwischen 1,19 bis 1,26 Millionen Euro, für das Einzelgebäude bei 280.000 bis 291.000 Euro, insgesamt bei etwa 10,1 Millionen.

Die Schadstoffuntersuchung ergab keine außergewöhnlichen Ergebnisse, die überalterte Kanalisation aber wird wohl recht teuer.

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Das ehemalige Zwangsarbeiter-Lager wird als „seltenes, gut erhaltenes Zeugnis des Unterdrückungs- und Ausbeutungssystems im nationalsozialistischen Deutschland“ eingeschätzt. Die Förderung käme der Substanzerhaltung und Restaurierung der Denkmalpflege entgegen. Die Verwaltung schätzt deshalb die Chancen auf Förderung als gut ein.

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