Bochum.

Am Montag (11.) dürfen Restaurants, Kneipen, Bars, Imbissbetriebe wieder ihren Betrieb aufnehmen. Tatsächlich öffnen werden die meisten nicht zuletzt auf Empfehlung der Immobilienstandortgesellschaft Bermudadreieck, der IHK und des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes erst am Mittwoch (13.). „Zu vieles ist noch ungeklärt. Die Verordnung des Landes mit den genauen Bestimmungen ist immer noch nicht da“, sagt Christian Bickelbacher, der u.a. das Three Sixty und das Tucholsky im Bermudadreieck betreibt.

Nach acht Wochen Corona-Zwangspause war am Freitag der Tag des große Stühlerückens. Im „Three Sixty“ werden vor dem Hintergrund der Abstandsbestimmungen draußen nur noch 48 statt 120 Plätze zur Verfügung stehen. Innen sieht es ähnlich aus. Denn: Mindestens 1,50 Meter müssen zwischen den Tischen, an denen Gäste künftig ausschließlich platziert werden dürfen, frei bleiben. „Wir werden nur noch 40 Prozent unseres Platzes und daher auch unseres Umsatzes haben“, sagt Christian Bickelbacher. Das ist besser als nichts. Aber: „Die Kosten bleiben gleich.“

Gäste werden zu den Tischen begleitet

Er benötige zwar vorerst weniger Kellner, so der Gastronom und rechnet vor, dass aber auf jeden Kellner eine zusätzliche Kraft für Ein- und Auslasskontrolle, für Hygiene und andere Serviceleistungen komme. Jeder Gast müsse an seinen Tisch begleitet und zumindest Name und Telefonnummer notiert werden. Der Aufwand werde größer als in der Vor-Corona-Zeit sein. Und das bei unweigerlich geringeren Umsätzen.

Es gibt noch viele Fragezeichen. Christian Bickelbacher (l.) und Freimuth Tigges würden sich konkretere Vorgaben vom Land wünschen.
Es gibt noch viele Fragezeichen. Christian Bickelbacher (l.) und Freimuth Tigges würden sich konkretere Vorgaben vom Land wünschen. © FUNKE Foto Services | Olaf Ziegler

Aber nicht nur das schmerzt. „Wir wissen einfach noch zu wenig“, sagt Freimuth Tigges, der die „Pinte“ im Bermudadreieck betreibt und gerne wüsste, was er von der nächsten Woche an genau alles beachten muss. Ihn etwa würde interessieren, ob sich auch in der Pinte mit ihrem übersichtlichen Platzangebot – oder nur davor – Gäste aufhalten dürfen. „Ich weiß es einfach noch nicht.“

Kochschule von Beschränkungen besonders betroffen

Das Ordnungsamt sei kooperativ und bemühe sich nach Kräften, Fragen zu beantworten. Aber so lange die Landesverordnung nicht vorliege, und das war bis Freitagmittag nicht der Fall, könne die Stadt diese nicht mit einer eigenen Verordnung an die Wirte weitergeben. „Erst himmelhochjauchzend, dann zu Tode betrübt“, beschreibt Jürgen Engelhardt die Empfindungen vieler seiner Wirtekollegen, seitdem bekannt wurde, dass die Gaststätten wieder öffnen dürfen.

Ihn und seinen Geschäftspartner Christian Müller der Kochschule „Kochmomente“ an der Alten Hattinger Straße trifft es besonders hart. „Wir wissen gar nicht ob wir überhaupt öffnen können“, so Engelhardt. Nicht nur deshalb, weil ihr Platz sehr beschränkt ist und der Betrieb wirtschaftlich so nicht zu führen sei, sondern weil sie Lebensmittel nicht offen wie bei einem Menü platzieren dürfen. „Genau das gehört aber unbedingt zu einer Kochschule“, sagt der Gastronom frustriert.

Kehraus bleibt an Wirten hängen

Christian Bickelbacher nickt zustimmend. Er selbst ist hin- und hergerissen: froh darüber, dass das Geschäft wieder losgeht; aber auch mit Zweifeln. „Ich hätte es besser gefunden, wenn die Öffnung in kleineren Schritten und bundesweit einheitlich laufen würde.“ Nicht zuletzt die Sorge vor einem neuerlichen Anstieg der Infektionszahlen und einem zweiten Shutdown beschäftigen ihn und seine Kollegen. Und: „Ich hätte die Einführung einer Sperrstunde gut gefunden.“ Aber der Kehraus bleibe wie so vieles an den Wirten hängen.

Zwei Millionen Euro „Anschubhilfe“

Gemeinsam mit Partnern aus Wirtschaft, Handel und Gastronomie bringen die Stadt Bochum, die Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft Bochum und die Bochum Marketing GmbH ein Zehn-Punkte-Programm zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes Bochum auf den Weg. Das Gesamtpaket umfasst mehr als zwei Millionen Euro.

Mit unterschiedlichen Maßnahmen – von einer Online-Plattform, einem Mobilitätspaket bis zu einer Open-Air-Galerie in der Innenstadt – sollen spürbare Impulse für Handel und Gastronomie gesetzt werden. Am Montag sollen dazu Einzelheiten vorgestellt werden.

Immerhin: Das Personal steht bereit. Bei Christian Bickelbacher sind das 300 Beschäftigte, 120 davon fest angestellt. Sie alle freuen sich wieder auf die Arbeit. Die Werkstudenten und Jobber, die kein Kurzarbeitergeld erhalten, ebenso wie die Festangestellten. Denn auch die müssen erhebliche Einbußen hinnehmen. Bickelbacher: Erstattet wird 60 Prozent des vertraglich geregelten Bruttogehalts. Die nicht unerheblichen Zuschläge seien darin nicht enthalten.

120.000 Euro Kurzarbeitergeld allein im April

Die Unternehmer, durchaus froh über die Entlastung durch das Kurzarbeitergeld, müssen derweil die Zahlung des Kurzarbeitergelds vorstrecken und auf einen möglichst schnellen Ausgleich durch den Staat hoffen. Im Falle der Bickelbacher-Betriebe kommt da ganz schön was zusammen: „Im April haben wir 120.000 Euro ausgezahlt“, sagt der Chef. Liquidität ist alles für einen Unternehmer in diesen einnahmeschwachen Tagen.

In einem Punkt sind sich die Gastronomen einig: „Es wird bestimmt zwei Jahre dauern, bis wir wieder auf dem Niveau von 2019 sind.“ Wenn es bei dem einen Shutdown bleibt.

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