Bergen. . Die Stadt wartet auf die Kostenschätzung zur Sanierung der Baracken an der Bergener Straße. Eine Zukunft als Künstlerdorf wird noch geprüft.
Rein wirtschaftlich will das Liegenschaftsamt bei der Erhaltung der ehemaligen Zwangsarbeitersiedlung an der Bergener Straße nicht vorgehen. Der Denkmalaspekt soll jedenfalls berücksichtigt werden. Grob fasst die Verwaltung die Möglichkeiten für die Zukunft der ungewöhnlichen Barackenanlage als Atelier und Künstlerdorf, als begehbare Gedenkstätte mit Museumscharakter oder als Wohnsiedlung zusammen.
Zunächst soll ein Sanierungskonzept für die seit 2003 als Denkmal geschützte Siedlung aufgestellt werden, denn nur die einfachsten Instandhaltungsarbeiten sind in den vergangen Jahren vorgenommen worden. 20 Wohnungen in den Baracken sind vermietet, acht stehen leer. Seit 2017 ist keine der Wohnungen neu belegt worden, schriftliche Mietanfragen gab es im Rathaus nicht. Vollständig leer steht außerdem laut der Analyse das kleinste Gebäude an der Bergener Straße 116 i. Es wurde als Wachstube oder Kommandantur genutzt, lautet die Vermutung.
Bei dem Ensemble aus eingeschossigen Barackenbauten in Ziegelbauweise handelt es sich um eines der letzten bekannten Beispiele dieser Art bundesweit, denn üblich waren Holzbaracken.
Schätzung bis Sommer erwartet
Die Kosten für die Sanierung sollen erst einmal geschätzt und auch die Mieteinnahmen diesen Aufwendungen gegenübergestellt werden. Ein Architekten- oder Ingenieurbüro soll die Kosten bis zum Sommer 2019 überschlagen und vorstellen, dies zunächst für einen Gebäudeblock und die ehemalige Kommandantur unter den Vorgaben des Denkmalschutzes, um das für die Gesamtanlage hochzurechnen.
Lager entstand 1941/ für Arbeiter auf Constantin
Die Denkmalliste nimmt die Anlage an der Bergener Straße in ihrer dokumentarischen Funktion auf. Außer dieser Zwangsarbeitersiedlung sind in Westfalen, wahrscheinlich sogar in den alten Bundesländern, nur noch zwei weitere dieser Art bekannt.
Bedeutung gewinnt sie für die Geschichte der Zwangsarbeit und auch für die Migrationsgeschichte als erste Heimstatt für ausländische Arbeitskräfte.
Dabei erwartet die Stadtverwaltung auch eine aktuelle Bestandsaufnahme der Gebäude in der Siedlung und ihres baulichen Zustandes. Bis diese Untersuchung abgeschlossen ist, sollen die Fachabteilungen im Rathaus sich auf die künftige Nutzung der Baracken festlegen, die deshalb noch eingehender als Sanierungsvariante untersucht wird. Wenn das geklärt ist, kann noch im laufenden Jahr mit einer detaillierten Planung und sogar einer Umsetzung der Sanierungsarbeiten begonnen werden.
Das Stadtarchiv soll bei der Abstimmung über die Zielrichtung der angestrebten Sanierung – als Gedenkstätte, Künstlerdorf, Wohnsiedlung – eingeschaltet werden. Erst dann soll auch festgelegt werden, ob die Baracke der ehemaligen Wachstube, das Haus 116 i, vorrangig saniert und dann als eine Begegnungsstätte und erster Ort des Gedenkens eingerichtet werden kann.