Bochum-Bergen. . Die Barackensiedlung an der Bergener Straße steht unter Denkmalschutz und ist zum Teil vermietet. Stadtverwaltung sucht nach Sanierungskonzept.
Ein Schattendasein führt die Kolonie an der Bergener Straße, stellt sich völlig unscheinbar dar. Dabei waren hier hinter der eigentlichen Wohnbebauung kurz vor der Stadtgrenze nicht einfach nur Zivilarbeiter der Zeche Constantin untergebracht, sondern vor allem „zwangsverpflichtete Polen und Galizier“, wie sich nach kurzem Blick in die Archive der Stadtverwaltung zeigt. Denn der gehören die Gebäude.
Eine Mitteilung der Verwaltung kratzt im Bezirk Nord denn auch nur ganz zurückhaltend an der Geschichte, die dahinter steckt. Denn im Bochumer Norden ist eher die Siedlung an der Gewerkenstraße/Ostwaldstraße in den Blickpunkt der Geschichtsforscher gerückt. Dabei ist die Siedlung in Bergen bereits im Mai 2003 in die Denkmalliste der Stadt eingetragen worden.
Kosten und Wirtschaftlichkeit
Die Information an das Gremium endet in der Erklärung des Amtes für Liegenschaften, es sei dabei, ein Sanierungskonzept zu erarbeiten. Dazu sollen die Kosten für eine „Mindestsanierung“ hochgerechnet werden, um auch deren Wirtschaftlichkeit zu ermitteln.
Denn im Moment sind 20 Wohnungen in der ehemaligen Zwangsarbeitersiedlung belegt, acht stehen leer. Seit 2017 sind keine davon neu belegt worden, schriftliche Mietanfragen gab es offenbar nicht. Vollständig leer steht laut der Analyse das kleinste Gebäude an der Bergener Straße 116 i, das als Wachstube oder Kommandantur genutzt wurde, so die Vermutung.
Neuvermietungen sind nicht vorgesehen
Grundsätzlich sehe das Liegenschaftsamt seit längerer Zeit keine Neuvermietung vor, um eine Sanierungsstrategie entwickeln zu können. Die Wohnbaracken sind demnach in Einfach-Bauweise errichtet und entsprechen nicht den heutigen Anforderungen zur Neuvermietung. Entsprechend müssten sie zunächst überholt werden.
Argument für den Denkmalschutz war unter anderem, dass diese Siedlung sehr geeignet sei, die Geschichte der Zwangsarbeit in Bochum zu erforschen und zu dokumentieren. Mehr noch, sie gehört demnach zu den letzten bekannten Beispielen ihrer Art in Deutschland.
Luftschutzgraben verläuft parallel zu den Gebäuden
Bemerkenswert am Lager in Bergen war, so die Bestandsaufnahme der Stadtverwaltung, dass parallel zu jedem Gebäude ein gedeckter Luftschutzgraben verläuft. Auch die Gräben sind erhalten.
Das Lager der Krupp-Zeche „Constantin der Große“, eines von vielen für Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter, entstand 1941/42. Hier waren bis zu 600 männliche Zwangsarbeiter untergebracht. 3 500 waren es insgesamt 1944 auf den Constantin-Schachtanlagen, 40 Prozent der damaligen Belegschaft, führt die Siedlungsgeschichte auf.
Denkmalwert durch Nachnutzung
Auch die Nutzung nach dem Krieg trägt zum Denkmalwert bei. Denn viele der Zwangsarbeiterlager wurden zu Bergarbeiterheimen umgenutzt, in Bergen allein wohnten demnach in den 1950er Jahren 100 Bergbaubeschäftigte.
Die Siedlung dient daher als „seltenes, gut erhaltenes Zeugnis des Unterdrückungs- und Ausbeutungssystems im nationalsozialistischen Deutschland“ und auch die improvisierte Unterbringung dringend gebrauchter Arbeitskräfte für den Wiederaufbau des Bergbaus.