Bochum-Hiltrop. Auf dem Weg zum Bochumer Volkspark Hiltrop trat Teer aus. Ein Relikt der Zeche Constantin X. Der neue Eigentümer kann Analyse nicht bezahlen.
Im vergangenen Sommer war die Sorge allenthalben groß, als auf dem Weg zum Hiltroper Park, an der Straße Im Brennholt, Teer aus einer Böschung sickerte. Die Stadt sperrte das Areal ab und gab ein Gutachten zur Sanierung in Auftrag. Um bei Spaziergängern einen Direktkontakt zu vermeiden, wurde der Bereich mit einer 15 cm dicken Häckselschicht abgedeckt. Mehr ist bislang nicht passiert.
Regenrückhaltebecken wird gebaut
In der letzten Sitzung befasste sich die Bezirksvertretung Nord einmal mehr mit dem Thema. Und der Unmut in der Politik wächst: Tatsächlich pressiert es, denn an der Stelle Im Brennholt ist der Bau eines Regenrückhaltebeckens geplant in Zusammenhang mit dem Überschwemmungsschutz und Kanalbau im Dorf Hiltrop. Und der soll zügig beginnen.
Bis 1959 war die Kokerei der Zeche Constantin X in Betrieb, die Schachtanlage bis 1931. Entlang der Straße Heiksfeld befanden sich die Kokerei, Benzol- und Ammoniakfabrik sowie u.a. Naphtalin- und Benzollager. Für die damaligen Anwohner waren Teeraustritte Alltag, die Gefahren nicht bekannt.
Horst-Dieter Kuligga wuchs zwischen 1946 und 1972 im Schatten der Zeche auf; sein Elternhaus stand Auf dem Hundell. „Es gab eine zwei Meter hohe Mauer rings um den Teerteich, da sind wir als Kinder drüber geklettert. Im Winter konnte man wunderbar Eishockey spielen.“
Hühner fielen ins Teerbecken
Doch auch jenseits des Zechengeländes sickerte Teer durch. Die Bewohner, so Kuligga, versorgten sich dort mit Teer für ihre Dächer. Gefährlich wurde es im Sommer: „Unsere Familie hatte Dutzende von Hühnern. Da kam es vor, dass wir sie abends zählten, und eines fehlte, weil es in den Teer gefallen war.“ Auch ein kleiner Junge, so erinnert sich Horst-Dieter Kuligga, war einmal ins Teerbecken gerutscht, konnte aber rechtzeitig herausgezogen werden.
Nach Stilllegung der Zeche wurde alles verkauft; einen Teil erwarb die frühere Landesentwicklungsgesellschaft (LEG). Schon in den 1980er Jahren gab es Sanierungsuntersuchungen; das komplette Gelände wurde zwischen 1996 und ‘98 begutachtet. Geplant war, das Gebiet auszukoffern und dann zu versiegeln. Die Schadstoffliste inklusive Teere war lang. Zudem sollte das Grundwasser gereinigt werden, wie eine Verwaltungsvorlage des Ausschusses für Umweltschutz aus dem Jahr 1999 beschrieb.
Die Flächen sind heute größtenteils in Privatbesitz und werden von Gewerbebetrieben genutzt. Horst-Dieter Kuligga ist sich sicher: „Der jetzige Eigentümer wusste zum Zeitpunkt des Grundstückskaufs nichts von den Kontaminationen.“
Eigentümer ist kooperationsbereit
Die Stadt hatte den Grundstücksbesitzer aufgefordert, eine abschließende Gefährdungsbeurteilung beizubringen und mitzuteilen, welche Maßnahmen er ergreifen wird. Der Eigentümer zeigte sich kooperationsbereit, gibt aber an, die Mittel für die geforderte Gefährdungsanalyse nicht aufbringen zu können.
Massive Verunreinigungen
Auf dem Gesamtgelände der ehemaligen Schachtanlage Constantin X hatte die Firma Geo-Consult auch auf dem Grundstück Heiksfeld 28 im Auftrag der Stadt Bochum Untersuchungen durchgeführt.
Diese Untersuchungen belegen, dass auf dem Grundstück u.a. sowohl oberflächennah als auch im Untergrund der Böschung lokal massive Verunreinigungen durch organische Schadstoffe, insbesondere leichtflüchtige Aromaten -BTEX- und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe -PAK- (insbesondere Benzo(a)pyren) vorhanden sind. Lokal sind auch deutliche Verunreinigungen mit anorganischen Inhaltsstoffen ermittelt worden.
Die Stadt Bochum hat daraufhin entschieden, einen Gutachter zu beauftragen, der die benötigten Unterlagen erarbeitet, wie sie in der nächsten Sitzung der Bezirksvertretung Nord am 12. Mai mitteilt. Das Gutachten zur abschließenden Gefährdungsabschätzung wird aktuell erarbeitet. Es stellt für die Stadt die notwendige Basis für Empfehlungen für eine sinnvolle Sicherungs-/Sanierungsvariante dar.
Bezirkspolitiker drängen auf rasches Handeln
Philipp Welsch ist SPD-Fraktionschef im Bezirk Nord. Er drängt auf schnelles Handeln: „Es kann doch nicht sein, dass dringend erforderliche Maßnahmen zum Schutz der Umwelt und der Menschen von der finanziellen Leistungsfähigkeit des Eigentümers abhängen.“ Da nicht zwingend davon ausgegangen werden könne, dass dieser das Geld aufbringen könne, müsse die Stadt für die Sanierung sorgen, finanziell in Vorleistung treten und später den Verantwortlichen in Rechnung stellen.
Hubert Wegener argumentiert für die CDU-Fraktion: „Wir wollen endlich, dass Maßnahmen eingeleitet werden. Die Menschen leben seit Jahren mit diesen Gift-Substanzen.“ Und die Fraktion FDP/UWG: Freie Bürger im Bezirk Nord weist auf die Belastungen hin, die schon in der Vergangenheit, seit 45 Jahren, von diesem Grundstück ausgegangen seien. „Der Bezirk mahnt Handlungsbedarf an.“
Momentan tritt an der besagten Stelle kein Teer aus. Bei mäßigen und tiefen Temperaturen sei die Substanz fest, so die Stadtverwaltung: „Erst bei hohen Temperaturen wir die Masse flüssig.“